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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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der Atmosphäre getragen und weltweit verteilt.
    Ein Nebenprodukt der Baumwollproduktion ist Baumwollsamenöl. Es macht 13 Prozent der weltweiten Ölsaatenproduktion aus und enthält schon in »natürlichem« Zustand giftige Bestandteile ( Gossypol ), was durch den hohen Eintrag an Dünger und Pestiziden natürlich nicht besser wird. Im Jahr 1900 betrug der Anteil der Baumwolle am Welttextilmarkt sogar 80 Prozent. Erst 2003 wurden erstmals mehr Polyesterfasern verarbeitet als Baumwolle – und das natürlich bei einem durch globales Bevölkerungswachstum und schnelleren Verschleiß sich ständig ausweitenden Textilmarkt. Größte Baumwollproduzenten sind heute China, Indien, die USA , Pakistan, Brasilien, Usbekistan, Türkei, Australien und Turkmenistan, dann folgt als einziges europäisches Land Griechenland.

Blau, Gelb, Rot
Färberwaid
    Auch Chemieriesen haben als Farbenfabriken mal klein angefangen.
    Die Grundlagen für die heutigen Riesenkonzerne in der Chemieindustrie wurden nach 1860 gelegt, nachdem es dem deutschen Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge schon vor der Jahrhundertmitte gelungen war, aus Steinkohleteer synthetische Anilinfarben herzustellen. Die Namen heutiger Weltfirmen erinnern ganz direkt daran: BASF (Badische Anilin- und Soda-Fabriken seit 1861/65), Agfa (Aktiengesellschaft für Anilin-Fabrikation seit 1867), natürlich auch die Farb werke Hoechst (seit 1863), die erst 1974 zur Hoechst AG umfirmierten (heute Sanofi-Aventis) und die Cassella Farbwerke.
    Auch der Zusammenschluss chemischer Industriewerke Deutschlands firmierte von 1925 bis 1951 sicher nicht zufällig nach dem Hauptprodukt als I.G . Farbenindustrie AG .
    Das zeigt, wie wichtig die Farbenherstellung einmal war. Auch als Farben noch ausschließlich aus Pflanzen hergestellt wurden, konnte man damit reich werden – selbst im Mittelalter.
    In der Tat möchten die Menschen gern alles in Farbe sehen und nicht in Schwarz-Weiß. Die gedeckte Farbpalette: dunkler Anzug, weißes Hemd oder schwere, dunkle Farben bei Frauenkleidern sind eine Erfindung des bürgerlichen 19. Jahrhunderts. Alle Zeitalter davor liebten es bunt, vor allem bei Textilien. Deswegen waren Textil- und Farbenherstellung historisch eng verbunden.
    Manche Farben wie Ocker oder Zinnober ließen sich aus Erden herstellen, aber vor allem für Blau gab es außer dem sehr teuren Lapislazuli, das nur in der Malerei verwendet wurde, kaum geeignete Grundstoffe – außer Färberwaid.
    Färberwaid ist ein Kreuzblütengewächs (vier Blütenblätter stehen einander kreuzförmig gegenüber), also verwandt mit den Kohlarten, Raps, Rettich, auch Meerrettich und Kresse. Die Pflanze blüht gelb, ähnlich wie der Raps, und aus den Blättern wurde seit der Bronzezeit, wenn nicht sogar schon seit der Jungsteinzeit, blauer Farbstoff gewonnen.
    Schon im alten Ägypten verwendete man Isatis tinctoria als Färbepflanze. Blau gefärbte Mumienbinden hatten aufgrund gewisser insektizider und fungizider Eigenschaften der Pflanze mumifizierende Wirkung. Das bisschen Färberwaid, das heute noch in Deutschland angebaut wird, dient aus dem gleichen Grund als Holzschutzmittel.
    Womöglich zur gleichen Zeit wie in Ägypten, spätestens aber zur Keltenzeit, war Färberwaid auch in Mitteleuropa heimisch. Die Kelten färbten sich mit blauer Kriegsbemalung die Haut. Auch die schottische Urbevölkerung der Pikten flößte den Römern mit solcher Bemalung oder Tätowierung Furcht und Schrecken ein. Daher nannten die Römer sie auch Picti (»die Bemalten«).
    Färberwaid wächst in einem weiten Bogen rund um die Alpen, in Frankreich, Italien, auf dem Balkan und rund um das Schwarze Meer.
    Seit karolingischer Zeit lag das Zentrum der mittelalterlichen Farbenindustrie Deutschlands in Thüringen. Rund um Erfurt und die späteren Klassikerstädte Gotha und Weimar wurde in der Blütezeit der kontinentaleuropäischen Textilindustrie, im Spätmittelalter, in ungefähr 300 Dörfern Färberwaid extra angebaut und in Waidmühlen verarbeitet. Die Thüringer exportierten bis nach England. Für den Fernhandel war die verkehrsgünstige Lage im Herzen Europas sehr günstig. Dem Färbergewerbe verdankte die Region im Spätmittelalter beträchtlichen Wohlstand. Auch den Bauern brachte der Anbau des begehrten Färberwaid auf den in der Dreifelderwirtschaft ansonsten brachliegenden Äckern trotz des Einsatzes von Erntehelfern beträchtliche zusätzliche Einnahmen.(Färberwaid ist bei Anbau und Ernte sehr arbeitsintensiv.) Neben

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