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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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Gegenstandes ein Ende macht. Gemaltes Obst ist noch zulässig, da es als weitere Entwickelung der Blume und durch Form und Farbe als ein schönes Naturprodukt sich darbietet, ohne daß man geradezu genöthigt ist, an seine Eßbarkeit zu denken; aber leider finden wir oft, mit täuschender Natürlichkeit, aufgetischte und zubereitete Speisen, Austern, Heringe, Seekrebse, Butterbrod, Bier, Wein u.s.w., was ganz verwerflich ist. – In der Historienmalerei und Bildhauerei besteht das Reizende in nackten Gestalten, deren Stellung, halbe Bekleidung und ganze Behandlungsart darauf hinzielt im Beschauer Lüsternheit zu erregen, wodurch die rein ästhetische Betrachtung sogleich aufgehoben, also dem Zweck der Kunst entgegengearbeitet wird. Dieser Fehler entspricht ganz und gar dem soeben an den Niederländern gerügten. Die Antiken sind, bei aller Schönheit und völliger Nacktheit der Gestalten, fast immer davon frei, weil der Künstler selbst mit rein objektivem, von der idealen Schönheit erfülltem Geiste sie schuf, nicht im Geiste subjektiver, schnöder Begierde. – Das Reizende ist also in der Kunst überall zu vermeiden.
    Es giebt auch ein Negativ-Reizendes, welches noch verwerflicher, als das eben erörterte Positiv-Reizende ist: und dieses ist das Ekelhafte. Eben wie das eigentlich Reizende erweckt es den Willen des Beschauers und zerstört dadurch die rein ästhetische Betrachtung, Aber es ist ein heftiges Nichtwollen, ein Widerstreben, was dadurch angeregt wird: es erweckt den Willen, indem es ihm Gegenstände seines Abscheus vorhält. Daher hat man von je erkannt, daß es in der Kunst durchaus unzulässig sei, wo doch selbst das Häßliche, solange es nicht ekelhaft ist, an der rechten Stelle gelitten werden kann, wie wir weiter unten sehn werden.

    § 41
    Der Gang unserer Betrachtung hat es nothwendig gemacht, die Erörterung des Erhabenen hier einzuschalten, wo die des Schönen erst zur Hälfte, bloß ihrer einen, der subjektiven, Seite nach vollendet war. Denn eben nur eine besondere Modifikation dieser subjektiven Seite war es, die das Erhabene vom Schönen unterschied. Ob nämlich der Zustand des reinen willenlosen Erkennens, den jede ästhetische Kontemplation voraussetzt und fordert, sich, indem das Objekt dazu einlud und hinzog, ohne Widerstand, durch bloßes Verschwinden des Willens aus dem Bewußtseyn, wie von selbst einfand; oder ob derselbe erst errungen ward durch freie bewußte Erhebung über den Willen, zu welchem der kontemplirte Gegenstand selbst ein ungünstiges, feindliches Verhältniß hat, welchem nachzuhängen die Kontemplation aufheben würde; – dies ist der Unterschied zwischen dem Schönen und dem Erhabenen. Im Objekte sind Beide nicht wesentlich unterschieden: denn in jedem Falle ist das Objekt der ästhetischen Betrachtung nicht das einzelne Ding, sondern die in demselben zur Offenbarung strebende Idee, d.h. adäquate Objektität des Willens auf einer bestimmten Stufe: ihr nothwendiges, wie sie selbst, dem Satz vom Grunde entzogenes Korrelat ist das reine Subjekt des Erkennens, wie das Korrelat des einzelnen Dinges das erkennende Individuum ist, welche Beide im Gebiete des Satzes vom Grunde liegen.
    Indem wir einen Gegenstand schön nennen, sprechen wir dadurch aus, daß er Objekt unserer ästhetischen Betrachtung ist, welches zweierlei in sich schließt, einerseits nämlich, daß sein Anblick uns objektiv macht, d.h. daß wir in der Betrachtung desselben nicht mehr unserer als Individuen, sondern als reinen willenlosen Subjekts des Erkennens uns bewußt sind; und andererseits, daß wir im Gegenstande nicht das einzelne Ding, sondern eine Idee erkennen, welches nur geschehn kann, sofern unsere Betrachtung des Gegenstandes nicht dem Satz vom Grunde hingegeben ist, nicht seiner Beziehung zu irgend etwas außer ihm (welche zuletzt immer mit Beziehung auf unser Wollen zusammenhängt) nachgeht, sondern auf dem Objekte selbst ruhet. Denn die Idee und das reine Subjekt des Erkennens treten als nothwendige Korrelata immer zugleich ins Bewußtsein, bei welchem Eintritt auch aller Zeitunterschied sogleich verschwindet, da Beide dem Satz vom Grunde in allen seinen Gestaltungen völlig fremd sind und außerhalb der durch ihn gesetzten Relationen liegen, dem Regenbogen und der Sonne zu vergleichen, die an der steten Bewegung und Succession der fallenden Tropfen keinen Theil haben. Daher, wenn ich z.B. einen Baum ästhetisch, d.h. mit künstlerischen Augen betrachte, also nicht ihn, sondern seine

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