Die Weltgeschichte der Pflanzen
traditionelles Geburtstagsgeschenk, das niemals fehlen darf. Sind jahreszeitlich bedingt keine frischen Pfirsiche zur Hand, nimmt man eine Pfirsich-Nachbildung aus Weizen- oder Reismehl – so wie bei uns die Marzipanschweinchen als Glückssymbole zu Neujahr. Diese Pfirsich-Symbolik ist mit der Legende vom Allheilpfirsichbaum verknüpft, der nur alle 3000 Jahre blüht und Früchte trägt. In manchen Legendenvarianten genügen auch 1000 Jahre. Wem es gelingt, diese Früchte zu essen, der altert niemals. Und wer niemals altert, lebt ewig – ganz ähnlich wie bei den goldenen Götteräpfeln in indogermanischen Mythen.
Die Ohnmacht
der Bananen-Republiken
Banane
Die Banane ist die am meisten verzehrte Frucht und nach Weizen, Mais und Zucker die wichtigste Pflanze im Welthandel. Bedeutendste Exportländer sind Costa Rica, Ecuador, Panama und Honduras. Daher denkt man oft, die Banane sei in Mittelamerika heimisch. Genau das Gegenteil ist der Fall. Bananen kommen vom anderen Ende der Welt.
Musa , so die botanische Bezeichnung, stammt ursprünglich von den indonesischen Sunda-Inseln, aus den Regenwäldern rund um Borneo, vielleicht sogar letztlich aus Neuguinea. Neuguinea ist auch die Heimat des Zuckerrohrs und eines jener Handvoll Zentren auf dem Erdball, wo Menschen schon während der Jungsteinzeit sesshaft wurden, Ackerbau betrieben und Pflanzen kultivierten. Den Bananenanbau gab es auf Neuguinea schon um 7000 v. Chr. Von dort verbreitete er sich im indonesisch-malayischen Archipel.
Die erste, entscheidende Etappe auf der Reise der Banane um die halbe Welt ist Teil der erstaunlichen austronesischen Expansion. Die Bewohner der Sunda-Inseln waren diejenigen, die in den ein bis zwei Jahrtausenden vor der Zeitenwende die pazifische Inselwelt besiedelten: von Hawaii bis zu den Osterinseln und nach Neuseeland, ein riesiges Meeresgebiet mit vielen kleinen Inseln. Die Rapa Nui der Osterinseln und die Maori Neuseelands sind Nachfahren jener Austronesier, die auf den entlegensten Inseln der Welt etwa um 1200 bis 1000 v. Chr. eintrafen. Fast zur gleichen Zeit, als die ersten Hellenen in Griechenland einmarschierten. Als Inselbewohner waren die Austronesier schon in ihrem heimatlichenSunda-Gebiet rund um Borneo und Neuguinea erfahrene Seeleute. Nach ihrer Zugehörigkeit zu einer großen pazifischen Sprachfamilie werden alle diese Menschengruppen Austronesier genannt.
Ungefähr 1000 Jahre später, um die Zeitenwende, expandierten Austronesier auch Richtung Westen. Die Seefahrer aus Borneo überquerten den gesamten Indischen Ozean und entdeckten in Madagaskar eine kleine »Neue Welt«. Die Insel vor der afrikanischen Küste, ungefähr so groß wie Frankreich, war menschenleer, bis die ersten Katamaransegler aus Borneo dort landeten. Paradoxerweise ist Madagaskar in den Jahrhunderttausenden vorher nie vom nahen Ostafrika aus besiedelt worden. Das ist erstaunlich, weil alle Menschenarten vom Neandertaler angefangen, seit über hunderttausend Jahren vom nahe gelegenen Ostafrika aus die ganze Welt besiedelten – nur Madagaskar nicht. Der Grund dafür kann nur sein: Sie alle gingen zu Fuß und wagten sich nicht aufs Meer. Als dann endlich in historischer Zeit die Segler vom indonesischen Archipel nach Madagaskar kamen, brachten sie Reis und Bananen mit.
So gelangte die Banane rund 800 v. Chr. von Madagaskar aus auf den afrikanischen Kontinent, wo die Frucht ihren Namen aus der westafrikanischen Niger-Kongo-Sprache Wolof (verwandt mit Suaheli und Bantu) erhielt. Die Bezeichnung banana ist viel älter als der wissenschaftliche Terminus musa , ein latinisiertes arabisch/persisches Wort ( mus/mauz ) für »Frucht«. Bananengewächse bilden eine eigene botanische Familie.
Die afrikanischen Völker südlich der Sahara erkannten rasch den Nutz- und Nährwert der Banane. In den folgenden Jahrhunderten expandierte der Bananenanbau am Nordrand der tropischen Feuchtwaldzone bis nach Westafrika.
Die Spanier pflanzten Bananen schon vor der Kolumbus-Zeit auf den Kanarischen Inseln an. Bereits 1502, zehn Jahre nach der Entdeckung Amerikas, begannen sie, Plantagen in der Karibik anzulegen. Damit war die Banane in ihren heutigen Hauptanbaugebietenin Mittel- und Südamerika angekommen. Mindestens 2000 Jahre lang hatte sie im Gefolge verschiedenster Völkergruppen ihren weiten Weg von ihrem Ursprungsland rund um den halben Globus über drei Kontinente und zwei Ozeane zurückgelegt.
Botanisch korrekt ist die Banane eine Staude, kein Baum, und ihre
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