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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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liegende, unmittelbare Erkenntniß zur mittelbaren Erkenntniß aller andern führt. Daher aber würde in einem immerwährenden Mißverständniß befangen bleiben, wer nicht fähig wäre, die hier geforderte Erweiterung des Begriffs zu vollziehn, sondern bei dem Worte Wille immer nur noch die bisher allein damit bezeichnete eine Species, den vom Erkennen geleiteten und ausschließlich nach Motiven, ja wohl gar nur nach abstrakten Motiven, also unter Leitung der Vernunft sich äußernden Willen verstehn wollte, welcher, wie gesagt, nur die deutlichste Erscheinung des Willens ist. Das uns unmittelbar bekannte Innerste Wesen eben dieser Erscheinung müssen wir nun in Gedanken rein aussondern, es dann auf alle schwächeren, undeutlicheren Erscheinungen des selben Wesens übertragen, wodurch wir die verlangte Erweiterung des Begriffs Wille vollziehn. – Auf die entgegengesetzte Weise würde mich aber der mißverstehn, der etwan meinte, es sei zuletzt einerlei, ob man jenes Wesen an sich aller Erscheinung durch das Wort Wille, oder durch irgend ein anderes bezeichnete. Dies würde der Fall seyn, wenn jenes Ding an sich etwas wäre, auf dessen Existenz wir bloß schlössen und es so allein mittelbar und bloß in abstracto erkennten: dann könnte man es allerdings nennen wie man wollte: der Name stände als bloßes Zeichen einer unbekannten Größe da. Nun aber bezeichnet das Wort Wille , welches uns, wie ein Zauberwort, das Innerste Wesen jedes Dinges in der Natur aufschließen soll, keineswegs eine unbekannte Größe, ein durch Schlüsse erreichtes Etwas; sondern ein durchaus unmittelbar Erkanntes und so sehr Bekanntes, daß wir, was Wille sei, viel besser wissen und verstehn, als sonst irgend etwas, was immer es auch sei. – Bisher subsumirte man den Begriff Wille unter den Begriff Kraft: dagegen mache ich es gerade umgekehrt und will jede Kraft in der Natur als Wille gedacht wissen. Man glaube ja nicht, daß dies Wortstreit, oder gleichgültig sei: vielmehr ist es von der allerhöchsten Bedeutsamkeit und Wichtigkeit. Denn dem Begriffe Kraft liegt, wie allen andern, zuletzt die anschauliche Erkenntniß der objektiven Welt, d.h. die Erscheinung, die Vorstellung, zum Grunde, und daraus ist er geschöpft. Er ist aus dem Gebiet abstrahirt, wo Ursache und Wirkung herrscht, also aus der anschaulichen Vorstellung, und bedeutet eben das Ursachseyn der Ursache, auf dem Punkt, wo es ätiologisch durchaus nicht weiter erklärlich, sondern eben die nothwendige Voraussetzung aller ätiologischen Erklärung ist. Hingegen der Begriff Wille ist der einzige, unter allen möglichen, welcher seinen Ursprung nicht in der Erscheinung, nicht in bloßer anschaulicher Vorstellung hat, sondern aus dem Innern kommt, aus dem unmittelbarsten Bewußtseyn eines Jeden hervorgeht, in welchem dieser sein eigenes Individuum, seinem Wesen nach, unmittelbar, ohne alle Form, selbst ohne die von Subjekt und Objekt, erkennt und zugleich selbst ist, da hier das Erkennende und das Erkannte zusammenfallen. Führen wir daher den Begriff der Kraft auf den des Willens zurück, so haben wir in der That ein Unbekannteres auf ein unendlich Bekannteres, ja, auf das einzige uns wirklich unmittelbar und ganz und gar Bekannte zurückgeführt und unsere Erkenntniß um ein sehr großes erweitert. Subsumiren wir hingegen, wie bisher geschah, den Begriff Wille unter den der Kraft ; so begeben wir uns der einzigen unmittelbaren Erkenntniß, die wir vom innern Wesen der Welt haben, indem wir sie untergehn lassen in einen aus der Erscheinung abstrahirten Begriff, mit welchem wir daher nie über die Erscheinung hinauskönnen.

    § 23
    Der Wille als Ding an sich ist von seiner Erscheinung gänzlich verschieden und völlig frei von allen Formen derselben, in welche er eben erst eingeht, indem er erscheint, die daher nur seine Objektität betreffen, ihm selbst fremd sind. Schon die allgemeinste Form aller Vorstellung, die des Objekts für ein Subjekt, trifft ihn nicht; noch weniger die dieser untergeordneten, welche insgesammt ihren gemeinschaftlichen Ausdruck im Satz vom Grunde haben, wohin bekanntlich auch Zeit und Raum gehören, und folglich auch die durch diese allein bestehende und möglich gewordene Vielheit. In dieser letztern Hinsicht werde ich, mit einem aus der alten eigentlichen Scholastik entlehnten Ausdruck, Zeit und Raum das principium individuationis nennen, welches ich ein für alle Mal zu merken bitte. Denn Zeit und Raum allein sind es, mittelst welcher das dem

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