Die Weltgeschichte der Pflanzen
dem gleichnamigen Apfelbauern im kanadischen Ontario entdeckt.
Das Wort »Apfel« kommt in allen germanischen Sprachen ähnlich vor (englisch apple , schwedisch äpple ), ebenso in den keltischen, baltischen und slawischen Sprachen. Es war also nördlich der Alpen seit sehr alter Zeit weit verbreitet. Die germanischen Völker haben es offenbar aus einer früheren Sprache entlehnt. Äpfel (damals noch die Holzäpfel) gedeihen im mitteleuropäischen Klima von Natur aus sehr gut. Der Apfelbaum Malus sylvestris war damals bereits vorhanden.
Ganz anders in den mediterranen Sprachen. Im Griechischen heißt der Apfel melon , im Lateinischen malum. Malus ist der »Apfelbaum«. Das französische pomme leitet sich von der römischen Göttin des Obstanbaus, Pomona, ab. Obwohl die Römer den gärtnerischen Apfelanbau über die Alpen brachten, wurde das germanische Wort nicht verdrängt. Die Italiener sagen mela oder pomo , die Spanier manzana . Man sieht eine große Vielfalt der sprachlichen Begriffe. Eine einheitliche indoeuropäische Wortwurzel gibt es demnach offenbar nicht, was nahe legt, dass die »Ur-Indoeuropäer« den Apfel nicht kannten.
Die mittelalterliche Bezeichnung für den Apfelbaum war übrigens affaltra . Der Wortteil affel oder affal bezieht sich dabei auf dieFrucht; -tra beziehungsweise - ter ist ein im Deutschen untergegangenes indoeuropäisches Wort für »Baum«, das sich im Englischen sehr wohl erhalten hat: tree . Es findet sich im Deutschen ansonsten nur noch in unscheinbaren Wortbestandteilen, etwa in Holun der , was eigentlich »Holler-Baum« bedeutet, Flie der , Wachol der und Rüs ter , ein altes Wort für »Ulme«. Dieses althochdeutsche Wort ter für »Baum« wurde bei uns schon im Spätmittelalter nicht mehr verstanden, was sich an der aus dem 11. Jahrhundert belegten Form affalterbaum gut erkennen lässt. Nur in einigen Ortsnamen hat es sich erhalten: Affaltrach (bei Heilbronn), Affalterbach (bei Marbach am Neckar), Afolderbach (bei Siegen), Affholderbach (Bergstraße/Odenwald), Affhöllerbach, Affeltrangen (Thurgau, Schweiz), Apolda (bei Weimar).
Wie so viele einheimische Obstarten sind Apfelbäume Rosengewächse. Apfelbäume erreichen ein Alter von bis zu hundert Jahren. Bis ins 19. Jahrhundert hinein zielte der Apfelanbau nicht primär auf wohlschmeckendes Tafelobst, sondern auf säurehaltige Sorten für Most. Dabei handelte es sich nicht um Apfelsaft, das heute wichtigste Apfelprodukt, sondern um eine Art Apfelwein, der aufgrund der (natürlichen) Vergärung lange haltbar und keimfrei blieb. Mit Birnenmost gemischt, wurde er süßer und trinkbarer. Most war das wichtigste »Trinkwasser«.
Die enorme Bedeutung von Apfelmost (und Bier) als alltägliches Getränk der Menschen hängt mit den hygienischen Verhältnissen vor der Einführung der Kanalisation zusammen. Wasser war in der Regel nur Brauchwasser, denn als Trinkwasser war es gesundheitsgefährdend, sofern man es nicht direkt einer fließenden Quelle, einem sauberen Fluss oder sonstigen fließenden Gewässern entnehmen konnte. Und auch das war eher mit Vorsicht zu genießen, denn »Naturwasser« enthält jede Menge an Mikroorganismen und Keimen. Sobald Wasser »steht«, in Pfützen und Seen, aber auch in Tonkrügen oder Fässern, vermehren sich diese Organismen; je länger es dauert und je wärmer es ist, umso mehr. Das Wasser verdirbt. Spätestens seit Beginn der Sesshaftigkeit hatten die Menschen damit zu kämpfen. Aufwendige Wasserleitungen wie die Rohrleitungen in antiken griechischen Städten, die römischen Aquädukte oder Speicheranlagen wie die gewaltigen unterirdischen Zisternen in Konstantinopel waren die absolute Ausnahme. Noch heute muss Trinkwasser aufbereitet werden, bevor es aus der Leitung kommt – eine allzu leicht als Selbstverständlichkeit hingenommene Grundlage unserer Zivilisation. Sauberes Trinkwasser ist außerhalb der technisch hochentwickelten Länder nach wie vor ein Problem – wie es das bis vor rund hundert Jahren fast überall war.
Deshalb die vielen Formen von Alkoholgärung als Most, Bier, Wein oder der Zusatz von alkoholischen Flüssigkeiten zum Wasser. Eigentlich waren früher alle Getränke alkoholische Getränke, auch für Kinder gab es nichts anderes. Die große Tradition vieler alkoholischer Getränke und auch Getränkemarken vom Bier über Wein bis zu Whisky und Rum liegt hier begründet, ebenso wie das weit verbreitete Trunkenheitsproblem schon in den ältesten Kulturen. Wer sich in
Weitere Kostenlose Bücher