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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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politischen Bewegung, die seit 1787 in organisierter Form zunächst außerhalb der Regierungen und Parlamente aus humanitären Gründen die öffentliche Meinung gegen die Sklaverei zu mobilisieren und das Schicksal der Sklaven zu lindern versuchte: Man sammelte Geld zum Freikauf und zur Unterstützung geflohener Sklaven, unterschrieb Petitionen und boykottierte den Kauf von karibischem Zucker. Zuckeranbau und -herstellung wurde schon viel länger mit Sklaven betrieben, ja die moderne Sklaverei war dafür am Beginn der Kolonialzeit überhaupt erst (wieder-)erfunden worden. Führender Kopf der Abolitionismus-Bewegung war der englische Parlamentsabgeordnete William Wilberforce (1759-1833).
    1807 wurde der Handel mit afrikanischen Sklaven auf englischen Schiffen in Großbritannien und den USA verboten, 1834 und 1838 die Sklaverei im gesamten britischen Empire untersagt und alle Sklaven für frei erklärt. Auch in den USA schafften die meisten Nordstaaten die Sklaverei bis 1830 sukzessive ab, nicht aber die Südstaaten.
    Die Nachfrage nach Baumwolle war vor allem in England einfach unersättlich. Im Jahr 1800 exportierten die USA zehn Millionen Pfund Baumwolle nach England, 100 Millionen Pfund waren es 1830, 800 Millionen Pfund 1840 und zwei Milliarden Pfund 1850. Nichts spiegelt deutlicher die ungeheure Ausweitung des Baumwollanbausin den Südstaaten und die Abhängigkeit der noch im Aufbau befindlichen, eigentlich notorisch verschuldeten jungen Nation von der Baumwolle wider – und von den Sklaven. In den USA war die Sklaverei trotz der ansonsten hehren Ideale der Verfassungsväter nicht abgeschafft worden, die »Beschaffung« wurde allerdings erschwert, und sie waren dementsprechend »wertvoll«. Sklaven wurden entweder via Karibik und Mexiko (auch Texas gehörte damals noch zu Mexiko) eingeschmuggelt, oder man förderte den Nachwuchs in den Sklavenfamilien, was man früher nicht getan hatte. Der Sklavenhandel blühte auf den »Neger-Märkten«, welche Harriet Beecher Stowe sah.
    In den Südstaaten wurde bis zum Schluss, bis zur Niederlage im Amerikanischen Bürgerkrieg, immer behauptet, ohne die Sklaven würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Das wurde nur wenige Jahre nach Ende des Bürgerkriegs Lügen gestraft, als der Süden 1872 auch ohne die Sklaven das Produktionsniveau vor Ausbruch des Bürgerkriegs erneut erreichte.
    Da in den USA hinsichtlich der Sklavenfrage keine Einigung auf Bundesebene gefunden werden konnte, traten die elf Südstaaten kurz nach dem Amtsantritt von Abraham Lincoln 1860 aus der Union aus und bildeten eine eigene Südstaaten-Konföderation. Um der Einheit der Nation willen sah sich Lincoln gezwungen, den erbittert und mit großer Grausamkeit geführten Amerikanischen Bürgerkrieg zu führen. Er endete mit einer katastrophalen Niederlage der Südstaaten, die sich mental davon jahrzehntelang nicht erholten und sehr lange auch in ökonomischer Hinsicht rückständig blieben. Durch den 13. Verfassungszusatz wurde 1865 auch in den USA die Sklaverei abgeschafft. Lincoln wurde kurz nach seiner Wiederwahl von einem Südstaaten-Fanatiker ermordet. Das Sklavereiproblem blieb den USA , wo die Südstaaten nunmehr ein Apartheidsregime einführten, als Rassenproblem bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts erhalten.
    Baumwolle ist hinsichtlich des Nährstoffgehalts der Böden keine besonders anspruchsvolle Pflanze, musste aber in Nordamerika auch während der Wachstumsperiode von den Sklaven um der guten Erträge willen ständig gepflegt werden. Im modernen monokulturellen Baumwollanbau werden weltweit große Mengen Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Weil man heute mit Maschinen erntet, werden die Sträucher vorher entlaubt. Baumwolle gilt als diejenige Pflanze, für deren Anbau am meisten Chemikalien verwendet werden, ungefähr zehn Prozent aller eingesetzten Pestizide.
    Darüber hinaus benötigt Baumwolle sehr viel Wasser. Wird sie in trockenen Gebieten angebaut, müssen die Sträucher ausreichend bewässert werden. In dem früher zur Sowjetunion gehörenden Gebiet am Aral-See (heute Kasachstan und Usbekistan) wurden seit der Stalin-Zeit praktisch in einem Wüstengebiet riesige Baumwollplantagen angelegt und aus den Zuflüssen zum Aral-See bewässert, wodurch dieser austrocknete und versalzte – eine beispiellose ökologische Katastrophe, verschärft durch den rücksichtslosen Gebrauch gewaltiger Mengen von Pestiziden. Nach der Austrocknung werden diese durch Stürme bis in hohe Schichten

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