Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Hause berufen, hätte Martin weiterhin vergewaltigen können. Aber am meisten ekelte sie sich vor sich selbst. Vor ihrem Körper. Sie wollte die Haut von den Stellen abschälen, an denen Martin sie berührt hatte, und sie verbrennen.
Wenn es nur Sex gewesen wäre. Aber sie hatte sich von ihm angezogen gefühlt. Sie hatte mit ihm geflirtet, mit ihm gefrühstückt und sich so gekleidet, dass er sie attraktiv finden würde. Das zu erkennen tat fast physisch weh. Und am schlimmsten von allem: Sie hatte ihm die Tür zu ihrem Leben geöffnet. Hatte ihm von dem Rausschmiss erzählt– sich ihm anvertraut, weil sie gedacht hatte, dass eine besondere Verbindung zwischen ihnen bestand.
Das sollte nie wieder passieren.
Caroline setzte sich im Bett auf und stöhnte vor Schmerzen. Es war Sonntagmorgen, und sie hatte noch einen halben Tag, bis sie Kenia verlassen sollte. Ihr Körper flehte sie an, diesen halben Tag im Bett zu verbringen, aber sie wusste, sie war gezwungen, die letzten Teile in diesem verdammten Puzzle zu finden.
Martins Worte hallten wie ein Echo in ihrem Kopf wider. » Wir waren viele, die durch diese Vereinbarung Freude hatten, bevor du gekommen bist und dich eingemischt hast .«
Welche Vereinbarung war es, über die er gesprochen hatte? Es hatte etwas mit Katari zu tun, da war sie sich sicher. Es gab etwas mit Martin und diesem Dorf. Die Angst und die Warnung in dem Blick, den ihr der Dorfvorsitzende zugeworfen hatte, bestätigte sie in dieser Überzeugung, ebenso die drei Wörter, die der Dorfvorsitzende geformt hatte: Er ist es.
Außerdem war sie sich sicher, dass es einen Zusammenhang mit dem Mord an Mama Lucy gab. Sie konnte sich nicht denken, welchen, aber sie hatte eine Idee, wo sie nach der Antwort suchen konnte. Caroline erhob sich von dem Bett. Der Knöchel tat noch immer weh, also humpelte sie zum Vorhang und schob ihn zur Seite. Dahinter saß die Familie um einen kleinen, viereckigen Esstisch herum, jeder über seinen Teller mit Brei gebeugt.
» Guten Morgen « , sagte sie leise.
Die Familie sah auf.
» Oh, ich hoffe, wir haben Sie nicht geweckt « , sagte Wilma und legte den Löffel beiseite.
» Nein, überhaupt nicht .«
» Gut. Möchten Sie frühstücken? « Wilma gab der ältesten der Töchter ein Zeichen aufzustehen und eine Schüssel für Caroline zu holen.
Caroline schüttelte den Kopf.
» Nein, aber vielen Dank. Ich wollte eigentlich fragen, ob Sie mich wohin fahren würden, Stanley? «
Stanley nickte.
» Selbstverständlich, Madam .«
» Danke .«
» Wo müssen wir hin? «
Caroline schaute die beiden Töchter an und zögerte.
» In… in das Gefängnis von Nairobi « , antwortete sie leise. Es gab kaum Orte, zu denen sie weniger Lust hatte hinzufahren, aber sie musste es tun. Sie war es Sally und den anderen Mädchen schuldig, das ganze Rätsel zu lösen. Sie war es Mama Lucy schuldig. Sie war es sich selbst schuldig.
» Ja « , antwortete Stanley.
» Nein « , brach es aus Wilma heraus. » Sie müssen nicht in ein Gefängnis, Sie müssen sich ausruhen, und dann müssen Sie nach Hause zu Ihrer Familie! Stanley, du darfst unseren Gast nicht zu einem Gefängnis fahren « , befahl sie und starrte ihren Mann mit einem strengen Blick an.
» Wilma « , antwortete Stanley bestimmt, » wenn Madam Caroline mich darum bittet, sie zu einem Gefängnis zu fahren, dann deshalb, weil sie einen guten Grund dafür hat. Und dann tue ich das .«
Die Eheleute starrten einander an. Wilma seufzte. Sie sah aus, als sei sie es nicht gewohnt, von ihrem Mann Widerworte zu hören.
» Okay, aber du bleibst bei ihr und sorgst dafür, dass ihr nichts passiert? «
Stanley nickte, und Caroline lächelte ihn dankbar an.
Dann fiel ihr ein, dass sie keine Sachen zum Anziehen hatte, das Tanktop war mit Blut befleckt und die Bluse durch die Tour über die Müllkippe mit Menschenkacke verschmiert.
» Wegen der Kleidung… « , begann sie.
Die Familie sah sie an.
» Es ist Blut… und alles mögliche andere… auf meiner Bluse, und ich überlege, ob ich dieses T-Shirt hier anbehalten kann? «
Stanley und Wilma tauschten einen Blick aus.
» Tja… « , begann Stanley, wurde aber von seiner Frau unterbrochen.
» Sie werden so nett sein, es uns zurückzuschicken, wenn Sie nach Hause kommen? Das ist ein neues T-Shirt, und wir wären traurig, wenn es wegkommen würde .«
Caroline nickte verlegen, weil sie das nicht selbst vorgeschlagen hatte. Dann fiel es ihr ein.
» Das Hotel! Ich habe alle meine
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