Die Weisse Massai
können wir mit dem Laden erneut starten. Wir brechen zu viert auf. Voller Freude hält James Napirai. Er wird einfach niemals müde, mit ihr zu spielen.
In Maralal schaue ich zuerst bei der Bank nach, ob meine letzten 4.000 Franken auf dem Konto eingetroffen sind. Der Banker bedauert, das Geld sei noch nicht da, doch am nächsten Tag trifft es ein, und wir beginnen mit dem Einkauf: Natürlich zuerst wieder eine Tonne Mais und Zucker, dann Gemüse und Früchte, soviel ich auftreiben kann. Den Rest investiere ich in Kleider, Schuhe, Tabak, Plastikbecken, Wasserkanister, einfach alles, was sich mit gutem Profit verkaufen läßt. Ja, sogar zwanzig Laib Brot nehme ich mit. Den letzten Schilling gebe ich aus, um ihn eventuell zu verdoppeln.
Die Eröffnung wird zum Ereignis. Von nah und fern kommen die Leute. Die Kangas und Kleider sowie die Wasserkanister sind nach zwei Tagen ausverkauft. Gemüse, Reis und Kartoffeln kaufen die Arbeiter von der Schule zehn- oder zwanzigkiloweise. Es geht fast wie in einem kleinen Busch-Supermarkt zu. In diesen ersten Tagen sind wir glücklich, stolz und zufrieden, wenn auch immer sehr müde. James ist so eifrig, daß er mich bittet, in den Shop einziehen zu dürfen, damit er morgens früher anfangen kann.
Bier bieten wir nicht öffentlich an, sondern nur versteckt, ich will keinen Ärger haben. Die paar Kästen sind meistens nach zwei Tagen ausverkauft. Da ich nicht möchte, daß wir länger als ein oder zwei Tage ohne Waren sind, fühle ich mich für den Nachschub verantwortlich. Mit den Einnahmen besorge ich gleich die nächsten Kleider, da die Leute von der Schule viele Hemden und Hosen benötigen. Alle drei Wochen fahre ich speziell für diesen Zweck bis nach Nanyuki, wo ein großer Kleidermarkt stattfindet. Die Frauen- und Kinderkleider lassen sich wie warme Semmeln verkaufen. Ich nehme diesbezüglich auch Bestellungen entgegen. Es ist verwunderlich, wie die Leute plötzlich zu Geld gekommen sind. Zum Teil sicher durch die Schule, wo viele einen Job gefunden haben.
Das Geschäft blüht, und für viele Arbeiter ist der Laden zum Treffpunkt geworden. Am Anfang läuft es gut, bis Lketinga wieder seine Eifersuchtsanfälle bekommt. Morgens bin ich nie im Laden, weil ich zuerst den Haushalt erledigen muß. Erst nachmittags spaziere ich mit Napirai zum Shop. Mit den Boys ist es meistens lustig. Auch Napirai genießt es, im Mittelpunkt zu stehen, denn es sind immer Kinder hier, die sie umhertragen oder mit ihr spielen. Nur mein Mann sieht es nicht gerne, wenn ich fröhlich bin, da er meint, mit ihm lache ich nie. Das liegt an seinem Mißtrauen, das er jedem entgegenbringt, der sich nur fünf Minuten mit mir unterhält. Zuerst richtet er es gegen die Arbeiter, die sich täglich bei uns treffen. Es kommt vor, daß er den einen oder anderen nicht mehr in den Shop läßt oder vor mir behauptet, dieser komme nur wegen mir, seiner Frau. Das bringt mich in Verlegenheit, und ich verlasse jedesmal den Shop. Auch James ist machtlos gegenüber seinem älteren Bruder und den unbegründeten Szenen.
Wir streiten immer öfter, und ich ertappe mich bei dem Gedanken, daß ich so nicht bis an mein Lebensende weitermachen will. Wir arbeiten, und er steht da und motzt die Leute oder mich an, wenn er nicht gerade zu Hause mit einigen Kriegern eine Ziege schlachtet und ich später den Boden voll Blut und Knochen vorfinde.
Ein- bis zweimal wöchentlich fahre ich nach Baragoi, das wesentlich näher liegt als Maralal, um die fehlenden Lebensmittel zu ersetzen. Wieder einmal fehlt Zucker, da ein großes Hochzeitsfest eines Kriegers bevorsteht. Er allein will dreihundert Kilo kaufen und möchte ihn gegen Aufpreis in einen entlegenen Kral gebracht haben. Es ist kurz nach Mittag, und ich hetze los. Ein Weg dauert nur etwa eineinhalb Stunden. Ohne Probleme erreiche ich Baragoi. Ich kaufe nur sechshundert Kilo Zucker, da ich immerhin zwei Flüsse überqueren muß und meinen Wagen nicht unnötig strapazieren will.
Das Auto ist beladen, und ich will starten. Doch der Motor springt nicht an, und nach einigen Versuchen funktioniert gar nichts mehr. Innerhalb kurzer Zeit bin ich von Turkana-Leuten umgeben, die alle neugierig in den Wagen schauen. Der Besitzer des Shops kommt heraus und fragt nach meinem Problem. Einige versuchen, den Wagen anzuschieben, doch auch dieser Versuch scheitert. Der Ladenbesitzer schlägt vor, ich solle etwa dreihundert Meter weiter unten nach einem Zelt Ausschau halten, denn da seien andere
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