Die widerspenstige Braut (German Edition)
hervor.
Alle erstarrten auf seinen Ruf hin und gafften ihn an. Außer Lizzie. Die ging einfach weiter und blickte nicht zurück. Dennoch änderte sich etwas an ihrem Gang. Sie schien kurz davorzustehen loszurennen.
Er eilte ihr nach und ergriff ihren Arm.
»Lord Hawkeswell – also wirklich «, schalt ihn Mrs Joyes mit überraschtem Gesichtsausdruck. Sie blickte mit besorgter Neugier zu Summerhays.
»Hawkeswell …«, begann Summerhays.
Dieser hob eine Hand, um Summerhays zum Schweigen zu bringen. Er starrte auf die zierliche Nase, die gerade aus dem Schatten der Haube ragte. »Sehen Sie bitte mich an! Sofort! Ich verlange es.«
Zuerst tat Lizzie gar nichts, doch nach einer langen Pause drehte sie sich zu ihm um. Sie schüttelte seine Hand von ihrem Arm und sah ihn an. Fast berührten die langen, dichten Wimpern ihre schneeweiße Wange.
Ein seltsames Gefühl durchströmte ihn. Zorn? Furcht? Niemals zuvor hatte er so etwas verspürt wie in diesem Moment.
Langsam hob Lizzie die Wimpern. Es war nicht das Gesicht, das ihm Gewissheit verschaffte. Nicht seine ovale Form oder ihr dunkles Haar oder ihr Rosenmund. Es war die Resignation, das Bedauern und der Anflug von Rebellion in ihren blauen Augen.
» Verdammt , Verity! Sie sind es wirklich!«
2
»Wenn sie nicht in zwei Minuten hier unten ist, werde ich hochgehen. Ich schwöre, ich werde dieses Haus mit bloßen Händen einreißen, wenn ich muss, und …«
»Beruhigen Sie sich, Sir! Ich bin sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt.«
»Mich beruhigen? Mich beruhigen? Meine vermisste und seit zwei Jahren für tot gehaltene Frau genießt ein paar Meilen von London entfernt das Landleben, während sie ganz genau weiß, dass die Welt nach ihr sucht, und Sie sagen, dass ich mich beruhigen soll? Ich möchte Sie daran erinnern, Mrs Joyes, dass Ihre Rolle in dieser Angelegenheit ans Verbrecherische grenzt und dass …«
»Ich werde mir keine weiteren Drohungen anhören, Lord Hawkeswell. Wenn Sie sich ausreichend beruhigt haben, um eine höfliche Unterhaltung zu führen, lassen Sie es mich wissen. In der Zwischenzeit werde ich am oberen Treppenabsatz mit meiner Pistole warten, für den Fall, dass Sie rabiat werden sollten.« Mrs Joyes’ ätherisch blasse Eleganz schwebte aus dem Wohnzimmer.
Summerhays hatte derweil die Schränke durchforstet. »Ah, da haben wir ja etwas Port! Schluss mit diesem infernalischen Auf-und-ab-Gehen, und reiß dich endlich zusammen, Hawkeswell! Du stehst kurz davor, zu einem unausstehlichen Idioten zu werden.«
Hawkeswell konnte in der Tat nicht aufhören, auf und ab zu gehen. Oder nach oben zu starren, dorthin, wo diese Frau hingeflüchtet war. »Wenn in der Geschichte der Welt jemals ein Mann eine Entschuldigung hatte, sich wie ein Idiot zu verhalten, Summerhays, dann bin ich das. Außerdem stehe ich sowieso schon wie ein Idiot da, also habe ich nichts zu verlieren.«
»Keine Gläser. Das hier muss genügen.« In einer Hand hielt Summerhays eine filigrane Teetasse und goss mit der anderen den Portwein hinein. »Jetzt trink und zähl bis fünfzig! Wie in alten Zeiten, wenn du dich so schlimm aufgeregt hast.«
»Ich werde dämlich aussehen, wenn ich aus dieser … ach, was soll’s!« Hawkeswell riss ihm die Tasse aus der Hand und kippte ihren Inhalt hinunter. Doch es half nicht viel.
»Und jetzt fang an zu zählen!«
»Ich denk doch gar nicht dran …«
»Zähl schon! Oder ich werde dir Vernunft einprügeln müssen, und es ist viele Jahre her, dass dein Temperament mich dazu gezwungen hat. Eins, zwei, drei …«
Zähneknirschend begann Hawkeswell zu zählen. Und umherzulaufen. Die rote Farbe verschwand aus seinem Gesicht, aber die Wut wurde kaum weniger. »Ich kann nicht glauben, dass Mrs Joyes und deine Frau nicht wussten, wer diese Lizzie in Wirklichkeit ist.«
»Wenn du noch einmal andeutest, dass meine Frau lügt, werde ich erst dann mit dir fertig sein, wenn dich ein Fuhrwerk in die Stadt zurückbringen muss«, drohte Summerhays.
»Da wir schon bei alten Zeiten sind, vergisst du besser nicht, dass ich genauso gut austeilen wie einstecken kann. Eher besser.« Hawkeswell bemühte sich, seine Wut zurückzudrängen und seine Schritte abzuzählen. »Was ist das hier überhaupt für ein verdammter Ort?«, fragte er, als er bis dreißig gekommen war. »Wer nimmt denn eine Fremde auf und fragt nicht nach ihrer Vorgeschichte? Das ist unsinnig. Verrückt.«
»Nicht nachzufragen ist ihre oberste Regel. Offenbar ist Mrs
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