Die Weltgeschichte der Pflanzen
Antike, Mittelalter, Renaissance, Frühneuzeit nicht in einem gehobenen gesellschaftlichen Milieu bewegte, in dem Maßhalten angesagt war, wie beispielsweise in einem mittelalterlichen Kloster, war fast immer alkoholabhängig. Der ewig betrunkene Bauer war eine Standard-Witzfigur über Jahrhunderte hinweg.
Es gab wahrhaftig keine Alternativen. Die exotischen Heißgetränke Tee, Kaffee und Kakao kamen in Europa erst nach 1600 auf und waren lange Zeit teure Luxusprodukte nur für die wohlhabende Oberschicht und wahrlich kein »Trinkwasser«.
An rauschfreien Getränkegenuss war also vor dem 19. Jahrhundert überhaupt nicht zu denken, weil es in der Regel eben kein keimfreies Frischwasser gab. Selterswasser, das kohlensäurehaltige Mineralwasser aus dem Taunusort Selters, welches der ganzen Gattung den Namen gab, kam erst um 1600 auf und wurde – in Steinkrügen versandt – alsbald ein Exportschlager. Natürlich ebenfalls ein Luxusprodukt. Sodawasser (künstlich mit Kohlensäureversetzt) wurde erst 1772 erfunden. Das Kuren mit Heilwässern aus »Brunnen« kam zur selben Zeit auf. Die Entwicklung vom Gesundheitswässerchen bis zum alltäglichen Tafelwasser, wie wir es heute kennen, zog sich durch das ganze 19. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert hinein. Noch im 19. Jahrhundert waren die Leute nur an Bier, Wein und Apfelwein gewöhnt.
Der Obstanbau auf Streuobstwiesen diente ebenfalls in erster Linie der Mostgewinnung und nicht den Tafelobstfreuden. Dafür wäre die Ernte von den hochstämmigen Obstbäumen, die auf den Wiesen extra angepflanzt wurden, viel zu aufwendig gewesen. Fallobst genügte zum Mosten und für Obstbrände. Mit der Anlage von Streuobstwiesen, die bis zum Zweiten Weltkrieg landschaftsprägend waren, begann man in größerem Umfang erst im 18. Jahrhundert, als der Obst- und Früchteanbau generell ausgeweitet wurde. Neben Äpfeln wurden auch Birnen, Süßkirschen und Pflaumen angepflanzt – für die Obstbrände. Bienen fanden auf Streuobstwiesen reiche Kost. Für die Fauna, insbesondere die Vögel, sind sie hervorragende Biotope. Eine Streuobstwiese ist etwas anderes als eine Obstplantage.
Seit der Entdeckung der künstlichen Düngung Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Streuobstwiesen auf ansonsten nährstoffarmen Böden noch einmal verstärkt und ausgeweitet. Man findet sie stellenweise heute noch, vor allem in Württemberg und Thüringen.
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat der Konsum von Zuckerwasser (in Form von Cola, Limonade und Fruchtsaftgetränken) gegenüber den Alkoholika deutlich an Boden gewonnen. Das mittlerweile allgegenwärtige Mineralwasser kam erst in jüngster Zeit hinzu. So wie der Alkoholgenuss und selbst der Alkoholmissbrauch über Jahrhunderte gesellschaftlich weitgehend akzeptiert war (außer bei Abstinenzlern und Muslimen), ist angesichts des enormem Verbrauchs von »Erfrischungsgetränken« die Überdosierung mit Zucker völlig akzeptiert. Mit ähnlich dramatischen Folgen für die Gesundheit.
Apfelsaft ist zusammen mit Orangensaft mit durchschnittlich rund zehn Litern pro Bundesbürger jährlich der beliebteste Fruchtsaft. Der Löwenanteil der Supermarkt-Säfte wird aus Konzentrat hergestellt, also verbrauchernah mit Wasser und Zucker wieder aufgefüllt. »Mit Zuckerzusatz« bedeutet laut Gesetz, dass bis zu 150 Gramm Zucker pro Liter erlaubt sind. Jeder kann zu Hause mit einer Haushaltswaage und einem 1-Liter-Krug Wasser nachprüfen, wie viel das ist und wie widerwärtig es schmeckt.
Nur »Direktsaft« wird direkt abgefüllt, wobei nicht mehr als 15 Gramm zusätzlicher Zucker enthalten sein dürfen. Schreibt der Hersteller »Ohne Zuckerzusatz« extra auf die Packung, sollte in der Tat kein weiterer Zucker hinzugefügt worden sein.
Seit Kriegsende hat sich der Fruchtsaftkonsum in Deutschland verzwanzigfacht. Damit sind die Deutschen die führenden Safttrinker weltweit. Es folgen Norwegen und Finnland, dann Österreich und die Schweiz. Danach die USA . An dieser enormen Zunahme erkennt man, wie stark nicht-alkoholische Getränke im 20. Jahrhundert die alkoholischen Getränke im Alltag ersetzt haben.
Auch Cidre und Calvados sind Apfelprodukte. Hochburg des perlenden Apfelsekts Cidre sind die französischen Anbauregionen Normandie und Bretagne. Die Herstellung verläuft ähnlich wie die des Champagners, aber überwiegend in Fässern. Flaschengärung gibt es bei Cidre nur in Nordspanien. In England trinkt man ihn als Cider. Von dort aus gelangte diese Tradition auch in
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