Die Welt auf dem Kopf
paar wenigen winzigen Fenster, die es gibt, auf die Treppe hinausgehen. Und das einzige Panorama, das sie bieten, sind die Beine der Nachbarn aus der oberen Wohnung. Anna begab sich, um heiße Schokolade mit der automatischen Espressomaschine zuzubereiten, die ihr ihre Tochter von ihrem ersten Gehaltgekauft hatte, in die dunkle Küche mit den an den Wänden hängenden Pfannen, den zwei alten, separaten Wasserhähnen und den Regalen voller Konserven, Einweckgläser mit Marmelade und in Öl eingelegtem Gemüse. Im Grunde ist eine automatische Espressomaschine angesichts all der anderen Dinge, die Mutter und Tochter dringend bräuchten – zum Beispiel moderne Armaturen oder eine Zentralheizung für den Winter, wenn es so kalt in der Wohnung ist, dass der Atem zu weißen Wölkchen gefriert –, so ziemlich das Letzte. Aber die Signora von unten hat nun einmal eine Vorliebe für unnötige und ausgefallene Dinge. Das »gute Zimmer«, das mit der großen Verandatür zur Hintertreppe, erinnert mich immer ein bisschen an eine große Hütte, die ein Schiffbrüchiger gebaut und mit lauter Dingen ausstaffiert hat, die bei hohem Seegang ans Ufer gespült wurden: Tische und Beistelltische, bunt zusammengewürfelte Stühle, darunter schmiedeeiserne und welche mit geschnitzten Rückenlehnen in Tiergestalt, eine Anrichte mit überladenen Verzierungen, ein Bücherregal aus den Sechzigerjahren, dunkelrote Brokatvorhänge und, dahinter, Jalousien.
Anna findet ihre Wohnung ebenso gewöhnlich wie ihren Namen, er ist ihr zu schlicht und leise. Dafür hat sie sich beim Namen ihrer Tochter, Natascha, ausgetobt. Die hätte wiederum lieber einen normalen Namen gehabt und findet ihn einfach nur peinlich.
Anna deckte den Kaffeetisch im guten Zimmer und goss die Schokolade in zwei Porzellantassen, zu ihrem Bedauernallerdings aus einer einfachen Keramikkanne, einem Werbegeschenk von Mulino Bianco.
»Sobald ich es mir leisten kann, kaufe ich eine richtige Schokoladenkanne aus Porzellan, wie es sich gehört«, sagte sie entschuldigend.
»Vom ersten Lohn, den dir Mr. Johnson bezahlt.«
»O ja, was für ein Glück! Ich habe geahnt, dass mir etwas Außergewöhnliches passieren wird«, sagte sie. »Und jetzt weiß ich, was es war: dass ich in die obere Wohnung gehen würde. Hast du gesehen, wie das Licht auf den Terrassenfenstern spielt und wie hoch die Decken sind? Sie haben sogar ein Schrankzimmer. Alle reichen Leute haben ein Schrankzimmer. Und dort gibt es nicht nur Schränke, sondern auch ein Bügelbrett mit ausklappbarem Ärmelbrett, ein Dampfbügeleisen und eine Nähmaschine, mit der man auch sticken kann. Nur Mr. Johnsons Zimmer sieht ein bisschen aus wie die Zelle von einem Trappistenmönch, findest du nicht auch? Ein Bett, eine Kommode, ein Sessel und ansonsten nur Geigen – Geigen und Notenständer. Wie die Zelle von einem musikalischen Trappistenmönch, um genau zu sein.«
»Aber, was mir nicht gefallen hat, ist, dass er immer nur ›Oh, Danke!‹ gesagt hat. Wofür musste er sich denn bedanken? Wir sind doch nicht zu ihm gegangen, um ihm einen Gefallen zu tun. Im Übrigen habe ich von den Nachbarn gehört, dass Mrs. Johnson, seine Frau, vor einiger Zeit mit zwei Koffern aus dem Haus kam und in ein Taxi stieg, wobei sie›Du Schwein!‹ zu ihm sagte. Und er stand in der Haustür und sah sie mit dieser verträumten Miene an, die er immer zur Schau trägt, während der Taxifahrer das Gepäck im Kofferraum verstaute.«
»Mischineddu« – der arme Kerl –, »seine Frau hat ihn allein mit dem Hausmädchen gelassen!«, sagte Anna in ironischem Ton. »Und die hat nichts Besseres gewusst, als monatelang die Spiegel und Fenster zu putzen und das Silber auf Hochglanz zu polieren, weil sie gedacht hat, dass Mrs. Johnson bald zurückkommt. Dabei legt er auf solche Dinge gar keinen Wert. Hast du in den Kühlschrank geschaut?«
»Ja, hab ich«, erwiderte ich. »Man könnte meinen, er hätte einen Dornröschenschlaf gehalten: Stalaktiten, grün verschimmelter Käse, saure Milch und welke Petersilie. Und die Tomaten erst, hast du die Tomaten gesehen? Und den verfaulten Kopfsalat? Ich habe einen raschen Blick auf das Verfallsdatum der Butter geworfen, es ist ungefähr identisch mit dem Zeitpunkt, als seine Frau ihn verlassen hat.«
»Seine Frau muss eine richtige Angeberin sein, wenn sie sich Mrs. Johnson nennt. Sie ist Sardin durch und durch und macht einen auf Amerikanerin.«
»Ich weiß allerdings, dass sie eine sehr reiche Sardin
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