Die Wiederkehr des Meisters
Welt. Die dunkle Gasse, in der sich der Bühneneingang des Bronze befand, mündete in eine etwas größere Straße. Eine einsame Laterne beleuchtete den Eingang. Mit einem immer stärker werdenden Gefühl drohender Gefahr rannte Buffy auf die Straße zu und bog um die Ecke.
Sie hatte nicht mit ihm gerechnet. Blitzschnell packte Buffy die schattenhafte Gestalt, drückte sie gegen die Wand und hielt sie fest.
Wütend starrte sie in das Gesicht des Vampirs.
Und merkte zu spät, daß es gar kein Vampir war.
Zwischen ihren Händen baumelte Cordelia einige Zentimeter über dem Erdboden und starrte sie mit dem gleichen verblüfften Gesichtsausdruck an wie ihre Freunde, die in diesem Augenblick das Bronze durch den Hauptausgang verließen.
„Cordelia!“ stieß Buffy hervor.
„Entschuldige bitte mal. könntest du deine Hände noch ein bißchen fester um meinen Hals drücken? Ich krieg ja noch etwas Luft!“
Verlegen ließ Buffy das Mädchen los und verbarg die Hand, die den Pfahl hielt, hinter ihrem Rücken.
„Was hast du denn für ein Kindheitstrauma?“ höhnte Cordelia, während sie ihre Garderobe ordnete.
Buffy versuchte sich wieder zu fassen. Sie heuchelte eine freundliche Miene und fragte, als sei nichts geschehen: „Habt ihr vielleicht Willow gesehen? Ist sie hier vorbeigekommen?“ „Warum?“ gab Cordelia zurück. „Wolltest du sie etwa mit diesem Stock da angreifen?“
Buffy, deren Gesicht rot angelaufen war und deren Nerven zum Zerreißen gespannt waren, trat schleunigst den Rückzug an, während Cordelia und ihre Anhänger ungläubig hinter ihr her starrten.
„Entschuldigt mich!“ grollte Cordelia und zog ihr Handy aus der Tasche. „Ich muß jetzt erst mal allen, die ich kenne, von diesem unglaublichen Ereignis berichten.“
Buffy eilte zurück und begab sich wieder in den Club. Sie sah Giles, der am Fuß der Treppe auf sie wartete, und lief zu ihm hinüber.
„Das ging ja schnell.“ Giles sah erleichtert aus. „Gut gemacht. Ich werde jetzt am besten in die Bibliothek gehen. Diese Ernte bedeutet.“
„Ich hab sie nicht gefunden“, sagte Buffy mit einem verzweifelten Blick durch den ganzen Raum.
Giles starrte sie an, als habe er nicht verstanden. „Der Vampir ist nicht tot?“
„Nein, aber meine sozialen Kontakte sind es bald.“
„Was sollen wir jetzt tun?“
„Sie gehen in die Bibliothek. Ich kümmere mich darum.“
„Ich sollte mit dir kommen, nicht wahr?“ bot Giles an, aber Buffy schüttelte nur den Kopf und machte sich wieder auf den Weg durch die Menge.
„Keine Angst“, rief sie über die Schulter zurück. „Mit einem einzigen werde ich schon fertig.“
Sie sah Jesse kaum, als sie sich an ihm vorbei drängte. Sie hatte andere, wichtigere Dinge im Kopf, und Jesse war zu sehr in seine Unterhaltung mit einem Mädchen vertieft, als daß er
Buffy bemerkt hätte.
„Wie heißt du noch mal?“ fragte Jesse wieder und hoffte, daß er diesmal Glück haben würde.
Sie kam ihm nicht bekannt vor. Aus den Kursen ganz bestimmt nicht. und vom Campus auch nicht. Natürlich konnte er nicht wissen, daß sie in der vergangenen Nacht in der Begleitung eines jungen Mannes in die Schule eingebrochen war. Mit dem jungen Mann, den man an diesem Nachmittag tot in einem Spind gefunden hatte.
„Darla“, antwortete sie nun und lächelte Jesse an. Sie hatte wirklich ein hübsches Gesicht. Jesse lächelte zurück.
„Darla. Ich hab dich noch nie hier gesehen. Bist du aus der Gegend?“
„Nein, aber Verwandte wohnen hier.“
„Kenne ich die?“
Darlas Lächeln wurde breiter. Sie hatte ebenmäßige weiße Zähne. „Du wirst sie noch kennenlernen“, versprach sie.
9.
In der Abgeschiedenheit der kalten Mauern ihres Heiligtums setzten die Jünger das Ritual fort.
Es war ein altes Ritual - uralt wie das Böse selbst, und langsam vereinten sich die leidenschaftlichen Stimmen zu einem Chor. Bald schon würde die Zeremonie ihren Höhepunkt erreichen. Und wo einst die von Herzen kommenden Gelübde der Tugendhaften ertönt waren, hallten nun die falschen Gebete der Verdammten von den Mauern wider.
Luke, der unmittelbar vor dem Altar stand, sah plötzlich auf. Er starrte für einen Moment mit ekstatisch aufgerissenen Augen in die Höhe, dann trat er einen Schritt zurück. Und als hätte er damit ein Zeichen gegeben, wichen die anderen ebenfalls zurück, während ihre Stimmen vor Erwartung zitterten.
Immer noch betete Luke am Teich. Urplötzlich stieß ein Kopf aus der blutigen Tiefe.
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