Die Welt der Kelten
und führte dazu, dass
auch andere Gruppen wie etwa Germanen sich der keltischen Kultur anpassten. Deren Übergewicht in Europa rechtfertigt die chronologische
Gliederung in die Hallstatt- und La Tène-Zeit, die jeweils nach Fundorten benannt sind und sich vor allem |19| durch kulturelle Charakteristiken auszeichnen. Auf deren Fülle soll andernorts eingegangen werden, aber zu den offenkundigsten
Elementen gehörte die Herstellung eines neuen Metalls: des Eisens, dessen Kenntnis man aus dem Südosten übernahm. Überhaupt
zeigten die keltischen Schmiede und Kunsthandwerker ein solches Geschick, dass ihre Produkte manche Arbeit der antiken Hochkulturen
in den Schatten stellten. Die Kunst ihrer einmaligen Ornamentik zeichnet sie noch heute aus, wohingegen weniger bekannt ist,
dass die Kelten die Fibel, die Gewandspange und Vorläuferin der Sicherheitsnadel, anstelle der Nadel populär machten.
Dieser kulturellen Entwicklung entsprach ein Geben und Nehmen im Kontakt mit anderen Völkern und Kulturen; so bemerkenswert
die keltischen Leistungen auch sind, ohne äußere Anregungen und Entlehnungen wären sie nicht möglich gewesen. Offensichtlich
wurde dies in den intensiven Beziehungen mit den Griechen und Etruskern, aber auch im Austausch mit dem asiatischen Steppen-
und Reitervolk der Skythen. Von diesen übernahm man den Gebrauch des Reitpferdes ebenso wie die Hose der Reitertracht, die
am Mittelmeer unbekannt war. Diese und viele andere Einflüsse trafen bei den Keltenstämmen zusammen und verbanden sich mit
deren Traditionen und Vorstellungen zu einer neuen Zivilisation, wie es sie vorher nördlich der Alpen nicht gegeben hatte.
Deren Nutznießer war in erster Linie eine reiche Adelsschicht, die im Laufe der Jahrhunderte vom Handel und Wandel in Europa
profitierte. Zwar traten innerhalb der Stämme durchaus Spannungen und Machtkämpfe auf, aber allenfalls wechselte eine Sippe
die andere mehr oder weniger gewaltsam ab. Die Aristokratie blieb die tonangebende Gruppe in der keltischen Gesellschaft.
Mit ihr und ihren Kriegern verbanden sich Luxus, Wohlstand und Prestige, die das keltische Leben für viele Barbarenvölker
attraktiv machten. Deshalb breiteten sich die Kelten während ihrer Blütezeit weniger durch kriegerische Eroberungen als durch
friedliche Übernahmen ihrer Kultur aus. Die Bewohner der Britischen Inseln, der Iberischen Halbinsel und später etliche Germanenstämme
mussten nicht unterworfen werden – sie wollten zu Kelten werden. Sie übernahmen deren Kultur einschließlich der Sprache und
keltisierten sich bis auf wenige Reste. Dieser Prozess vollzog sich über mehrere Generationen und führte letztlich zur Ausbreitung
der keltischen Kultur.
Ihre Zivilisation stand allen offen und bot eine gemeinsame Grundlage, ohne auf ethnische Unterschiede zu achten. Hinzu kam,
dass die meisten ihrer Angehörigen ähnliche Sprachen benutzten und sich miteinander verständigen konnten.
|20| Die keltischen Sprachen
Die Sprachen, in denen sich die Kelten in den Jahrhunderten vor Christi Geburt miteinander verständigten, gehörten allesamt
zur so genannten indoeuropäischen oder indogermanischen Sprachfamilie. Deren Sprecher siedelten von den europäischen Atlantikküsten
bis auf den indischen Subkontinent und hatten als vermeintliche Urheimat die Steppen nördlich des Kaspischen Meeres – wobei
diese Theorie ebenso umstritten ist wie die alten Ursprungshypothesen der Kelten. Gewiss scheint indes, dass die oben erwähnten
Streitaxtleute um 2000 vor Chr. als erste Indogermanen nach Europa kamen. Aus ihrer gemeinsamen Sprache entwickelten sich
im Laufe der Jahrtausende fast alle europäischen Sprachen – Griechisch, das Lateinische mit Tochtersprachen wie Italienisch
und Französisch, die germanischen Sprachen des Deutschen, Englischen, Niederländischen und der meisten skandinavischen Idiome,
die slawischen Sprachen von Tschechisch bis Russisch und schließlich auch die keltischen Sprachen.
Deren gegenwärtige geografische Verteilung spiegelt die Geschichte der Kelten und ihrer Kultur wider. Denn als so genannte
inselkeltische Sprachen sind sie an den Rand Nordwesteuropas gedrängt, während vom Verbreitungsgebiet des »Festlandkeltischen«
außer wenigen Spuren nichts übrig blieb. Dessen Sprachen entstanden wahrscheinlich in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen
Jahrtausends und breiteten sich mit ihren Trägern und deren Kultur aus. Gallisch
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