Die Weisse Massai
Konservendose Wasser über meinen Kopf. Dann shampooniert er mir unter großem Gelächter sogar die Haare. Bei soviel Schaum wundert er sich, daß danach noch alle Haare auf dem Kopf sind.
Danach wollen wir meinen Bruder und Jelly im Hotel besuchen. Als wir ankommen, sitzen beide genüßlich bei einem üppigen Frühstück. Beim Anblick dieser herrlichen Speisen wird mir bewußt, wie kärglich mein derzeitiges Frühstück ist. Diesmal erzähle ich, und Lketinga sitzt lauschend daneben. Nur als ich meinen nächtlichen Besuch schildere und die zwei sich entgeistert anschauen, fragt er: »What’s the problem?« »No problem«, entgegne ich lachend, »everything is okay!«
Wir laden die beiden zum Mittagessen bei Priscilla ein. Ich möchte Spaghetti kochen. Sie stimmen zu, und Eric meint, sie würden den Weg schon finden. Uns bleiben zwei Stunden, um Spaghetti und Sauce sowie Zwiebeln und Gewürze aufzutreiben. Lketinga weiß gar nicht, von welchem Essen wir sprechen, meint aber lachend: »Yes, yes, it’s okay.«
Wir besteigen ein Matatu und fahren zum nahegelegenen Supermarket, wo wir tatsächlich das Gewünschte finden. Als wir endlich im Dorf ankommen, bleibt mir nur wenig Zeit, um das »Festessen« zu kochen. Am Boden kauernd bereite ich alles vor. Priscilla und Lketinga schauen beim Spaghettikochen belustigt zu und meinen: »This is no food!« Mein Massai-Freund starrt in das kochende Wasser und verfolgt gespannt, wie sich die starren Spaghettistäbchen langsam biegen. Für ihn ist es ein Rätsel, und er bezweifelt, daß das ein Essen wird. Während die Teigwaren garen, öffne ich mit einem Messer die Dose mit der Tomatensauce. Als ich den Inhalt in eine verbeulte Pfanne leere, fragt Lketinga entsetzt: »Is this blood?« Jetzt bin ich diejenige, die lauthals lachen muß. »Blood? Oh no, Tomatensauce!« antworte ich kichernd.
Inzwischen kommen Jelly und Eric schwitzend bei uns an. »Was, du kochst auf dem Boden?« fragt Jelly überrascht. »Ja, meinst du, wir haben hier eine Küche?« antworte ich. Als wir die Spaghettis einzeln mit Gabeln herausfischen, geraten Priscilla und Lketinga völlig aus dem Häuschen. Priscilla holt ihre Nachbarin. Auch diese schaut auf die weißen Spaghettis, dann in den Topf mit der roten Sauce, fragt, auf die Teigwaren zeigend, »Worms?« und verzieht das Gesicht zur Grimasse. Jetzt müssen wir lachen. Die drei glauben, wir äßen Würmer mit Blut, und rühren das Gericht nicht an. Irgendwie kann ich sie fast verstehen, denn je länger ich in die Schüssel schaue, desto mehr vergeht auch mir bei der Vorstellung von Blut und Würmern der Appetit.
Beim Abwaschen stoße ich auf das nächste Problem. Es gibt weder Abwaschmittel noch eine Bürste. Priscilla löst diese Aufgabe, indem sie einfach »Omo« benutzt und mit den Fingernägeln kratzt. Mein Bruder stellt nüchtern fest: »Schwesterherz, für immer sehe ich dich hier noch nicht. Auf jeden Fall benötigst du für deine schönen langen Nägel sicher keine Feile mehr.« Irgendwie hat er recht.
Den beiden bleiben noch zwei Tage Ferien, dann werde ich mit Lketinga allein sein. An ihrem letzten Abend findet im Hotel wieder ein Massai-Tanz statt. Jelly und Eric haben das im Gegensatz zu mir noch nie erlebt. Lketinga macht auch mit, und wir drei warten gespannt auf den Beginn. Die Massai versammeln sich vor dem Hotel und deponieren dort Speere, Schmuck, Perlengürtel und Stoffe für den späteren Verkauf.
Es sind etwa fünfundzwanzig Krieger, die sich singend einfinden. Ich fühle mich verbunden mit diesen Menschen und bin so stolz auf dieses Volk, als wären alle meine Brüder. Es ist unglaublich, wie elegant sie sich bewegen und welche Aura sie verströmen. Mir schießen Tränen in die Augen bei diesem mir unbekannten Gefühl von Heimat. Mir scheint, ich habe meine Familie, mein Volk gefunden. Beunruhigt über so viele wild bemalte und geschmückte Massai, raunt Jelly mir zu: »Corinne, bist du sicher, daß dies deine Zukunft ist?« »Ja«, ist alles, was es für mich zu sagen gibt.
Gegen Mitternacht ist die Vorstellung beendet, und die Massai ziehen ab. Lketinga kommt und zeigt stolz das beim Schmuckverkauf verdiente Geld. Uns scheint es wenig zu sein, für ihn bedeutet es das Überleben für die nächsten Tage. Wir verabschieden uns herzlich, da wir Eric und Jelly nicht mehr sehen werden, denn am frühen Morgen verlassen sie das Hotel. Mein Bruder muß Lketinga versprechen wiederzukommen: »You are my friends now!« Jelly drückt
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