Die Weisse Massai
Privatleuten fürchte ich mich einfach zu sehr. Nach gut zweieinhalb Stunden erkenne ich wieder die großen Lichter eines Busses. Mit zwei brennenden Feuerzeugen stelle ich mich auf die Straße und hoffe, daß der Fahrer mich sieht. Er hält, es ist mein erster Bus! Lachend öffnet mir der Fahrer die Tür, und ich steige beschämt ein. In Nairobi habe ich gerade noch Zeit, einen Chai und etwas Kuchen zu verschlingen. Dann sitze ich im nächsten Bus nach Nyahururu. Mich schmerzen Rücken, Nacken und Beine. Daß ich aber trotz des vielen Geldes an mir noch lebe und den Zeitplan einhalten kann, tröstet mich.
Mit klopfendem Herzen betrete ich in Maralal das Geschäft des Kikuyus. Eine Frau steht hinter dem Tresen und versteht kein Englisch. Ihrem Suaheli entnehme ich gerade soviel, daß ihr Mann nicht hier sei, ich solle morgen wiederkommen. Wie enttäuschend, daß Streß und Ungewißheit noch nicht vorbei sind!
Gegen Mittag sichte ich am nächsten Tag endlich das fette Gesicht. Auch der Landrover steht noch voll bepackt vor dem Geschäft. Er begrüßt mich kurz und räumt geschäftig das Auto leer. Ich stehe daneben wie bestellt und nicht abgeholt. Als er den letzten Sack aus dem Wagen räumt, will ich zum Geschäftlichen kommen. Verlegen reibt er sich die Hände und erklärt dann endlich, er müsse umgerechnet 1.000 Franken mehr verlangen, weil er das Auto jemand anderem verkaufen könne.
Nur mühsam beherrscht sage ich ihm, daß ich das vereinbarte Geld bei mir habe und nicht mehr. Er zuckt die Schultern und meint, er könne schon warten, bis ich den Rest aufgetrieben habe. Unmöglich, denke ich, das dauert Tage, bis überhaupt Geld aus der Schweiz hier ist, und nach Mombasa fahre ich nicht mehr. Als er mich einfach stehen läßt und andere Leute bedient, stürze ich aus dem Geschäft in Richtung Lodging. Dieser elende Dreckskerl! Ich könnte ihn erschlagen.
Vor meinem Lodging steht der Landrover des Managers der Touristen-Lodge. Ich muß die Bar durchqueren, um in den Hinterhof zu gelangen, wo die Schlafräume sind. Der Manager erkennt mich sofort und lädt mich auf ein Bier ein. Er stellt mich seinem Begleiter vor, der im Maralal-Office arbeitet. Wir unterhalten uns erst über Belangloses, aber mich interessiert natürlich, ob Jutta noch in der Nähe ist. Leider nein, sie sei für einige Zeit nach Nairobi gegangen, um dort mit Malen wieder zu Geld zu kommen.
Schließlich erwähne ich mein Mißgeschick mit dem Landrover. Der Manager lacht und meint, dieser sei keine 2.000 Franken mehr wert, denn sonst wäre er schon längst verkauft. Bei den wenigen Fahrzeugen hier kenne man jedes. Ich bin jedoch bereit, meine 2.500 Franken zu bezahlen, wenn ich ihn nur bekomme. Er bietet mir seine Hilfe an, und wir fahren in seinem Wagen nochmal zum Kikuyu. Es wird hin- und herdebattiert, bis ich endlich meinen Wagen habe. Durch den Manager erfahre ich, daß ich das Logbuch vom Kikuyu bekommen muß und wir für die Umschreibung zusammen ins Office gehen müssen, da man hier ein Fahrzeug samt Nummer und Versicherung kauft. Der Manager besteht darauf, daß wir den Kauf mit ihm als Zeuge schriftlich festhalten und dann sofort das Office aufsuchen. Kurz vor Büroschluß halte ich das umgeschriebene Logbuch in den Händen und bin nochmals um fast 100 Franken leichter, aber glücklich. Der Kikuyu streckt mir den Schlüssel entgegen und wünscht mir viel Glück mit dem Fahrzeug.
Da ich noch nie ein solches Gefährt gesteuert habe, lasse ich mir alles erklären und fahre ihn zu seinem Geschäft zurück. Die Straße ist voller Schlaglöcher, und das Lenkrad hat viel Spiel, wie ich schon nach fünf Metern feststelle. Das Schalten geht streng, dafür greift die Bremse sehr spät. So holpere ich natürlich ins erste Schlagloch, und mein Mitfahrer hält sich erschrocken am Armaturenbrett fest. »You have a driver-licence?« fragt er zweifelnd. »Yes«, antworte ich knapp und versuche, wieder zu schalten, was nach einigem Stochern gelingt. Erneut unterbricht er mein konzentriertes Fahren und meint, ich fahre auf der falschen Seite. Oh shit, hier ist ja Linksverkehr! Der Kikuyu steigt bei seinem Geschäft erleichtert aus. Ich fahre weiter zur Schule hinunter, um mich außer Sichtweite mit dem Landrover vertraut zu machen. Nach einigen Runden beherrsche ich das Vehikel einigermaßen.
Nun fahre ich zur Tankstelle, weil die Benzinuhr nur noch ein viertel anzeigt. Der Somali, der die Tankstelle betreibt, bedauert, im Moment sei kein Benzin
Weitere Kostenlose Bücher