Die Weltgeschichte der Pflanzen
gefärbt haben als Zeichen für Glück und rechtgeleitetes Handeln. Die Körperbemalung mit Henna istaber keine muslimische Tradition, sondern reicht Tausende von Jahren zurück, mindestens in die Bronzezeit, aus der Legenden von Ehe- und Fruchtbarkeitsriten berichten. Insbesondere die Frauen bemalten sich demnach mit Henna. Man kann solche Bemalungen auch auf Wandmalereien der minoischen Kultur in Akrotiri sehen. Die Völker vom Maghreb und Jemen bis Indien verstehen sich auf kunstvolle Henna-Körperbemalungen, sogenannte Mehndis, mit filigranen ornamentalen Mustern. Mehndi ist das Hindi-Wort für Henna.
Henna hat viele verschiedene Bezeichnungen – auch von sprachlicher Seite ein Hinweis darauf, dass ein regional begrenzter Ursprung nicht existiert oder dass es zumindest im frühen Altertum in verschiedenen Kulturen genutzt wurde, die nicht oder kaum miteinander verbunden waren.
Indigo
Wie beim Färberwaid entsteht das chemisch identische Indigo aus der Indigopflanze Indigofera tinctoria erst, wenn die Ausgangssubstanz durch Gärung in Indoxyl umgewandelt ist. Es hat zunächst eine gelbe Farbe; nach dem Eintauchen des Gewebes oxidiert dieses Indoxyl an der Luft und wird dadurch blau.
Der aus Indien stammende Schmetterlingsblütler liefert 30 Mal mehr Indigo als der Färberwaid, weswegen der Färberwaidanbau schon in der Barockzeit unrentabel wurde. Mit der Aufnahme des Indienhandels durch die Portugiesen und vor allem durch die holländische wie die britischen Ostindienhandelsgesellschaften gelangte immer mehr und immer preiswerteres blaues Farbpulver nach Europa. Indigo war neben den Gewürzen in der Anfangszeit des »ostindischen« Kolonialhandels eines der ganz bedeutenden Handelsprodukte.
England wurde zeitweise auch aus seinen Kolonien in der Neuen Welt mit Indigo beliefert. Historisch gesehen ist Indigo eine vonden Sklavenpflanzen wie Zuckerrohr, Baumwolle, Tabak und Kautschuk. Die Spanier hatten Indigofera schon im 16. Jahrhundert in die Karibik und den von ihnen kolonisierten Süden Nordamerikas gebracht. Für Anbau und Ernte der sehr arbeitsintensiven Pflanze wurden von Anfang Sklaven eingesetzt; erst die Indianer, dann Afrikaner. Um 1740 begannen auch britische Siedler in South Carolina mit dem Anbau.
Indigo war im 18. Jahrhundert eine Zeitlang ein wichtiges Exportgut einiger nordamerikanischer Kolonien für den englischen Heimatmarkt – der damit für die thüringischen Färberwaidexporte verlorenging. Schließlich wurde Indigo in den Südstaaten von rentableren Pflanzen wie Tabak, Reis und Zuckerrohr verdrängt, zuletzt von der alles beherrschenden Baumwolle.
Blaufärben und dementsprechend hohe Indigo-Importe spielten auch deswegen im 18. und 19. Jahrhundert eine so große Rolle, weil viele Armeeuniformen blau waren. Auch die ersten Jeans wurden noch mit Pflanzenindigo gefärbt, und in Japan waren die Yukatas, die leichten Sommerkimonos, traditionell blau.
Über die Herkunft des stets begehrten blauen Farbstoffs wie der Färbepflanze herrschte nie ein Zweifel. Griechisch indikon , lateinisch indicum oder italienisch indigo bringen dies deutlich zum Ausdruck. Indigo wurde nicht erst seit der Kolonialzeit aus Indien ins Mittelmeergebiet und nach Europa gebracht, sondern mit den Gewürzen bereits im frühantiken Orienthandel. Die Pflanze war schon in der Bronzezeit im pharaonischen Ägypten bekannt.
Wie beim Färberwaid wurde der Farbstoff aus den Blättern gewonnen, und der Verarbeitungsvorgang verlief im Prinzip ähnlich und unter vergleichbar abstoßender Geruchsentwicklung. In Indien ließ man die Pflanzen in Erdgruben unter Wasserbedeckung gären. Genau zum richtigen Zeitpunkt musste der gelbe Indoxyl-Sud dann in ein tiefer gelegenes Becken abgelassen werden. Hier wurde er mit Stöcken geschlagen und aufgepeitscht, um möglichst viel Luft unterzumischen; dadurch wurde die Lauge blau. Die Inder produzierten bereits abfiltrierte und getrocknete handliche Indigo-Würfel, etwa so groß wie zwei Stückchen aufeinandergelegte Gästeseife im Hotel. Weil Indigo nicht wasserlöslich ist, muss der ganze Vorgang beim Gewebefärben dann sozusagen chemisch rückabgewickelt werden.
Heute ist Pflanzenindigo wegen der synthetischen Farbstoffe praktisch obsolet.
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