Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
in eng sitzender Jeans und einer frisch gebügelten, auf Figur geschnittenen Bluse– im Dorf herumzuführen.
Caroline stieg aus und ging um das Auto herum auf ihn zu.
» Sie müssen nicht mitkommen « , sagte sie.
» Das mache ich sehr gern « , bot der Guide an.
» Wir möchten gern allein gehen .«
» Ja, aber ich kann euch unterwegs einige spannende Dinge erzählen .«
» Nein « , antwortete Caroline, dieses Mal mit fester Stimme, was den Guide davon abhielt, weiter zu drängeln.
Du wirst dein Trinkgeld schon bekommen, auch wenn du uns für eine Stunde aus den Augen lässt, dachte sie irritiert.
Sie und Daniel waren nicht mehr als zehn Meter gegangen, als zwei kleine Kinder, ein Junge in kurzer Hose und ein Mädchen in einem gelben Faltenkleid, hinter ihnen hergelaufen kamen.
» Mzungo, mzungo « , riefen sie Caroline lächelnd und winkend zu.
Sie winkte unsicher zurück.
» Das bedeutet ›weißer Mann‹ « , erklärte Daniel.
Die Kinder liefen zu ihnen und machten vor Caroline halt, die deshalb auch stehen blieb. Das Mädchen streckte kichernd ihre Hand vor.
Typisch.
» Ich– habe– kein– Geld « , sagte Caroline mit lauter Stimme in deutlichem Englisch.
Daniel lächelte.
» Sie will kein Geld haben, sie will dich nur anfassen .«
Er sagte etwas zu dem Mädchen, das nickte und weiterhin den Arm zu Caroline ausstreckte.
» Ja, es ist nur das, was sie will. Es ist spannend für sie, einen weißen Menschen zu sehen .«
Caroline schaute verstohlen zu dem Mädchen. Auf ihrer ausgestreckten Hand befand sich Schmutz. Es war unmöglich zu wissen, welche Bakterien darauf saßen.
Aber das Mädchen blieb stehen und sah sie mit großen, erwartungsvollen Augen an. Nach einigen langen Sekunden streckte Caroline zögernd eine ihrer Hände aus. Das kleine Mädchen ergriff sie und schenkte ihr ein breites Lächeln.
Sie ließ nicht wieder los.
Daniel sagte wieder etwas auf Swahili zu den Kindern, und der Junge, der aussah, als wäre er etwas älter als das Mädchen, nickte und ging los.
» Komm, er bringt uns zum Haus des Ortsvorsitzenden .«
Der Junge führte sie durch das Dorf. Es roch nach altem, trockenem Holz wie damals, als Carolines Vater nach dem Sommer den Kamin oben im Ødegård wieder angeheizt hatte. Sie wurden zu dem Haus mit den Glasfenstern geführt, welches Daniel bewundert hatte, als sie gestern durch die Stadt gefahren waren.
Neben dem Haus wuchs ein kleiner Baum, und unter dem Baum saß ein Mann auf einem weißen Plastikstuhl.
» Jambo « , sagte der Junge vorsichtig.
Der Mann, dessen Kopf von einem großen, weißen Sonnenhut bedeckt war, blickte auf und schaute verstohlen unter der Krempe des Hutes hervor. Er sah die Fremden an. Der Blick war vielleicht nicht direkt feindlich, aber freundlich war er auch nicht. Die Nase war schmal und gebogen wie der Schnabel eines Adlers. Es war das erste Mal, dass Caroline so eine Nase bei einem Afrikaner sah. Er stand auf und trat den Angekommenen entgegen. Er trug ein kurzärmeliges, hellbraunes Hemd an einem Körper, der aussah, als könnte er immer noch schwere Holzstämme heben.
» Was wollen Sie? « , fragte er mit tiefer Stimme, während er den Blick zwischen Daniel und Caroline hin und her gleiten ließ.
» Mit Ihnen sprechen, wenn Sie der Vorsitzende von Katari sind « , antwortete Daniel.
» Über was wollt ihr mit mir sprechen? « Er ließ die Augen auf Caroline ruhen.
» Über Ihr Dorf « , antwortete Caroline, während sie diskret versuchte, ihre Hand aus dem entschlossenen Griff des Mädchens zu befreien. Aber das Mädchen ließ nicht los.
» Was möchtet ihr gern wissen? « , fragte der Mann, den Blick immer noch auf Caroline gerichtet.
» Also, das ist doch alles sehr schön hier in Katari«, begann sie . » Auf jeden Fall nach kenianischen Standards– ich meine, im Verhältnis zu dem, was man erwarten könnte. Also nicht, dass man nicht erwarten könnte, dass es schön ist, denn selbstverständlich kann man das, ihr habt doch auch schöne Orte hier in Kenia, hier ist es vielleicht nur etwas schöner als in den anderen Dörfern .«
Sie verstummte. Sie hätte ebenso gut sagen können, dass es unglaublich war, dass solche Versager etwas Schönes schaffen konnten. So hatte sie ihre Einleitung nicht vorbereitet.
Der Dorfvorsitzende schaute sie abwartend an. Daniel sagte nichts. Sie versuchte es erneut.
» Wir kommen, oder das heißt, ich komme von Dana Oil, das Sie vielleicht kennen .«
Er nickte abwartend.
» Und ja,
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