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Die Weiße Burg

Die Weiße Burg

Titel: Die Weiße Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hatten und was die Ajahs an Egwene weitergaben. Es war ein seltsamer Aussiebprozess, aber wenn man Siuans Informationen noch dazu nahm, ergab es ein recht stimmiges Bild der Welt. Es war ihr gelungen, die Agenten zu behalten, die sie als Amyrlin gehabt hatte, indem sie sich trotz sämtlicher Bemühungen des Saals einfach geweigert hatte, ihre Namen preiszugeben, und letztlich konnte keiner bestreiten, dass diese Augen-und-Ohren der Amyrlin gehörten und sie von Rechts wegen Egwene Bericht erstatten mussten. Oh, das Murren hatte kein Ende gefunden, bis heute nicht, aber keiner konnte die Fakten bestreiten.
    Wie gewöhnlich kam der erste Bericht weder von den Ajahs oder Siuan, sondern von Leane, in schwungvoller, eleganter Handschrift auf dünne Blätter Papier geschrieben. Egwene vermochte den Grund dafür nicht zu benennen, aber keiner konnte bezweifeln, dass das, was Leane schrieb, von jemand anderem als einer Frau geschrieben worden war. Die gelesenen Seiten hielt Egwene sofort an die Flamme der Schreibtischlampe und ließ das Papier bis fast zu ihren Fingern brennen, dann zerrieb sie die Asche. Es wäre sinnlos gewesen, in der Öffentlichkeit so zu tun, als wären Leane und sie fast Fremde, und dann einen ihrer Berichte in die falschen Hände geraten zu lassen.
    Nur wenige Schwestern wussten, dass Leane in Tar Valon eigene Augen-und-Ohren hatte. Möglicherweise war sie die einzige Aes Sedai, die dort Spione hatte. Es war ein menschlicher Fehler, die Geschehnisse am Ende der Straße aufmerksam zu beobachten und gleichzeitig das zu ignorieren, was vor den eigenen Füßen passierte, und das Licht wusste, dass Aes Sedai genauso viele Fehler hatten wie jeder andere Mensch auch. Unglücklicherweise hatte Leane wenig Neues zu berichten.
    Ihre Leute in der Stadt beschwerten sich über schmutzige Straßen, die nach Einbruch der Dunkelheit immer gefährlicher wurden und tagsüber auch nicht viel sicherer waren. Einst hatte man in Tar Valon keine Verbrechen gekannt, aber jetzt kümmerten sich die Burgwächter nicht länger um die Straßen und patrouillierten am Hafen und an den Brückentürmen. Abgesehen vom Eintreiben der Zölle und dem Kauf von Vorräten schien sich die Weiße Burg völlig von der Stadt abgeschottet zu haben. Die großen Burgtore blieben verriegelt, und seit Beginn der Belagerung war keine Schwester mehr außerhalb der Burg gesehen worden, wenn nicht sogar schon früher. Alles Bestätigungen von Leanes früheren Berichten. Allerdings ließ die letzte Seite Egwene dann doch die Brauen heben. Gerüchte auf der Straße besagten, dass Gareth Bryne einen geheimen Weg in die Stadt hinein gefunden hatte und jeden Tag mit seinem ganzen Heer innerhalb der Mauern erscheinen würde.
    »Leane hätte gesagt, wenn jemand auch nur ein Wort geflüstert hätte, das so ähnlich wie Wegetor klingt«, sagte Siuan schnell, als sie Egwenes Ausdruck sah. Sie hatte die Berichte natürlich gelesen und wusste anhand der Seite, die Egwene hielt, worum es gerade ging. Siuan rutschte auf dem wackeligen Hocker herum und wäre beinahe auf den Teppich gefallen, so wenig achtete sie auf ihre Umgebung. Aber das bremste sie nicht. »Und Ihr könnt sicher sein, dass Gareth keine Andeutung gemacht hat«, fuhr sie fort, während sie sich wieder aufsetzte. »Nicht, dass seine Soldaten zu diesem Zeitpunkt so dumm wären, in die Stadt überzulaufen, aber er weiß, wann er den Mund halten muss. Er hat nun einmal den Ruf, dann anzugreifen, wenn das eigentlich unmöglich ist. Er hat das Unmögliche oft genug vollbracht, dass es die Leute von ihm erwarten. Das ist alles.«
    Egwene verbarg ein Lächeln, hielt das Papier, auf dem Lord Gareth erwähnt wurde, an die Flamme und sah zu, wie es sich zusammenrollte und schwarz wurde. Noch vor wenigen Monaten hätte Siuan eine giftige Bemerkung für den Mann übrig gehabt statt ein Lob. Er wäre der »verfluchte Gareth Bryne« gewesen, nicht Gareth. Sie konnte es unmöglich vermissen, seine Wäsche zu richten und ihm die Stiefel zu polieren, aber bei den seltenen Gelegenheiten, an denen er ins Lager kam, hatte Egwene gesehen, wie sie ihn anschaute. Ihn anstarrte und dann weglief, wenn er auch nur in ihre Richtung sah. Siuan! Die weglief! Siuan war mehr als zwanzig Jahre lang Aes Sedai gewesen und Amyrlin für zehn, aber sie konnte genauso wenig mit dem Gefühl des Verliebtseins umgehen, wie eine Ente ein Schaf scheren konnte.
    Egwene zerrieb die Asche und staubte sich die Hände ab, dabei verblasste ihr

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