Die Weltgeschichte der Pflanzen
Grundvoraussetzung für das Verständnis von der Ausbreitung der Pflanzen. Denn gerade die auffällige Artenarmut im nordalpinen Europa ist natürlich eine Folge der Eiszeiten.
Ähnlich wie bei den Inka genießt die Sonnenblume heute kultische Verehrung bei den Grünen und in der Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung. Deren Logo mit der mehrstrahligen, lächelnden roten Sonne auf gelbem Grund kam Anfang der Siebzigerjahre erstmals bei der dänischen Anti-Atomkraft-Bewegung in Gebrauch. Die Gestaltung ist dem Aussehen der Sonnenblume nachempfunden. Grüne Wahlgewinner und andere Ehrenträger der Partei bekommen stets einen Strauß Sonnenblumen überreicht. Ein seltener Fall einer Symbolbildung mit Pflanzen in der modernen Gegenwart.
Der Duft der großen weiten Welt
Tabak
Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, sich vorzustellen, wovon sich Amerikaner heute ernähren würden, wenn die Europäer nach Kolumbus nicht ihrerseits Kulturpflanzen über den Atlantik in die Neue Welt gebracht hätten, oder wenn es aus irgendwelchen botanischen Gründen niemals möglich gewesen wäre, Pflanzen auf andere Kontinente zu »verpflanzen«. Was wäre, wenn dieser ganze globale Agraraustausch einfach nicht stattgefunden hätte? Die Amerikaner könnten keinen Weizen, keinen Zucker (weder Zuckerrüben noch das »indische« Zuckerrohr), keine Bananen, keine Zitrusfrüchte, keinen Kaffee oder Tee anbauen. Übrigens kannten die Indianer außerdem so gut wie keine domestizierten Tiere, nicht einmal Rinder, Schweine oder Pferde! Gebratenes Bison wäre fast der einzige fleischliche Proteinlieferant.
Die Neue Welt müsste sich von Kartoffeln, Erdnüssen, Mais, Kürbis, Gartenbohnen, Tomaten und einigen anderen Gemüsen ernähren. Bier wäre wohl ausschließlich Maisbier. (Das gab es bei den Inka; Fermentationsmittel war Spucke.) Wildreis, Hirse und Maniok würden eine größere Rolle spielen. Man hätte auch eine Wildapfelart kultivieren können. Zum Nachtisch gäbe es Ananas, Erdbeeren und allerlei Früchte.
Der auffälligste Unterschied zur heutigen Situation ist das Fehlen von Brotgetreide und Zitrusfrüchten. Immerhin wäre die Ernährungssituation in Amerika wesentlich besser gewesen als in Europa. Außer zur Ernährung hätten die Amerikaner noch bedeutende Nutzpflanzen wie Baumwolle und den Kautschukbaum, sowie zwei große Drogenpflanzen – den Kokastrauch und Tabak.
Tabak ist ein exzellentes Beispiel für den im 16. Jahrhundert gleich nach der Entdeckung Amerikas einsetzenden Welthandel mit agrarischen Gütern. Denn Tabak war nicht nur in Europa begehrt, sondern die Spanier brachten ihn auch nach Mekka, Madras und Manila.
Der französische Botschafter in Portugal Jean Nicot (1530-1604) führte Tabak zunächst als Heilpflanze in Europa ein. Von seinem Namen sind auch die wissenschaftliche Bezeichnung ( Nicotiana ) und der Begriff »Nikotin« abgeleitet.
Nicot hielt die Pflanze für ein Wundermittel, besonders zur Behandlung von Geschwüren durch das Aufgießen und Auflegen von Tabakblättern. Mit Tabakrauchen war die erste europäische Nutzung von Nicotiana also nicht verbunden. Die migränekranke Katharina de Medici (1519-1589) benutzte Tabak in Form von Schnupftabak ( Poudre de la reine ) und erhoffte sich davon Linderung für ihre Kopfschmerzen.
Angekommen war der Tabak natürlich schon vorher in Spanien im Jahr 1518, knapp 30 Jahre nach der Entdeckung Amerikas. Gleich auf seiner ersten Fahrt bekam Kolumbus auf San Salvador Tabakblätter geschenkt, konnte allerdings zunächst nichts damit anfangen. Nie zuvor hatte ein Europäer gesehen, dass man zusammengerollte Pflanzenblätter rauchen konnte. Doch die Spanier lernten schnell. In Kuba beobachteten sie »Männer mit angebrannten Holzstücken im Mund«.
Das »Tabak trinken«, wie es früher genannt wurde, übernahmen die Europäer von den Indianern. Diese genossen ihn in den unterschiedlichsten Formen: gekaut, geschnupft, in der Pfeife geraucht oder zusammengerollt.
Nachdem die Spanier den Gebrauch von Pfeife oder Zigarre verstanden und schätzen gelernt hatten, hüteten sie ihr Monopol auf das interessante Produkt argwöhnisch. Auf die Ausfuhr von Tabaksamen stand die Todesstrafe. Das Fertigprodukt wurde sehr gewinnbringend auf dem europäischen Markt verkauft. Im Laufedes Jahrhunderts kam das Rauchen und Schnupfen von Tabak in Europa in Mode. Auch im England Shakespeares und der Königin Elisabeth I . gönnte man sich gern ein Pfeifchen. Das neue Luxusprodukt musste in
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