Die Wesen (German Edition)
ersehnte hatte. Das Herausschneiden seines Leids, das Auslöschen seiner Albträume.
Eine kleine, transparente Dose in seiner Hand weckte die Aufmerksamkeit seines Opfers. Wespen. Er hatte ihnen fein säuberlich die Flügel entfernt. Aggressiv und nervös bewegten sie sich in ihrem Behältnis. Ein kleines Loch, das genau auf den Schlauch passte, öffnete sich. Die angstgeweiteten Augen des Pfarrers folgten den Insekten.
Hektisch und wütend bahnten sie sich ihren Weg. Immer wieder versuchten sie, mit ihren Stacheln in den Plastikschlauch zu stechen. Langsam näherten sie sich dem Knebel. Der Pfarrer versuchte, nicht zu atmen. Nicht die tödlichen Tiere mit der Luft einzusaugen. Trotzdem bildete sich ein dünner Film aus Kondensat an der Schlauchwand. Dann rutschten die Wespen in der Feuchtigkeit aus und glitten durch den Knebel, direkt in seine Kehle. Der Schluckreflex wurde ausgelöst. Dann beschlug der Schlauch nicht mehr. Der Hals des Pfarrers schwoll an. Ebenso sein Glied. Jetzt wussten sie beide, dass es vorbei war.
Ironischerweise fing Luigi Gambretta nach einer militärischen Spezialausbildung, die ihn über alle Kontinente der Erde führte, an, für den Vatikan zu arbeiten. Als er angeworben wurde, kam es ihm wie reiner Zufall vor. Es war eine Geheimabteilung. Ein eigener Geheimdienst. Wer dachte, die Schweizergarde sei der einzige Schutz und die einzige Waffe des Vatikanstaates, war ebenso töricht zu glauben, die Queen würde allein die schwarz-roten Soldaten mit ihren gigantischen Bärenfellmützen für die Belange des Empire einsetzen.
Luigi Gambrettas Aufgabe bestanden allerdings hauptsächlich darin, innere Angelegenheiten zu ‚regeln’. Was bedeutete, dass er damit beschäftigt war, Anhänger des Klerus aus dem Weg zu räumen. So hatte er dafür gesorgt, dass der jetzige Papst zu seinem Amt gekommen war. Gambretta knüpfte damit an das an, was er konnte und hatte darin seine Berufung gefunden. Allerdings erfüllte es ihn nie wieder mit der gleichen Genugtuung wie an jenem Tag der Bischofskonferenz.
Durch den Schlitz zwischen den Fahrstuhltüren sah Luigi Gambretta erst eins, dann ein zweites beleuchtetes Untergeschoss vorbeigleiten. Dann Schwärze. Er spürte, wie es immer tiefer unter die Erde ging. Seine Muskeln spannten sich im maßgeschneiderten Anzug.
„Kann ich davon ausgehen, dass unsere Angelegenheit erledigt wird, mein Sohn?“
Luigi Gambretta packte Kardinal Monteluca blitzschnell zwischen die Beine und presste ihn gegen die Fahrstuhlwand. Das Gambretta hatte er dabei so gedreht, dass er dem Kardinal mit einem kurzen Ruck, durch den Stoff der Hose und die Haut, beide Hoden abgetrennt hätte, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen. Kardinal Monteluca schrie auf.
„Wenn du Stück kinderfickende Scheiße mein Vater wärst“, sagte er und schraubte das Gambretta noch fester um die Testikel des Kardinals, „sei versichert, selbst deinem Gott fehlte dafür die Fantasie. Sag das also nie wieder, oder ich schlage dir deine Dritten so tief ins Maul, dass du auf deiner Hypophyse Kaugummi kauen kannst.“
Als der Fahrstuhl in der Dunkelheit hielt und die Türen sich öffneten, stieg er aus. Kardinal Monteluca stützte sich gegen die Metallwand, schöpfte Atem und folgte ihm.
Von Bewegungsmeldern ausgelöst, flackerte Neonbeleuchtung auf. Sie standen in einem trockenen Vorraum. Die Wände waren aus poliertem Beton. Kein Staubkorn auf dem spiegelnden Boden. Nur das leise Rauschen einer Lüftungsanlage und das Summen der Neonröhren in der Stille.
„Folgen sie mir!“, sagte Kardinal Monteluca und ging auf die einzige Tür zu.
Ihre Schritte hallten von den Wänden wider. Kardinal Monteluca zog eine Karte durch ein elektronisches Lesegerät neben der Stahltür. Mit einem leisen Klicken sprang sie auf.
Er hielt inne.
„Außer mir und ihnen gibt es nur noch eine einzige Person, die Kenntnis vom Inhalt dieses Raumes hat. Und wir möchten, dass dies so bleibt. Sie bekommen als Einziger diese einmalige Gelegenheit. Damit sie die Tragweite ihres Auftrags in seinem ganzen Umfang und seiner Bedeutung für die gesamte Menschheit begreifen.“
Dann drückte er langsam die schwere Tür auf.
Luigi Gambrettas Mund stand offen, als er in die riesige unterirdische Halle blickte.
„Mein Gott“, raunte er.
3
Figaro Slinkssons stand knietief im sumpfigen Wasser des Bayou. Aus dem modrigen Schlamm stieg der Geruch von Fäulnis und Verwesung. Die Moskitos machten die
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