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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Windeseile die fremdartigen Fasern des Holzes - Holz, von dem Jolly jetzt annahm, dass es von Pflanzen aus den Tiefen dieses Ozeans stammte, fremdartigen Gewächsen, die an Orten gediehen, die leer und kalt und dunkel waren wie der Schlund zwischen den Sternen. Agostini musste sein Material von den Meistern des Mare Tenebrosum erhalten haben, um sein Vorhaben, nein, ihr Vorhaben zu verwirklichen.
    Eine Brücke zwischen den Welten, viel kleiner als der Mahlstrom, der ebenfalls die Barriere durchbrechen sollte, dafür aber unauffälliger. Das perfekte Nadelöhr für jene Wesen, die die Herrschaft des Mahlstroms vorbereiten sollten.
    Gab es noch mehr solcher Tore an abgeschiedenen Orten der Karibik? Vielleicht sogar auf der ganzen Welt?
    Jolly blieb keine Zeit, den Gedanken weiterzuspinnen. Sie wurde von Griffin nach hinten gerissen. Während sie wie betäubt in die Flammen starrte, war das Feuer näher gekommen. Griffin zog sie mit sich, und dann sprangen und rannten sie in die Richtung, aus der sie gekommen waren, dem unsichtbaren Übergang zwischen dieser und ihrer eigenen Welt entgegen.
    Die Dunkelheit wich zurück, die Umgebung verschob sich, und einmal mehr durchfuhr Jolly der Gedanke, dass sie sich vielleicht auch in der Zeit bewegten, dass sie zurückkehrten vom Anbeginn der Äonen in ihre eigene, kurze, eng begrenzte Lebensspanne.
    Die Brücke vor ihnen verkürzte sich, zog sich zusammen zu ihren ursprünglichen Ausmaßen. Aus der Vielfalt der Bilder und Farben und Klänge schälten sich die Körper der Klabauter, die hektisch zwischen den Streben des Holzgitters umhersprangen. Doch die Kreaturen beachteten die beiden nicht, die da vor ihnen aus dem Nebel der Zeiten und Welten wiederkehrten. Feuer war ihr natürlicher Feind, der Feind des Elements, in dem sie geboren wurden.
    Auch auf dieser Seite des Übergangs loderte die Brücke lichterloh. Der schwarze Qualm der Flammen verdunkelte den Himmel, sodass der Wechsel zwischen den beiden Welten beinahe nicht zu bemerken war. Der Rauch biss in Jollys Lunge, sie hustete. Zugleich traf sie die Hitze wie ein Schlag, und sie hatte das Gefühl, dass sich ihre Haarspitzen kräuselten und ihre Augenbrauen verglühten.
    Die Flammen waren überall - hinter ihnen, vor ihnen, sogar zu beiden Seiten, wo sie auf dem Geländer tanzten wie eine Heerschar glosender Feuerteufel.
    Auch Agostini war noch da. Er stand inmitten der Flammen, als könnten sie ihm nichts anhaben. Seine Kleidung brannte, und die Krempe seines Hutes loderte um seinen Schädel wie ein grotesker Heiligenschein.
    Trotzdem verzog er nicht einmal das Gesicht.
    Oder das, was von seinem Gesicht geblieben war.
    »Ein Gestaltwandler«, entfuhr es Griffin mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er täglich mit solchen Kreaturen zu tun. »Ein Wyvern!«
    Jolly gelang es, für eine Sekunde ihren Blick von dem, was einmal Agostini gewesen war, abzuwenden und Griffin fassungslos anzusehen. »Ein… was?«
    »Ein Wyvern. Ich hab von ihnen gehört. In den Häfen erzählen sich die -«
    Ein Aufschrei unterbrach ihn. Agostinis Schädel kreiste auf seinem Hals, der brennende Hut glitt herunter und verschwand in der Flammenwand. Der Kopf des Baumeisters hatte keine menschlichen Züge mehr, nicht einmal menschliche Größe - pumpend wuchs er auf den doppelten Umfang an, ein lang gezogenes Oval aus wimmelnden Punkten, die Jolly mit Schrecken an den lebenden Gischtschaum des Mare Tenebrosum erinnerten. Und in der Tat bestand Agostinis Körper jetzt aus winzigen Krebsen, keiner größer als Jollys kleinster Fingernagel. Sie wogten durcheinander, bildeten Zerrbilder von menschlichen Gliedmaßen, gaben dann aber auch diese Erinnerung an ihren alten Körper auf und glitten schließlich als vielarmiger Krake aus Agostinis brennenden Kleiderfetzen.
    Jolly glaubte erst, die Kreatur - oder der Schwarm von Kreaturen - werde sich auf sie und Griffin stürzen, doch die Fangarme des Wesens zuckten in der Luft vor und zurück. Etwas schien es zu alarmieren, denn schlagartig sackte es in sich zusammen und ergoss sich durch die Öffnungen in der Brücke in die Tiefe.
    Jolly blieb keine Zeit, über das nachzudenken, was mit Agostini geschehen war. Das Feuer hatte sie jetzt nahezu eingekesselt. Brennende Klabauter setzten mit panischen Sprüngen über das Geländer, durchbrachen Flammenwände und spritzten wie heißes Fett auseinander, bis Jolly und Griffin allein auf der Brücke waren.
    »Zurück zur Vulkaninsel!«, rief Jolly halbherzig,

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