Die weiße Bestie: Thriller (German Edition)
Teil der Geschichte kennen würde. Caroline vermutete: nein, vermochte es aber nicht, die Versuchsperson in diesem Experiment zu sein, also nickte sie.
» Gut, dann springe ich ein wenig nach vorn .«
Ein weiteres einstudiertes Lächeln.
» Afrikas Ostküste wurde über viele Jahrhunderte hinweg von den Arabern regiert. Zwischendurch versuchten die Portugiesen, die Macht an der Ostküste zu erlangen, aber das schafften sie nie. Denn die Araber waren richtige Krieger, die sowohl das hier « – der Guide tippte sich vielsagend mit dem Zeigefinger an die Schläfe– » als auch die hier gebrauchen konnten. « Der schwarze Bond löste die linke Hand vom Lenkrad und winkelte den Arm an, sodass der definierte Bizeps sichtbar wurde.
Caroline lächelte pflichtschuldig.
» Aber dann im neunzehnten Jahrhundert kamen die Engländer und die Deutschen, und die konnten sowohl denken als auch kämpfen, und sie übernahmen die Macht. Zu dieser Zeit war Ostafrika ein großes Gebiet, aber Ende des neunzehnten Jahrhunderts teilten die Engländer und die Deutschen das Gebiet unter sich auf, sodass das, was wir heute als Kenia und Uganda kennen, an die Briten, und das, was heute Tanzania heißt, an die Deutschen ging .«
Der Guide schielte zu Caroline hinüber.
» Und was glauben Sie also, wie lange die Engländer hier im Land an der Macht waren? «
Sie zuckte mit den Schultern, aber die Energiebombe hinter dem Lenkrad war bereits dabei, auf seine eigene rhetorische Frage zu antworten.
» Fast hundert Jahre, Madam, fast hundert Jahre! «
Sprachlos schüttelte er den Kopf.
» Aber dann kamen der große Staatsmann Kenyatta und die Mau-Mau-Revolution, wovon Sie ganz sicher gehört haben .«
Weder Kenyatta noch Mau Mau sagten Caroline etwas. Sie nickte.
» Das dachte ich mir, das haben die meisten. Unser großer Kenyatta machte Kenia zu einem freien Land, sodass wir seit 196 3 eine selbstständige Nation sind. Zur großen Freude aller. Kenia ist heute eines der erfolgreichsten Länder in Afrika, und für viele Leute ist es spannend, unser Land zu besuchen und unsere schöne Natur zu sehen .«
Caroline schaute ihn an. » Es ist doch nicht nur gut gegangen « , bemerkte sie trocken. Sie hatte genug von der nationalen Selbstverherrlichung.
Der Guide hob verwundert die Augenbrauen.
» Doch .«
» Das können Sie nicht ernst meinen .«
» Selbstverständlich gab es kleinere Probleme, aber so ist es doch in allen Ländern .«
» Kleinere Probleme? «
» Ja, aber die haben wir jetzt im Griff .«
» Bezeichnen Sie den Aufruhr nach der Wahl 2007 als ein kleineres Problem? « Sie schaute ihn herausforderndan.
Daniel räusperte sich beklommen.
Der Guide sank im Sitz zurück und sprach zum ersten Mal in einem normalen Tonfall.
» Nein, der Aufruhr war natürlich kein kleineres Problem. Tausende unserer kenianischen Brüder und Schwestern wurden getötet, und ich will nicht bestreiten, dass Kenia vor einigen… Herausforderungen… steht im Verhältnis zwischen den verschiedenen Stämmen. Aber das ist nichts, über das wir gern sprechen « , antwortete er und fügte kleinlaut hinzu: » Wenn man zu viel darüber redet, kann er wieder ausbrechen .«
Es wurde still im Auto, und Caroline bereute es, dass sie nachgehakt hatte. Sie konnte zwar nicht erkennen, wie das Problem vergrößert wurde, wenn man darüber sprach, aber es war spürbar, dass die beiden Männer im Auto jetzt ein ungutes Gefühl hatten.
Sie fragte sich, ob sie vom gleichen Stamm waren und woran man das erkennen konnte. Vielleicht auf die gleiche Weise, wie man die Hutus und die Tutsi in Ruanda unterscheiden konnte– die Hutus hatten breitere Nasen und die Tutsi schmalere. Das war eines der Dinge, an die sie sich noch immer aus dem entsetzlichen Ruanda-Film erinnerte.
In ihren Augen sahen Daniels und James’ Nasen jedoch ziemlich gleich aus.
Sie versuchte, etwas zu finden, das sie sagen konnte, aber alles, was ihr einfiel, wirkte banal, so gab sie es letztendlich auf und schwieg ebenso wie die Männer.
Bevor sie losgefahren waren, hatte Daniel versucht, ein Treffen mit dem Ortsvorsitzenden von Katari zustande zu bringen, aber es war ihm nicht gelungen, das Dorfoberhaupt zu erreichen.
Als der Wagen einige Stunden später nach Katari hineinfuhr, hatten sie keinen Termin.
Der Guide parkte im Schatten unter einem Baum und sprang aus dem Auto, bereit, seine ungleichen Safaritouristen– der eine gekleidet in löchrigen Jeans und verwaschenem T-Shirt, die andere
Weitere Kostenlose Bücher