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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Fingerspitzen. Es fühlte sich glatt an, obwohl die Oberfläche nicht poliert war, und es war faserig, fast wie Schilf oder Bambus.
    »Das ist kein gewöhnliches Holz, oder?« Sie hob den Kopf. Auf Agostinis Lippen spielte noch immer dieses rätselhafte Lächeln.
    »Nein«, flüsterte er.
    Griffin sah von einem zum anderen, dann fasste er Jolly am Arm. »Lass uns zurückgehen.«
    Jolly starrte den Baumeister unverändert an. »Wohin führt diese Brücke?«
    Griffin sah sie mit großen Augen an. »Wohin?«, wiederholte er verwundert.
    »Er weiß, was ich meine.«
    Agostini nickte. »Jedenfalls nicht zur anderen Insel dort drüben.«
    »Aber -«, begann Griffin, doch Jolly fiel ihm ins Wort: »Sie haben diese Brücke nicht allein entworfen, oder? Jemand hat Ihnen einen Auftrag gegeben. Und einen Großteil des Holzes gleich dazu.«
    Wieder nickte der Baumeister. Seine rechte Hand begann, geistesabwesend an seiner Hutkrempe zu spielen. »Du bist zu früh gekommen«, sagte er. »Aber nun wird sich doch noch alles fügen, kleine Quappe.«
    Sie hatte ihm nichts von ihren Fähigkeiten erzählt.
    »Jolly, komm jetzt.« Griffin hatte es satt, dass die beiden über etwas sprachen, das er nicht verstand.
    »Ich gehe auch allein, wenn du nicht .«
    Diesmal wurde er nicht von Jolly unterbrochen, sondern von einem Aufruhr auf den Lavaklippen. Sein Kopf fuhr herum. Auch Jolly folgte seinem Blick.
    Die Eingeborenen rannten und sprangen in Richtung Felsen, wo sich ein Pulk aus dutzenden von Männern gebildet hatte. Langsam formierte sich ein Kreis um etwas, das sich aus der Entfernung nicht erkennen ließ.
    »Was ist da los?«, fragte Jolly.
    Einige der Arbeiter schrien auf, an mehreren Stellen brach die Menge auseinander. Viele wandten die Gesichter zum Himmel, als erwarteten sie, dort oben etwas Außergewöhnliches zu sehen. Aber der blaue Karibikhimmel war so leer und blau und endlos wie an jedem Tag. Andere Eingeborene fielen auf die Knie, senkten die Köpfe und breiteten demütig die Arme aus.
    Etwas klatschte vor Jollys Füße.
    »Nicht schon wieder«, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
    Tote Fische stürzten wie aus dem Nichts auf sie herab, schlugen auf die Holzstreben, glitten ab und verschwanden in der Tiefe. Silberne Schuppenleiber, Oktopoden, kugelige Stachelfische, Krebse mit roten Scheren und aufgequollene Kadaver ohne Augen und Glieder - sie alle regneten jetzt aus dem wolkenlosen Himmel herab, ergossen sich wie ein makabrer Leichenschauer über die Brücke, die Klippen und die umliegende See.
    »Runter hier!«, brüllte Griffin und wollte loslaufen.
    »Kleine Quappe«, flüsterte Agostini. Und noch leiser wiederholte er: »Von einem Ort zum anderen .«
    Ein schillernder Kadaver streifte seine Schulter, doch der Baumeister zuckte nicht einmal.
    Jolly wollte sich Griffin anschließen und aufs Land zulaufen, doch schon nach wenigen Schritten blieben beide stehen.
    Griffin zog scharf die Luft ein. »Mein Gott.«
    Jolly brachte keinen Ton hervor. Sie sahen, wie der Pulk der Eingeborenen auseinander stob und die Männer in alle Richtungen flohen, eine Hand voll sogar zurück auf die Brücke. Im Hagel der Fischkadaver ließ sich kaum etwas erkennen, aber das wenige reichte aus, um die Panik der Eingeborenen zu verstehen. Zwischen ihnen waren kleine dunkle Schemen aufgetaucht, Gestalten, die mit viel zu langen Armen Hiebe austeilten und schnatternde Rufe ausstießen.
    Jolly riss sich von dem Anblick los, beugte sich über das Brückengeländer und sah hinunter ins Wasser.
    Die See war aufgewühlt von den Aufschlägen tausender Fische, die Wogen schienen zu kochen. Und doch waren es nicht nur die Kadaver, die das Meer in Bewegung brachten: Auch von unten stieß etwas durch das Wasser, dunkle Formen, die wie Seetang auf den Wellen trieben. Hunderte.
    »Klabauter!« Griffin schnellte vom Geländer zurück, als wäre eines der furchtbaren Wesen geradewegs vor seiner Nase aufgetaucht.
    Jollys Stimme war so heiser, dass sie zwischen ihren heftigen Atemzügen kaum noch zu verstehen war:
    »Und noch etwas anderes.«
    Griffin wich einem toten Tintenfisch aus und wurde dafür von einem anderen Kadaver am Hinterkopf getroffen. Er verzog das Gesicht. »Noch etwas?«
    Sie nickte. Zweimal zuvor hatte sie einen solchen Fischregen erlebt. Das Zeichen war eindeutig: Eine Kreatur des Mahlstroms musste in der Nähe sein. Eine Bestie wie der Acherus, der Munks Eltern getötet hatte.
    »Aber wieso greifen die Klabauter die Arbeiter

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