Die Weltgeschichte der Pflanzen
Pampa. Hier liegt der Ursprung der Paprika-Arten. Weil Vögel die Samen aufnehmen und nach gewisser Zeit unverdaut wieder fallen lassen, breitete sich die Chilli -Urpflanze in alle Himmelsrichtungen aus. Mit Sicherheit wurde sie vor 5000 v. Chr. in damals bereits fortgeschrittenen Ackerbauregionen in den peruanischen Anden und im Süden Mexikos (Tal von Tehuacán) angebaut und weitergezüchtet. Chilli zählt also mit Mais und Kürbis, Kartoffel, Bohne und Sonnenblumen zu den früh domestizierten Indianerpflanzen.
Zur Zeit der ersten großen europäischen Entdeckungen durch die Spanier und Portugiesen um 1500 war der Gewürzhandel der Motor des Welthandels. Für die Europäer war diese »scharfe« Chilli -Pflanze, die Kolumbus spätestens auf seiner zweiten Reise auch in der Karibik vorfand, sozusagen ein gefundenes Fressen. Es waren aber nicht die Spanier, sondern die Portugiesen, die im 16. Jahrhundert als einzige Europäer den Seeweg nach Indien und Asien kannten. Außerdem »besaßen« sie Brasilien, und sie waren es, die Chilli -Arten sogleich von dort aus nach Afrika, Indien und Ostasien bis nach Japan verpflanzten. Dort, wo scharfe Gewürze Tradition hatten, wurde chilli Bestandteil der heimischen Küchen. Scharfe Paprikaschoten werden zu Tabasco, indonesischem Sambal Olek und nordafrikanischer Harissa(-paste) verarbeitet. Paprika sind also ein international sehr verbreitetes Gewürz geworden.
Während sich die Portugiesen in Südasien ihr großräumiges, maritimes Kolonialreich schufen, breiteten sich die osmanischen Türken im Anschluss an ihre Eroberung von Konstantinopel im Nahen Osten aus und schufen die Grundlagen für ihr Weltreich. Das war das Werk der unmittelbaren Nachfolger des »Eroberers«, der Sultane Bayezid II ., Selim sowie Süleimans des Prächtigen (welcher 1529 erstmals Wien belagerte). In jener Zeit berührten sich die portugiesischen und osmanischen Machtsphären – am Nordrand des Arabischen Meeres zwischen der Straße von Hormus am Ausgang des Persischen Golfs und Nordwestindien. 1509 kam es zu einerfolgenschweren Seeschlacht beim indischen Hafen Diu, nördlich von Mumbai. Es wurde ein Trafalgar für die Portugiesen, die eine ägyptisch-arabisch-indische Flotte besiegten. Dadurch errangen sie nur zehn Jahre nach ihrer Entdeckung des indischen Seewegs die Seeherrschaft im gesamten Indischen Ozean. Damit war nicht nur für die Portugiesen, sondern auch für die ihnen nachfolgenden niederländischen und britischen Kolonialmächte der Weg nach Asien frei. Von nun an liefen die Ost-West-Welthandelsströme definitiv nicht mehr über das Mittelmeer, sondern über Lissabon, später Antwerpen und Amsterdam und schließlich über London.
Über diesen kleinen Umweg via Indien und Südpersien gelangte Paprika ins Osmanische Reich. Nachdem die Türken Paprika in Südpersien kennengelernt hatten, ließen sie ihn unter anderem in der ungarischen Tiefebene anpflanzen, heute noch der Inbegriff von Paprika-Land. Schon 1542 wurde die Pflanze in einem der bedeutendsten botanischen Sammelwerke jener Zeit aktenkundig. Leonhart Fuchs (1501-1566), einer der Begründer der modernen Pflanzenkunde, erwähnt sie in seinem Kräuterbuch De Historia Stirpium . Der zu seiner Zeit hochberühmte Gelehrte legte in Tübingen für die Universität einen der ersten Botanischen Gärten an und wurde von Kaiser Karl V. in den Adelsstand erhoben. Die Pflanzengattung der Fuchsien ist nach ihm benannt.
Paprikaschoten als Gemüse und scharfes Chili-Paprika sind in vielen Küchen rund um den Globus eingebürgert. In der südamerikanischen und der Tex-Mex-Küche (Chili con carne) sowieso, in allen großen asiatischen Küchen (China ist das mit Abstand größte Anbauland vor Mexiko und Türkei), in allen mediterranen Küchen und auf dem Balkan. Der größte Klassiker Mitteleuropas ist natürlich das ungarische, mit Paprika gewürzte Gulasch. In Ungarn ist es allerdings eine Suppe, kein Schmorgericht.
Paprikapulver ist getrocknete und gemahlene Paprika, je nach Sorte in verschiedenen Graden von Schärfe, die davon abhängt, wie viel vom »Innenleben« der Frucht mitvermahlen wird. Anfangdes 20. Jahrhunderts wurde in Ungarn eine mild schmeckende Mutante entdeckt, die man weiterzüchtete. Erst so entstanden die milden (Gemüse-)Sorten.
Die unterschiedlichen Rotfärbungen gehen auf den unterschiedlichen Gehalt an »Carotinen« (Carotinoiden) zurück, wie meistens bei Pflanzen mit gelblich-rötlichen Färbungen.
Sogar in
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