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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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(d.i. des Materiellen) angiebt, ist bloß diejenige Wirkungsart , welche allen Körpern ohne Ausnahme zukommt, nämlich die mechanische. Diese Allgemeinheit, vermöge deren sie zum Begriff eines Körpers gehört und aus diesem Begriff a priori folgt, daher auch nicht weggedacht werden kann, ohne ihn selbst aufzuheben, ist es allein, die sie vor andern Wirkungsarten, wie die elektrische, die chemische, die leuchtende, die wärmende, auszeichnet. Diese Raumerfüllung, oder mechanische Wirkungsart, hat Kant sehr richtig zerlegt in Repulsions- und Attraktions-Kraft, wie man eine gegebene mechanische Kraft, durch das Parallelogramm der Kräfte, in zwei andere zerlegt. Doch ist jenes im Grunde nur die besonnene Analyse des Phänomens in seine Bestandtheile. Beide Kräfte im Verein stellen den Körper innerhalb seiner Gränzen, d.h. in bestimmtem Volumen dar, während die eine allein ihn ins Unendliche zerstreuend auflösen, die andere allein ihn in einen Punkt kontrahiren würde. Dieses gegenseitigen Balancements oder Neutralisation, ungeachtet, wirkt der Körper noch mit der ersten Kraft repellirend auf andere Körper, die ihm den Raum streitig machen, und mit der andern attrahirend auf alle Körper überhaupt, in der Gravitation; so daß die zwei Kräfte doch nicht in ihrem Produkt, dem Körper, erlöschen, wie etwan zwei in entgegengesetzter Richtung gleich wirkende Stoßkräfte, oder + E und – E , oder Oxygen und Hydrogen im Wasser. Daß Undurchdringlichkeit und Schwere wirklich genau zusammenhängen, bezeugt, obwohl wir sie in Gedanken trennen können, ihre empirische Unzertrennlichkeit, indem nie eine ohne die andere auftritt.
    Ich darf jedoch nicht unerwähnt lassen, daß die hier angezogene Lehre Kants, welche den Grundgedanken des zweiten Hauptstücks seiner »Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft«, also der Dynamik, ausmacht, bereits vor Kant deutlich und ausführlich dargelegt war, von Priestley , in seinen so vortrefflichen Disquisitions on matter and spirit, Sect. 1 et 2 , welches Buch 1777, in der zweiten Auflage 1782, erschien, während jene Metaphysischen Anfangsgründe von 1786 sind. Unbewußte Reminiscenzen lassen sich allenfalls bei Nebengedanken, sinnreichen Einfällen, Gleichnissen u. dgl. annehmen, nicht aber bei Haupt- und Grund-Gedanken. Sollen wir also glauben, daß Kant jenen so wichtigen Gedanken eines Andern sich stillschweigend zugeeignet habe? Und dies aus einem damals noch neuen Buch? Oder aber, daß dieses Buch ihm unbekannt gewesen und der selbe Gedanke binnen kurzer Zeit in zwei Köpfen entsprungen sei? – Auch die Erklärung, welche Kant, in den »Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft« (erste Auflage S. 88, Rosenkranzische Ausgabe S. 384), vom eigentlichen Unterschiede des Flüssigen vom Festen giebt, ist im Wesentlichen schon zu finden in Kaspar Friedr. Wolffs »Theorie von der Generation«, Berlin 1764, S. 132. sollen wir aber sagen, wenn wir Kants wichtigste und glänzendeste Grundlehre, die von der Idealität des Raumes und der bloß phänomenalen Existenz der Körperwelt, schon dreißig Jahre früher ausgesprochen finden von Maupertuis ? wie Dies des Näheren zu ersehn ist aus Frauenstädt's Briefen über meine Philosophie, Brief 14. Maupertuis spricht diese paradoxe Lehre so entschieden und doch ohne Hinzufügung eines Beweises aus, daß man vermuthen muß, auch er habe sie wo anders hergenommen. Es wäre sehr wünschenswerth, daß man der Sache weiter nachforschte; und da dies mühsame und weitläuftige Untersuchungen erfordert, so könnte wohl irgend eine Deutsche Akademie eine Preisfrage darüber aufstellen. Wie Kant hier zu Priestley , vielleicht auch zu Kaspar Wolff , und zu Maupertuis oder dessen Vordermann, so steht zu ihm Laplace , dessen bewunderungswürdige und gewiß richtige Lehre vom Ursprung des Planetensystems, dargelegt in seiner Exposition du système du monde Liv. V, c. 2 , der Hauptsache und den Grundgedanken nach, ungefähr fünfzig Jahr früher, nämlich 1755 , vorgetragen war von Kant , in seiner »Naturgeschichte und Theorie des Himmels«, und vollkommener 1763 in seinem »Einzig möglichen Beweisgrund des Daseyns Gottes«, Kap. 7; und da er in letzterer Schrift auch zu verstehn giebt, daß Lambert in seinen »Kosmologischen Briefen«, 1761, jene Lehre stillschweigend von ihm entlehnt habe, diese Briefe aber, um die selbe Zeit, auch französisch erschienen sind (Lettres cosmologiques sur la constitution de l'univers) ; so

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