Die Weisse Massai
stehen sie auf, und Lketinga versucht, mir mit Händen und Füßen etwas zu erklären. Ich verstehe allerdings nur, daß alle essen gehen wollen, ich jedoch nicht mitgehen kann. Ich will aber unbedingt mitgehen. »No, big problem! You wait here«, höre ich. Dann sehe ich, wie sie hinter einer Wand verschwinden und kurz darauf auch Berge von Fleisch. Nach einiger Zeit kommt mein Massai zurück. Er scheint den Bauch voll zu haben. Ich begreife immer noch nicht, warum ich hierbleiben mußte, und er meint nur: »You wife, no lucky meat.« Ich werde am Abend Priscilla danach fragen.
Wir verlassen das Teehaus und fahren mit dem Matatu zum Strand zurück. Beim Africa-Sea-Lodge steigen wir aus und beschließen, Jelly und Eric zu besuchen. Am Eingang werden wir angehalten, doch als ich dem Wärter klarmache, daß wir nur meinen Bruder und seine Freundin besuchen, läßt er uns kommentarlos ein. An der Rezeption werde ich vom Manager lachend begrüßt: »So, you will now come back in the hotel?« Ich verneine und erwähne, daß es mir sehr gut gefällt im Busch. Er zuckt nur mit den Schultern und meint: »Mal sehen, wie lange noch!«
Wir finden die beiden am Pool. Aufgeregt kommt Eric zu mir: »Wird aber auch Zeit, daß du dich wieder einmal zeigst!« Ob ich gut geschlafen habe. Über diese Besorgnis muß ich lachen und erwidere: »Sicher habe ich schon komfortabler genächtigt, aber ich bin glücklich!« Lketinga steht da, lacht und fragt: »Eric, what’s the problem?« Einige badende Weiße starren uns an. Ein paar Frauen laufen auffällig langsam an meinem geschmückten und mit neuer Bemalung gefärbten, schönen Massai vorbei und bestaunen ihn unverhohlen. Er seinerseits verschenkt keinen Blick, da es ihn eher geniert, soviel Haut ansehen zu müssen.
Wir bleiben nicht lange, da ich einiges einkaufen möchte, Petroleum, WC-Papier und vor allem eine Taschenlampe. Letzte Nacht blieb es mir erspart, mitten in der Nacht das Busch-WC aufsuchen zu müssen, aber das wird nicht so bleiben. Das WC befindet sich außerhalb des Dorfes. Man erreicht es über eine halsbrecherische Hühnerleiter etwa zwei Meter über dem Boden. Dort befindet sich aus geflochtenen Palmenblättern eine Art Häuschen mit zwei Fußbodenbrettern und einem größeren Loch in der Mitte.
Wir finden alles in einem kleinen Laden, wo anscheinend auch die Hotelangestellten ihre Ware beziehen. Jetzt erst merke ich, wie preiswert hier alles ist. Für meine Verhältnisse kostet, außer den Taschenlampen-Batterien, der Einkauf fast nichts.
Ein paar Meter weiter befindet sich eine weitere Bruchbude, wo mit roter Farbe »Meat« angeschrieben ist. Lketinga zieht es dorthin. An der Decke hängt ein riesiger Fleischerhaken und daran eine gehäutete Ziege. Lketinga schaut mich fragend an und meint: »Very fresh! You take one kilo for you and Priscilla.« Mich schüttelt es beim Gedanken, dieses Fleisch essen zu müssen. Trotzdem willige ich ein. Der Verkäufer nimmt eine Axt und schlägt dem Tier ein Hinterbein ab, um mit zwei, drei weiteren Schlägen unsere Portion abzutrennen. Der Rest wird wieder an den Haken gehängt. Alles wird in Zeitungspapier gewickelt, und wir ziehen in Richtung Dorf.
Priscilla freut sich riesig über das Fleischgeschenk. Sie kocht uns Chai und holt bei der Nachbarin einen zweiten Kocher. Dann wird das Fleisch zerkleinert, gewaschen und in Salzwasser zwei Stunden gekocht. Inzwischen haben wir unseren Tee getrunken, den ich langsam als angenehm empfinde. Priscilla und Lketinga reden pausenlos. Nach einiger Zeit steht Lketinga auf und sagt, er gehe weg, sei aber bald wieder da. Ich versuche herauszukriegen, was er vorhat, doch er meint nur: »No problem, Corinne, I come back«, lacht mich an und verschwindet. Ich frage Priscilla, wo er hingeht. Sie meint, so genau wisse sie es nicht, denn einen Massai könne man das nicht fragen, das sei seine Sache, aber sie vermute, nach Ukunda. »Um Gottes willen, was will er denn in Ukunda, von dort kommen wir ja gerade!« sage ich etwas empört. »Vielleicht will er noch etwas essen«, erwidert Priscilla. Ich starre auf das siedende Fleisch in dem großen Blechtopf: »Für wen ist dann dies hier?« »Das ist für uns Frauen«, belehrt sie mich, »Lketinga kann von diesem Fleisch nichts essen. Kein Massai-Krieger ißt jemals etwas, was eine Frau angefaßt oder angeschaut hat. Sie dürfen nicht in Gegenwart von Frauen essen, nur Tee trinken ist erlaubt.«
Mir kommt die merkwürdige Szene in Ukunda in den
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