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Die Weiße Burg

Die Weiße Burg

Titel: Die Weiße Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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die Aufmerksamkeit auf Kairens Pokal gerichtet. Der weiße Rand kroch gleichmäßig in die Höhe. Wenn Leane dieses Gewebe ausführte, verwandelte sich das schwarze Eisen in weißes Cuendillar , als würde das Eisen schnell in Milch versinken. Bei Egwene selbst geschah die Verwandlung schneller als ein Augenblinzeln, blitzartig wurde aus Schwarz Weiß. Es würden Kairen oder Leane sein müssen, aber selbst Leane war kaum schnell genug. Kairen brauchte Zeit, um besser zu werden. Tage? Wochen? Was auch immer nötig war, denn alles andere hätte eine Katastrophe bedeutet - für die Frauen, die daran beteiligt waren, und die Männer, die bei den Kämpfen in den Straßen von Tar Valon sterben würden, und vielleicht für die Burg selbst. Plötzlich war Egwene froh, dass sie Beonins Vorschlag akzeptiert hatte. Kairen zu verraten, warum sie sich mehr anstrengen musste, hätte vielleicht das Gegenteil bewirkt, aber das war ein weiteres Geheimnis, das gehütet werden musste, bis die Zeit gekommen war, es der Welt zu enthüllen.

KAPITEL 4
 
Eine Unterhaltung mit Siuan
    Als Egwene das Zelt verließ, war Daishar schon lange weggebracht worden, aber die Stola mit den sieben Streifen, die aus ihrer Kapuze hing, erfüllten ihren Zweck besser als das Gesicht einer Aes Sedai, um ihr einen Weg durch die Menge zu bahnen. Sie ging durch ein Meer aus Knicksen, zu denen gelegentlich die Verbeugung eines Behüters oder eines Handwerkers kam, der bei den Zelten der Schwestern eine Arbeit zu erledigen hatte. Einige Novizinnen erschraken, wenn sie die Amyrlin-Stola erblickten, und manche Familien traten hastig vom Gehweg herunter und machten ihre tiefen Knickse im Schlamm der Straße. Seit Egwene gezwungen gewesen war, für einige der Frauen von den Zwei Flüssen Bestrafungen anzuordnen, hatte sich unter den Novizinnen verbreitet, die Amyrlin sei so hart wie Sereille Bagand, und es sei besser, ihren Zorn nicht zu erregen, der wie ein Steppenbrand sein konnte. Nicht, dass auch nur die wenigsten von ihnen sich gut genug in der Geschichte der Burg auskannten, um eine halbwegs vernünftige Vorstellung davon zu haben, wer Sereille wirklich gewesen war, aber seit über hundert Jahren war ihr Name gleichbedeutend mit eisenharter Strenge, und die Aufgenommenen sorgten dafür, dass Novizinnen so etwas verinnerlichten. Es war gut, dass die Kapuze Egwenes Gesicht verbarg. Als die zehnte Novizinnen-Familie wie ein verschrecktes Hasenrudel aus dem Weg sprang, biss sie die Zähne so fest zusammen, dass ihr Gesicht ihren Ruf, Eisen zu kauen und Nägel zu spucken, endgültig zementiert hätte. Sie hatte die schreckliche Ahnung, dass Aufgenommene in ein paar hundert Jahren ihren Namen dazu benutzen würden, den Novizinnen Angst einzujagen, so wie sie es jetzt mit Sereille machten. Natürlich gab es da vorher noch die geringfügige Aufgabe, die Weiße Burg wieder zu vereinen. Kleine Ärgernisse mussten da warten. Vermutlich hätte sie auch ohne Eisen Nägel spucken können.
    In der Nähe des Amyrlin-Studierzimmers, das trotz des Namens nichts weiter als ein Spitzzelt mit geflickten braunen Wänden war, verschwanden die Menschenmengen. Wie der Saal war das ein Ort, den man mied, solange man dort nichts zu erledigen hatte oder einbestellt wurde. Niemand wurde einfach in den Saal der Burg oder ins Studierzimmer der Amyrlin gebeten. Die harmloseste Einladung war ein Befehl, eine Tatsache, die dieses einfache Zelt in einen Zufluchtsort verwandelte. Egwene eilte durch den Eingang und nahm mit einem Gefühl der Erleichterung den Umhang ab. Zwei Kohlenpfannen erfüllten das Zelt mit einer köstlichen Wärme, und sie gaben nur wenig Rauch ab. Von den getrockneten Kräutern, die man auf die glühenden Kohlen gestreut hatte, entströmte ein süßer Duft.
    »So wie sich diese dummen Mädchen benehmen, sollte man glauben, dass ich...«, knurrte sie und verstummte dann abrupt.
    Sie war nicht überrascht, Siuan in schlichter blauer, wenn auch hervorragend geschneiderter Wolle neben dem Schreibtisch vorzufinden, eine breite Ledermappe vor die Brust haltend. Die meisten Schwestern - so wie Delana - schienen zu glauben, dass sie noch immer nicht mehr tat, als Egwene im Protokoll zu unterweisen und Botengänge zu erledigen, und zwar beides widerstrebend, aber sie war immer früh am Morgen da, was bis jetzt niemandem so richtig aufgefallen zu sein schien. Siuan war eine Amyrlin gewesen, die Eisen gekaut hatte, obwohl das keiner glauben würde, der es nicht besser wusste.

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