Die Welt ist nicht immer Freitag
Heimatvereins zur Erhaltung der Stadt Diepholz, der mir verspricht, mir irgendwie das Abitur zu geben, wenn ich garantiere, daß ich dann auch in einer Stadt weit, weit weg von Diepholz studiere.
Ich komme gerade in Berlin an, als der Ball einschlägt.
Man kann nicht unbedingt sagen, ich beschließe, den Ball mit dem Kinn zu stoppen. Aber ich tue es trotzdem.
Das Kinn hält die gewaltige Wucht des Balles nur kurz aus, dann übernimmt die Nase, hält dem Druck aber auch nicht lange stand, so daß ich letztendlich den Ball mit der Augenbraue stoppe; dann aus der Hocke der Länge nach hinschlage und sofort k.o. gehe.
Als ich Minuten später wieder zu mir komme, fragen mich die Freunde besorgt, ob ich noch meinen Namen weiß. Ich sage wahrheitsgemäß »Hmmpf« und will nach Hause. Den skeptischen Freunden sage ich, ich komm schon klar, renne noch dreimal gegen den Torpfosten und mache mich dann auf den Weg zur U-Bahn.
Erst einige Zeit später wird mir klar werden, daß ich dabei meine gesamten Sachen, einschließlich Portemonnaie und U-Bahnkarte vergesse, und nun mitten im Februar in kurzen Hosen, verwirrt, hilflos und insgesamt völlig sinnlos durch mir zur Zeit völlig unbekannte Straßen stolpere.
Nach einiger Zeit gesellt sich ein Hund mit sehr struppigem Fell zu mir. Irgendwann klingelt der Hund. Ich denk mir nix dabei, immerhin bin ich gerade bescheuert im Kopf, da ist so ein klingelnder Hund fast normal. Der Hund klingelt nochmal. Ich beuge mich über ihn, wühle im Fell und entdecke, daß ihm jemand tatsächlich ein Handy auf den Rücken geschnallt hat. Ich gehe ran:
- Ja, hallo, hier ist Lehmann, offensichtlich haben Sie gerade meinen Charlie gefunden. Er läuft ständig weg, deshalb habe ich ihm auch das Handy auf den Rücken geschnallt. Damit ich ihn leichter wiederfinde. Wenn Sie ihn mir vorbeibringen, bekommen Sie 200 DM Finderlohn!
Er gibt mir eine Adresse in Wilmersdorf. Leicht verdientes Geld, denke ich und beschließe, den Hund zurückzubringen. Auch, wenn ich im Moment nicht weiß, wer oder was dieses Wilmersdorf sein soll.
Also dackle ich fürs erste dem Hund hinterher.
Nach ungefähr einer Stunde kommen wir wieder am Sportplatz an. Die Freunde freuen sich, mich im großen und ganzen wohlbehalten wiederzusehen, und ich erlaube ihnen, mich anzuziehen.
Rudolf kauft mir den Handyhund, samt Belohnungsanspruch, für 50 Mark ab. Dann dreht er mich in die richtige Richtung für den Nachhauseweg, und ich gehe wieder los.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit erreiche ich den Nollendorfplatz. Das war zwar die falsche Richtung, aber immerhin spüre ich jetzt meinen Körper wieder. Er hat Hunger. Ich stolpere in einen Pizza-Service, bestelle eine Pizza zu mir nach Hause und überrede den Fahrer, mich mitsamt der Pizza gleich dort abzuliefern.
ZWISCHEN-
MENSCHLICHE
KONTAKTE
Am Gemüsestand
»Mann, Herr Evers«, Herr Birüglü, mein Gemüsehändler, war richtig sauer, »jetzt bist du schon das dritte Mal in einer Woche schlafend in meinen Tomatenstand gefallen! Langsam nervt's! Kannst du mir das irgendwie erklären?« Echte Wut blitzte aus seinen Augen. Es half nichts, ich mußte ihm die Geschichte, von der ich so gehofft hatte, daß sie nie jemand erfahren würde, erzählen.
Alles begann an einem eigentlich ganz normalen Mittwochmorgen vor gut einer Woche.
Nachdem ich erwachte, brauchte es eine ganze Weile, bis ich mir sicher war, wo ich mich eigentlich befand. Mein kalter, feuchter Hintern, das rauschende Wasser, die schmerzenden Oberschenkel und die Kloschlüssel auf der ich saß, machten mir klar, daß ich offensichtlich auf der Toilette eingeschlafen war. Mit der Hand an der Spülung. Damit erklärte sich auch mein Traum, in dem ich träumte, ich säße mehrere Stunden ununterbrochen bei laufender Spülung auf dem Klo. Mist, es werden auch immer nur die Träume wahr, von denen man's nich brauchen kann. Ein Blick auf die Uhr, es war elf, machte mir klar, daß mein Einschlafen schon eine Weile her gewesen sein mußte. Ein Blick durch das Badezimmer, unzählige Schminkutensilien, Tampons, eine große Flasche Shampoo und sogar ein Kamm, ließen mich erkennen, daß dies ganz sicher nicht mein Badezimmer war. Oh mein Gott, kein guter Morgen. Ich versuchte mich zu erinnern, zu rekonstruieren. Ich war gestern in der Kneipe gewesen, hatte viel getrunken, da war diese Frau gewesen, die hatte noch mehr getrunken, sogar so viel, daß sie mich dann mit zu sich genommen hatte, ich war hier nochmal aufs Klo
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