Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
selbst, und indirekte durch die Bewegung, als welche in Zeit und Raum zugleich ist: daher z.B. eine Stunde Weges, und die Entfernung der Fixsterne ausgedrückt durch so viel Jahre Lauf des Lichts.
18) [Mat.] Meßbar, d.h. ihrer Quantität nach bestimmbar, ist die Materie als solche (die Masse) nur indirekt, nämlich allein durch die Größe der Bewegung , welche sie empfängt und giebt, indem sie fortgestoßen, oder angezogen wird.
19) [Zeit] Die Zeit ist allgegenwärtig: jedes Zeittheil ist überall, d.h. im ganzen Raum, zugleich.
19) [Raum] Der Raum ist ewig: jeder Theil desselben ist allezeit.
19) [Mat.] Die Materie ist absolut; d.h. sie kann nicht entstehn noch vergehn, ihr Quantum also weder vermehrt noch vermindert werden.
20) [Zeit] In der Zeit für sich allein wäre Alles nach einander.
20) [Raum] Im Raum für sich allein wäre Alles zugleich.
20), 21) [Mat.] Die Materie vereint die bestandlose Flucht der Zeit mit der starren Unbeweglichkeit des Raumes: daher ist sie die beharrende Substanz der wechselnden Accidenzien. Diesen Wechsel bestimmt, für jeden Ort zu jeder Zeit, die Kausalität, welche eben dadurch Zeit und Raum verbindet und das ganze Wesen der Materie ausmacht.
21) [Zeit] Die Zeit macht den Wechsel der Accidenzien möglich.
21) [Raum] Der Raum macht das Beharren der Substanz möglich.
22) [Zeit] Jeder Theil der Zeit enthält alle Theile der Materie.
22) [Raum] Kein Theil des Raumes enthält mit dem andern die selbe Materie.
22) [Mat.] Denn die Materie ist sowohl beharrend, als undurchdringlich.
23) [Zeit] Die Zeit ist das Principium individuationis.
23) [Raum] Der Raum ist das Principium individuationis .
23) [Mat.] Die Individuen sind materiell.
24) [Zeit] Das Jetzt ist ohne Dauer.
24) [Raum] Der Punkt ist ohne Ausdehnung.
24) [Mat.] Das Atom ist ohne Realität.
25) [Zeit] Die Zeit an sich ist leer und bestimmungslos.
25) [Raum] Der Raum an sich ist leer und bestimmungslos.
25) [Mat.] Die Materie an sich ist ohne Form und Qualität, desgleichen träge, d.h. gegen Ruhe oder Bewegung gleichgültig, also bestimmungslos.
26) [Zeit] Jeder Augenblick ist bedingt durch den vorhergegangenen, und ist nur sofern dieser aufgehört hat zu seyn. (Satz vom Grunde des Seyns in der Zeit. – Siehe meine Abhandlung über den Satz vom Gründe.)
26) [Raum] Durch die Lage jeder Gränze im Raum gegen irgend eine andere ist auch ihre Lage gegen jede mögliche durchaus streng bestimmt. – (Satz vom Grunde des Seyns im Raum.)
26) [Mat.] Jede Veränderung an der Materie kann nur eintreten vermöge einer andern, ihr vorhergegangenen: daher ist eine erste Veränderung und also auch ein erster Zustand der Materie so undenkbar, wie ein Anfang der Zeit oder eine Gränze des Raums. – (Satz vom Grund des Werdens.)
27) [Zeit] Die Zeit macht die Arithmetik möglich.
27) [Raum] Der Raum macht die Geometrie möglich.
27) [Mat.] Die Materie, als das Bewegliche im Raum, macht die Phoronomie möglich.
28) [Zeit] Das Einfache der Arithmetik ist die Einheit.
28) [Raum] Das Einfache der Geometrie ist der Punkt.
28) [Mat.] Das Einfache der Phoronomie ist das Atom.
Anmerkungen zur beigefügten Tafel
1) Zu Nr. 4 der Materie.
Das Wesen der Materie besteht im Wirken: sie ist das Wirken selbst, in abstracto , also das Wirken überhaupt, abgesehn von aller Verschiedenheit der Wirkungsart: sie ist durch und durch Kausalität. Eben deshalb ist sie selbst, ihrem Daseyn nach, dem Gesetz der Kausalität nicht unterworfen, also unentstanden und unvergänglich: denn sonst würde das Gesetz der Kausalität auf sich selbst angewandt werden. Da nun die Kausalität uns a priori bewußt ist, so kann der Begriff der Materie, als der unzerstörbaren Grundlage alles Existirenden, indem er nur die Realisation einer uns a priori gegebenen Form des Erkennens ist, insofern seine Stelle unter den Erkenntnissen a priori einnehmen. Denn sobald wir ein Wirkendes anschauen, stellt es sich eo ipso als materiell dar, wie auch umgekehrt, ein Materielles nothwendig als wirksam: es sind in der That Wechselbegriffe. Daher wird das Wort »wirklich« als Synonym von »materiell« gebraucht: auch das Griechische kat' energeian , im Gegensatz von kata dynamin , beurkundet den selben Ursprung, da energeia das Wirken überhaupt bedeutet: eben so actu , im Gegensatz von potentiâ ; auch das Englische actually für »wirklich«. – Was man die Raumerfüllung oder Undurchdringlichkeit nennt und als das wesentliche Merkmal des Körpers
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