Die Weisse Massai
der Schule zu kontrollieren. Ob es mit den Ersatzteilen geklappt habe, wisse er nicht.
Tatsächlich landet mittags das Flugzeug. Pater Giuliani fährt mit seinem Land-Cruiser zur provisorischen Piste, lädt die beiden Inder ein und fährt zum River. Ich schaue dem Wagen nach und sehe, daß Giuliani gleich weiterfährt, wahrscheinlich nach Wamba. Da ich nicht weiß, was los ist, entschließe ich mich, zur Schule hinüberzulaufen. Napirai bringe ich zur Mama.
Die beiden Inder mit Turban sehen mich überrascht an. Höflich werde ich mit Händedruck begrüßt, und mir wird eine Cola angeboten. Dann wollen sie wissen, ob ich zur Mission gehöre. Ich verneine und erkläre, daß ich hier lebe, denn ich sei die Frau eines Samburus. Jetzt schauen sie noch neugieriger, wie mir scheint, und wollen wissen, wie eine Weiße im Busch leben kann. Sie haben gehört, daß ihre Arbeiter große Verpflegungschwierigkeiten haben. Ich erzähle von meinem Wagen, der leider defekt ist. Mitfühlend fragen sie, ob denn diese Kupplung für mich gewesen sei und nicht für die Mission. Ich bestätige ihre Vermutung und frage besorgt, ob es nicht geklappt habe. Nein, ist die niederschmetternde Antwort, da es verschiedene Modelle gibt und nur anhand der ausgebauten Teile ersichtlich ist, welche benötigt werden. Meine Enttäuschung ist groß, was den beiden nicht entgeht. Der eine will wissen, wo mein Wagen steht. Dann beauftragt er den mitgebrachten Mechaniker, sich den Wagen anzuschauen und die Teile auszubauen. In einer Stunde fliegen sie zurück.
Der Mechaniker arbeitet schnell, und nach nur zwanzig Minuten weiß ich, daß die Kupplungsscheiben sowie die Gangschaltung völlig unbrauchbar sind. Er packt die schweren Teile zusammen, und wir fahren zurück. Der eine Inder schaut sich die ausgebauten Teile an und meint, in Nairobi sollte es möglich sein, Ersatz zu finden, doch es werde teuer. Die beiden beraten kurz und fragen unvermittelt, ob ich mitfliegen will. Ich bin völlig überrumpelt und stammle, mein Mann sei nicht hier und außerdem hätte ich ein sechs Monate altes Kind zu Hause. Kein Problem, meinen sie, das Kind könne ich mitnehmen, sie hätten Platz für uns beide.
Im ersten Moment bin ich hin- und hergerissen und erwähne, daß ich mich in Nairobi absolut nicht auskenne. »No problem«, sagt nun der andere Inder. Der Mechaniker kennt alle Ersatzteilhändler und werde mich morgen früh vom Hotel abholen und mit mir versuchen, gebrauchte Ersatzteile zu finden. Für mich als Weiße sei alles sowieso viel zu teuer.
Die überwältigende Hilfsbereitschaft dieser fremden Männer macht mich sprachlos. Noch bevor ich weiter nachdenken kann, eröffnen sie mir, ich solle in einer viertel Stunde beim Flugzeug sein. »Yes, thank you very much«, stammle ich aufgeregt. Der Mechaniker fährt mich nach Hause. Schnell eile ich zur Mama und erkläre ihr, daß ich nach Nairobi fliege. Ich nehme Napirai und lasse die völlig verstörte Mama zurück. Im Haus packe ich die nötigsten Sachen für mein Baby und mich zusammen. Der Frau des Veterinärs erkläre ich meine Absicht und daß ich so schnell wie möglich mit den Ersatzteilen zurückkommen werde. Sie soll meinen Mann grüßen und erklären, warum ich nicht warten kann, um seine Erlaubnis einzuholen.
Dann eile ich zum Flugzeug. Napirai hängt im Kanga, und in einer Hand habe ich meine Reisetasche. Um das Flugzeug haben sich bereits viele neugierige Menschen versammelt, die bei meinem Anblick einen Moment verstummen. Die Mzungu fliegt weg, das ist eine Sensation, weil mein Mann nicht anwesend ist. Ich bin mir bewußt, daß es Probleme geben kann. Andererseits denke ich, er wird froh sein, wenn sein heißgeliebtes Auto wieder fährt und er nicht nach Nairobi muß.
Die Inder kommen in einem Arbeiterwagen, gerade als Mama mit wogenden Schritten und finsterem Gesicht erscheint. Sie gibt mir zu verstehen, ich solle Napirai hier lassen, doch das kommt für mich nicht in Frage. Ich beruhige sie und verspreche wiederzukommen. Dann gibt sie mir und dem Kind doch noch den »Enkai« mit auf den Weg. Wir steigen ein, und der Motor heult auf. Erschrocken springen die umstehenden Menschen auf die Seite. Ich winke allen zu, und schon rumpeln wir über die Piste.
Die Inder wollen vieles wissen. Wie ich zu meinem Mann kam, wieso wir hier in dieser Einöde leben. Ihr Staunen ruft bei mir ab und zu Heiterkeit hervor, und ich fühle mich froh und frei wie schon lange nicht mehr. Nach etwa eineinhalb Stunden
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