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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Zimmer.
     
    Abgesehen davon, daß sich das Curry immer wieder bei meinem
Vater in Erinnerung brachte, war er sehr still. Als der Abend sich
etwas abkühlte, ging ich spazieren, einmal um die Insel. Wolken
trieben vom Meer herein, schlossen den Himmel wie eine Tür und
hielten die Hitze des Tages über der Insel gefangen. Donner
grollte auf der anderen Seite der Hügel, ohne daß es
blitzte. Ich schlief unruhig, lag schwitzend und mich herumwerfend
und hin- und herdrehend in meinem Bett, bis eine blutrote
Morgendämmerung über dem Sandstrand der Insel aufstieg.

 
11
DER VERLORENE SOHN
     
     
    Ich erwachte aus der letzten Runde eines ruhelosen Schlafs, weil
meine Steppdecke neben dem Bett zu Boden gefallen war. Trotzdem
schwitzte ich. Ich stand auf, duschte, rasierte mich gründlich
und stieg zum Dachboden hinauf, bevor die Hitze dort oben
unerträglich wurde.
    Auf dem Dachboden war es sehr stickig. Ich öffnete die
Dachfenster und streckte den Kopf hinaus, um das Land hinten und das
Meer vorn durchs Fernglas zu betrachten. Der Himmel war immer noch
bedeckt, das Licht wirkte müde, und die Luft schmeckte
abgestanden. Ich hantierte ein wenig an der Fabrik herum,
fütterte die Ameisen und die Spinne und die Venus, untersuchte
Drähte, staubte das Glas über dem Zifferblatt ab,
prüfte Batterien und ölte Türchen und andere
mechanische Teile und tat das alles mehr zu meiner eigenen Beruhigung
als aus irgendeinem anderen Grund. Ich staubte auch das Tischchen ab
und ordnete darauf sämtliche Gegenstände sorgfältig
mit einem Lineal, damit alles einwandfrei symmetrisch ausgerichtet
war.
    Als ich nach unten kam, war ich bereits vollkommen verschwitzt,
hatte jedoch keine Lust, schon wieder zu duschen. Mein Vater war
inzwischen aufgestanden und machte das Frühstück,
während ich mir das Sonntagmorgenprogamm im Fernsehen ansah. Wir
aßen schweigend. Im Laufe des Vormittags unternahm ich noch
einen Rundgang um die Insel und holte unterwegs den Köpfe-Beutel
aus dem Bunker, damit ich einige notwendige Reparaturarbeiten an den
Pfählen durchführen konnte.
    Ich brauchte länger als sonst für die Runde, denn ich
blieb immer wieder stehen und stieg auf die nächste Düne,
um die Zugänge zur Insel zu überblicken. Nirgends entdeckte
ich etwas. Die Köpfe an den Opferpfählen waren im
allgemeinen in einem ziemlich guten Zustand. Ich mußte
lediglich ein paar Mäuseköpfe ersetzen, das war schon
alles. Die anderen Köpfe und die Wimpel waren in Ordnung. Ich
fand am landwärtigen Hang einer Düne, gegenüber der
Inselmitte, eine tote Möwe. Ich nahm den Kopf und begrub den
Rest in der Nähe eines Pfahls. Ich packte den Kopf, der bereits
anfing zu stinken, in eine Plastiktüte und stopfte diese in den
Köpfe-Beutel zu den getrockneten Exemplaren.
    Ich hörte zunächst, dann sah ich, wie die Vögel
aufgeschreckt emporflogen, als sich jemand auf dem Weg näherte,
doch ich wußte, daß es nur Mrs. Clamp war. Ich kletterte
auf eine Düne, um sie zu beobachten, und sah, wie sie mit ihrem
uralten Lieferfahrrad über die Brücke strampelte. Ich
ließ den Blick noch einmal über das Weideland und die
Dünen dahinter schweifen, nachdem sie um die letzte Düne
vor dem Haus gebogen war, doch es war nichts da, nur Schafe und
Möwen. Rauch stieg von der Müllkippe auf, und ich
hörte schwach das gleichmäßige Brummen einer alten
Diesellok auf den Eisenbahnschienen. Der Himmel blieb verhangen,
hellte sich jedoch immer mehr auf, und es wehte ein stickiger Wind
aus unbestimmter Richtung. Draußen auf dem Meer konnte ich ein
goldenes Blinken ausmachen, in der Nähe des Horizonts, wo das
Wasser unter der aufgerissenen Wolkenschicht glitzerte, doch das war
weit, weit draußen.
    Ich beendete meine Inspektion der Opferpfähle und verbrachte
anschließend eine halbe Stunde bei der alten Schiffswinde, wo
ich mich ein wenig im Zielen übte. Ich stellte einige Dosen auf
das rostige Eisenblech des Trommelgehäuses auf, ging
dreißig Meter zurück und schoß sie alle mit meiner
Schleuder ab, wobei ich nur drei zusätzliche Stahlprojektile
für die sechs Dosen benötigte. Ich stellte sie erneut auf,
nachdem ich alle Geschosse, außer einer der großen
Kugellagerkugeln, wieder eingesammelt hatte, nahm noch mal die
gleiche Position ein und schoß mit Kieselsteinen auf die Dosen;
diesmal brauchte ich vierzehn Schuß, bevor alle Dosen
heruntergefallen waren. Zuletzt warf ich ein paarmal mit dem Messer
auf einen Baum in der Nähe des alten Schafspferchs und

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