Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Messer und Gabel beiseite. Auf seinem Teller befand sich lediglich noch ein einzelnes Stück Pizza. Caroline hatte von ihrer nur die Hälfte gegessen. Schweigend kratzte er sich am Kinn. Der Zeit nach zu urteilen, die das brauchte, bedachte er seine Worte sehr genau.
» Man möchte wohl glauben, es ist dem Umstand geschuldet, dass das hier sein Prestigeprojekt ist. Es ist das letzte große Projekt, bei dem er die Möglichkeit hat, es zu leiten, und daher will er nicht, dass sich andere einmischen oder für unnötigen Wirbel sorgen. So ist er auch sicher, dass nicht andere ein Stück der Ehre abbekommen können, wenn es gelingt .«
Martin saß da und zupfte an der Serviette. Dann schaute er wieder zu Caroline.
» Aber ich weiß es nicht. John steht dem Projekt hier näher als ich. In der Regel ist er es, der dort hochfährt. Allein, tatsächlich, er will niemanden von uns dabeihaben .«
Sie sahen sich schweigend an. Caroline wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste nur, dass sich irgendetwas falsch anfühlte.
5
John Hansen konnte die blonde Zicke nicht ausstehen. Sie und ihre lächerlichen glatten Haare. Er hatte tatsächlich versucht, nett zu sein und ihr verständlich zu machen, warum es am besten war, dass er den Kontakt zur Bevölkerung wahrnahm, in dem Umfang, in dem es überhaupt Sinn machte, mit diesen Leuten Kontakt zu haben. Aber es war, als ob sie nicht verstehen wollte, sodass er letztendlich gezwungen war, die Stimme zu heben.
Ihre überhebliche Art hatte ihn nur noch wütender gemacht. Er hatte bemerkt, wie sie ihn angesehen hatte– mit dieser ganz besonderen Abscheu, die nur Frauen, die wussten, dass sie gut aussahen, zeigen konnten. So schön war sie aber nicht, dachte er. Viel zu dünn und nervös für seinen Geschmack.
Und jetzt wollte sie nach Asabo fahren. John Hansen fluchte vor sich hin. Warum spielte das Leben nie auf seiner Seite? Er beugte sich über den Schreibtisch und stützte den Kopf in die Hände, während er die Gedanken zu der Zeit im Tschad zurückwandern ließ.
Anfang der 1 990 er Jahre war er in den südlichen Tschad entsandt worden, ein armes Land mitten in Afrika, um einige Probebohrungen zu leiten.
Drei Jahre hatten sie im Vorhof der Hölle verbracht, im staubigen, glühend heißen, dreckigen, trostlosen Tschad, um Karten über seismische Strukturen zu studieren, zu suchen, zu überlegen, zu bohren und wieder zu überlegen, ob die Ölmenge, welche sich wahrscheinlich in den unterirdischen Hohlräumen verbarg, die Investitionen wert sein würde. Es war eine Milliardenausgabe, nach Öl zu suchen, ganz zu schweigen davon, was es kosten würde, wenn das Unternehmen eine Förderung in Gang setzte. Es war eine hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass die Ausgaben wieder reinkommen würden.
Wie es in Afrika typisch war, hatte Dana Oil mit der Regierung des Tschad ein Production Sharing Agreement, ein sogenanntes PSA , unterzeichnet. Ein PSA beinhaltete, dass ein Unternehmen, welches die Rechte bekam, nach Öl zu bohren, sowohl für die Suche nach als auch für die Produktion der unterirdischen Rohstoffe bezahlte. Wenn Öl gefunden wurde, sollte das Unternehmen den Gewinn mit der Regierung des Landes teilen. Die Gelder sollten aber erst fließen, wenn die Ausgaben für die Ölsuche und den Start der Förderung wieder eingenommen worden waren und das Projekt einen Gewinn erzielte. In dieser Hinsicht war PSA eine günstige Art von Vertrag, wenn man das fand, nach dem man suchte. Im Gegenzug war es auch ein Vertragstypus, der bedeutete, dass sich ein Unternehmen einem vielversprechenden Fund absolut sicher sein sollte, bevor es eine Förderung in Gang setzte, weil das Unternehmen allein auf den Produktionskosten sitzenblieb.
So absolut sicher war John Hansen nicht gewesen, und nach drei Jahren hatte er dem Vorstand empfohlen, die Handbremse zu ziehen.
Das Öl, welches sie gefunden hatten, war von geringer Qualität, und alles deutete darauf hin, dass es zu wenig davon war, als dass es wert war, fortzufahren.
Ein Jahr nach Dana Oils Rückzug war das tschadische Öl in ExxonMobils Steigleitungen aufgestiegen. Der amerikanische Ölgigant kassierte jetzt Milliarden aus seinen Investitionen in dem Land. Wenn Kollegen eine spitze Bemerkung über Dana Oils Ausstieg machten, getarnt als freundschaftliche Neckerei, verteidigte sich John Hansen damit, dass der Konkurrent ein Eigenkapital eingesetzt hatte, welches um ein Vielfaches höher war als das von Dana Oil, und dass der
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