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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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dem
Wasser hob. In dem kleinen Becken um ihn herum schwammen Stücke
von verklumptem, halbverbranntem Fell. Ein Hauch des Geruches von
verbranntem Fleisch umwehte meine Nase, und ich spürte, wie mir
etwas den Hals zuschnürte, direkt unter dem Adamsapfel.
    Ich holte den Beutel mit Stahlprojektilen heraus, legte eins in
die Sehne der Schleuder, deren Haken ich vom Gürtel gelöst
hatte, streckte die Arme aus, hielt eine Hand in der Nähe des
Gesichts, das naß vom Schweiß war, und ließ
los.
    Der Kopf des Hundes zuckte aus dem Wasser, das aufspritzte und das
Tier von mir wegtrieb und auf die Seite warf. Es schwamm ein wenig
flußabwärts, dann prallte es am Ufer ab. Etwas Blut rann
aus dem Loch, wo das eine Auge gewesen war. »Frank wird dich
schnappen«, flüsterte ich.
     
    Ich zog den Hund aus dem Wasser und grub mit meinem Messer ein
Loch in den torfigen Boden ein Stück weiter
flußaufwärts, wobei es mich wegen des Gestanks des
Leichnams hin und wieder würgte. Ich begrub das Tier, sah mich
erneut um und ging dann, nachdem ich die leicht auffrischende Brise
abgeschätzt hatte, ein Stück weit weg und zündete das
Gras an. Die Flammen huschten über die letzten Feuerspuren des
brennenden Hundes und über sein Grab. Sie wurden vom Fluß
aufgehalten, so wie ich mir das gedacht hatte, und ich trampelte ein
paar versprengte Funken am anderen Ufer aus, wo ein paar
glühende Halme hingeweht worden waren.
    Nachdem das erledigt und der Hund begraben war, machte ich mich im
Laufschritt auf den Weg nach Hause.
     
    Ich gelangte ohne weiteren Zwischenfall nach Hause, kippte zwei
große Gläser Wasser in mich hinein und versuchte, mich in
einem kühlen Bad mit einer Packung Orangensaft, die etwas
wackelig auf dem Wannenrand stand, zu entspannen. Ich zitterte immer
noch und verwendete viel Zeit darauf, den Brandgeruch aus meinen
Haaren herauszuwaschen. Düfte einer vegetarischen Mahlzeit
drangen aus der Küche herauf, wo mein Vater kochte.
    Ich war überzeugt, daß ich meinen Bruder fast gesehen
hatte. Ich kam zu dem Schluß, daß dort nicht der Ort war,
an dem er sich momentan versteckte, doch er war dort gewesen, und ich
hatte ihn knapp verpaßt. In gewisser Weise war ich erleichtert,
und das war schwer hinzunehmen, aber es war die Wahrheit.
    Ich sank zurück und ließ mich vom Wasser umspülen.
Ich zog meinen Bademantel an und ging in die Küche hinunter.
Mein Vater saß mit Unterhemd und Short bekleidet am Tisch, die
Ellbogen aufgestützt, den Blick in den Inverness Courier versenkt. Ich stellte die Packung Orangensaft in den
Kühlschrank zurück und hob den Deckel des Topfes, in dem
ein Curry abkühlte. Schüsseln mit Salat als Beilage standen
auf dem Tisch. Mein Vater blätterte in seiner Zeitung weiter,
ohne mich zu beachten.
    »Heiß, was?« sagte ich, da mir nichts anderes
einfiel.
    »Hmm.«
    Ich nahm am anderen Ende des Tisches Platz. Mein Vater
blätterte wieder eine Seite weiter, ohne den Kopf zu heben. Ich
räusperte mich.
    »Es hat gebrannt, drunten bei dem neuen Haus. Ich habe das
Feuer gesehen. Ich bin hingegangen und habe es gelöscht«,
sagte ich, um mich abzusichern.
    »Es ist das typische Wetter für so etwas«, sagte
mein Vater, ohne aufzublicken. Ich nickte und kratzte mich
unauffällig durch den Frottierstoff meines Bademantels im
Schritt.
    »Ich habe im Wetterbericht gesehen, daß es irgendwann
morgen nachmittag umschlagen wird.« Ich zuckte die Achseln.
»Stimmt, so hieß es.«
    »Na ja, wir werden sehen«, sagte mein Vater,
während er zur ersten Seite der Zeitung
zurückblätterte und aufstand, um nach dem Curry zu sehen.
Ich nickte wieder, spielte mit dem Ende des Gürtels von meinem
Bademantel und sah nebenbei auf die Zeitung. Mein Vater beugte sich
vor, um die Mischung in dem Topf zu beschnuppern. Ich strengte meine
Augen an.
    Ich sah ihn an, stand auf, ging um den Tisch herum zu dem Stuhl,
auf dem er gesessen hatte, und stellte mich so hin, als wollte ich
zur Tür hinausschauen, aber in Wirklichkeit war mein Blick zu
der Zeitung hingeneigt. Die Überschrift GEHEIMNISVOLLER BRAND IN
FERIENVILLA bedeckte das obere Achtel der Vorderseite in der linken
Spalte. Ein Ferienhaus südlich von Inverness war kurz vor
Redaktionsschluß der Zeitung in Flammen aufgegangen. Die
Untersuchungen der Polizei dauerten noch an.
    Ich ging wieder auf die andere Seite des Tisches und setzte
mich.
    Schließlich aßen wir das Curry und den Salat, und ich
fing wieder an zu schwitzen. Ich hatte einmal gedacht, daß

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