Die Wespenfabrik
stellte
zufrieden fest, daß ich die Zahl der Drehungen gut berechnet
hatte, denn die Klinge fuhr jedesmal kerzengerade in die vielfach
zerschnittene Baumrinde.
Nach meiner Rückkehr ins Haus wusch ich mich, zog ein anderes
Hemd an und erschien rechtzeitig in dem Moment in der Küche, als
Mrs. Clamp den ersten Gang auftrug, der aus irgendeinem Grund aus
einer kochendheißen Brühe bestand. Ich schwenkte eine
Scheibe weiches, duftendes Brot darüber, während sich Mrs.
Clamp über den Teller beugte und geräuschvoll
schlürfte und mein Vater krümeliges Vollkornbrot, das
aussah, als wären Sägespäne hineingebacken worden,
über seinem Teller zerbröselte.
»Und wie geht es Ihnen, Mrs. Clamp?« fragte ich
höflich.
»Oh, mir geht es gut«, sagte Mrs. Clamp und zog
die Brauen zusammen wie das verhedderte Ende eines Wollfadens beim
Aufribbeln einer Socke. Sie vollendete das Stirnrunzeln in Richtung
des tropfenden Löffels unter ihrem Kinn und erzählte ihm:
»Ja, wirklich, mir geht es gut.«
»Finden Sie es nicht furchtbar heiß?« fragte ich
und summte vor mich hin. Ich fächerte weiterhin mit dem Brot
meiner Suppe Kühlung zu, während mein Vater mir einen
finsteren Blick zuwarf.
»Es ist Sommer«, erklärte Mrs. Clamp.
»Ach ja«, sagte ich. »Das hatte ich ganz
vergessen.«
»Frank«, sagte mein Vater ziemlich undeutlich, da er den
Mund voller Gemüse und Holzspäne hatte. »Ich vermute,
du hast das Fassungsvermögen dieser Löffel nicht mehr im
Gedächtnis, oder?«
»Ein Sechzehntelliter?« schlug ich arglos vor. Er verzog
das Gesicht zu einer grimmigen Miene und schlürfte weiter seine
Suppe. Ich schwenkte immer noch das Brot hin und her und hielt nur
inne, um die braune Haut, die sich an der Oberfläche meiner
Brühe gebildet hatte, zu zerstören. Mrs. Clamp
schlürfte ebenfalls weiter.
»Und wie laufen die Dinge in der Stadt, Mrs. Clamp?«
fragte ich.
»Sehr gut, soweit ich weiß«, berichtete
Mrs. Clamp ihrer Suppe. Ich nickte. Mein Vater blies in seinen
Löffel. »Der Hund der Mackies ist verschwunden, das
habe ich jedenfalls gehört«, fügte Mrs. Clamp
hinzu. Ich hob leicht die Brauen und lächelte besorgt. Mein
Vater hielt im Blasen inne und sah auf, und das Plätschern
seiner Suppe, die vom Löffel tropfte – der Löffelstil
war leicht nach unten gesackt, bevor Mrs. Clamp den Satz ganz
ausgesprochen hatte –, hallte durch den Raum, wie wenn Pisse in
die Kloschüssel plätschert.
»Wirklich?« sagte ich und benutzte mein Brot immer noch
als Fächer. »Wie schade. Nur gut, daß mein Bruder
nicht in der Gegend ist, sonst würde man ihm wieder die Schuld
daran in die Schuhe schieben.« Ich lächelte, sah meinen
Vater an und dann wieder Mrs. Clamp, die mich mit zusammengekniffenen
Augen durch den von ihrer Suppe aufsteigenden Rauch betrachtete. Bei
dem Stück Brot, das ich über meiner Suppe schwenkte, machte
sich eine gewisse Materialermüdung bemerkbar, und es zerbrach.
Ich fing das herunterfallende Stück geschickt mit der freien
Hand auf und legte es auf meinen Beilagenteller, dann nahm ich
zaghaft einen knappen Löffel voll von der Oberfläche der
Brühe.
»Hm«, sagte Mrs. Clamp.
»Mrs. Clamp konnte deine fertigen Frikadellen heute nicht
bekommen«, sagte mein Vater und räusperte sich bei der
ersten Silbe von ›konnte‹, »deshalb hat sie dir statt
dessen Hackfleisch mitgebracht.«
»Gewerkschaften!« murmelte Mrs. Clamp finster und
spuckte in ihre Suppe. Ich stützte den Ellbogen auf den Tisch,
legte die Wange auf die Faust und sah sie verwirrt an. Ohne Erfolg.
Sie blickte nicht auf, und schließlich zuckte ich die Achseln
und fuhr mit dem Essen fort. Mein Vater hatte den Löffel aus der
Hand gelegt und wischte sich mit einem Ärmel über die Stirn
und benutzte einen Fingernagel zu dem Versuch, ein Stück von
etwas, das meiner Vermutung nach ein Holzspan war, aus seiner oberen
Zahnreihe zu puhlen.
»Gestern ist bei dem neuen Haus ein Feuer ausgebrochen, Mrs.
Clamp; ich habe es gelöscht. Ich war gerade dort unten und habe
es gesehen und gelöscht«, erzählte ich.
»Gib nicht so an, mein Junge«, wies mich mein Vater
zurecht. Mrs. Clamp hielt ihre Zunge im Zaum.
»Na ja, ich habe es nun mal gemacht.« Ich
lächelte.
»Ich bin überzeugt, daß Mrs. Clamp das absolut
nicht interessiert.«
»Oh, das würde ich nicht sagen«, widersprach
Mrs. Clamp und nickte mit verblüffend viel Nachdruck.
»Siehst du?« sagte ich und summte vor mich hin,
während ich meinen Vater ansah und Mrs.
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