Die Weiße Rose
Matrosenaufstand niederzuschlagen und die Meuterer hart zu bestrafen. Daraufhin brach in Kiel ein weiterer Matrosenaufstand aus, um das zu verhindern. Der Kieler Matrosenaufstand ließ sich nicht mehr so leicht eindämmen. In der ersten Novemberwoche 1918 breitete sich die Aufstandsbewegung wie ein Lauffeuer aus. Im ganzen Reich bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Sie entmachteten die Offiziere und übernahmen die Regierung in verschiedenen deutschen Städten. So kam es am 7. November 1918 auch zur Revolution in München. Das bayrische Königshaus wurde gestürzt und eine neue Revolutionsregierung unter dem USPD-Politiker Kurt Eisler proklamierte den Freistaat Bayern. Die revolutionären Ereignisse imReich erzwangen die Abdankung Kaiser Wilhelms II am 9. November 1918. Er flüchtete in die neutralen Niederlande, um einer Anklage als Kriegsverbrecher zu entgehen.
Prinz Max v. Baden betraute den SPD-Politiker Friedrich Ebert mit der Bildung einer neuen Reichsregierung. Am gleichen Tag rief Philipp Scheidemann die Republik aus. Der 9. November sollte zum Schicksalstag der Deutschen werden wie schon 1848 (Erschießung von Robert Blum) und später 1923 (Hitler-Putsch), 1938 (Reichspogromnacht) und 1989 (Fall der Mauer in Berlin).
Am 10. November 1918 übernahm der Rat der Volksbeauftragten aus SPD und USP die Reichsregierung. Generalstabschef Wilhelm Groener erklärte sich zur Zusammenarbeit mit der neuen Regierung bereit. Um die staatliche Ordnung wieder herzustellen, benötigten die Sozialdemokraten die alten Militäreliten. Es kam zu einem kurzzeitigen Bund zwischen diesen gesellschaftlichen Kräften, die sich kurz vorher noch bekämpft hatten. Der linke Schriftsteller Theodor Plevier brachte diesen Umstand auf die Formel: „Der Kaiser ging, die Generäle blieben.“
Die sozialdemokratisch geführte Regierung, nicht das Militär, musste um Waffenstillstand bitten. Die alten Eliten des Kaiserreiches wollten mit der von ihnen verursachten Niederlage nichts mehr zu tun haben.
Am 11. November 1918 unterzeichnete der Zentrums-Politiker Matthias Erzberger in einem Eisenbahnwagen im Wald von Compiègne den Waffenstillstandsvertrag. Einen Monat später besetzten belgische und britische Truppen den Raum Köln/Aachen.
Die deutschen Truppen verließen in den folgenden Wochen die Schützengräben und marschierten inmilitärischer Ordnung in die Heimat zurück. Es sah für große Teile des deutschen Volkes so aus, als sei Deutschland „im Felde unbesiegt“ geblieben. Erst der angebliche „Dolchstoß“ von Linken und Demokaten in den Rücken des Heeres habe die Niederlage und den Untergang des Kaiserreiches gebracht. Dass der Krieg verloren war, wollten vor allem die alten Eliten nicht einsehen. Sie schufen die Dolchstoß-Legende, um von ihrer Schuld am Untergang des Bismarckreiches abzulenken. Die entstehende Weimarer Republik sah sich von Anfang an einer starken Phalanx von Demokratiefeinden gegenüber. Für die staats- und gesellschaftstragenden Schichten des Kaiserreiches war die Demokratie eine ungeliebte Frucht der Niederlage. Für die alten Militäreliten war klar, dass ein erneuter „Dolchstoß“, an den sie inzwischen selbst zu glauben begannen, in einem kommenden Krieg unter allen Umständen verhindert werden musste. Dieser Gedanke fiel später bei den Nationalsozialisten auf fruchtbaren Boden.
Auch nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandvertrages gingen die revolutionären Wirren weiter. Nachdem am 1. Januar 1919 die KPD gegründet wurde, kam es zu Straßenkämpfen in Berlin („Spartakus-Aufstand“). Noch bis in den Mai sollten immer wieder Unruhen im Reichsgebiet auflammen. Radikallinke Gruppen versuchten in mehreren Städten Räteregierungen nach sowjetischem Vorbild zu etablieren. Diese Versuche wurden mit der Einwilligung der Regierung von den neu aufgestellten nationalistischen Freikorps niedergeworfen.
Im Januar 1919 wurde eine Nationalversammlung gewählt. Es kam eine Dreiviertelmehrheit für die parlamentarische Demokratie zustande. Eine Koalition aus SPD, Zentrum und der liberalen DDP unter PhilippScheidemann übernahm die Regierung. Friedrich Ebert (SPD) wurde zum Reichspräsidenten gewählt. Die Parteien, die im Kaiserreich die Opposition gebildet hatten, bildeten die „Weimarer Koalition“ und regierten nun das Land.
Das Frauenwahlrecht, der Acht-Stunden-Tag und Tarifverträge zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften wurden eingeführt und damit zum Teil jahrzehntelange
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