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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erschlagen hatten, noch andere hier unten gab, dann waren sie nicht in ihrer unmittelbaren Nähe.
Andrej schauderte, als er daran dachte, wie knapp sie entkommen
waren. Und wie nahe er daran gewesen war, der Versuchung zu erliegen und durch diese letzte, verbotene Tür zu gehen. War es das,
was Abu Dun zugestoßen war? Vielleicht war Überleben ja am Ende
alles, was zählte, ganz gleich, um welchen Preis.
Er verscheuchte den Gedanken und drehte sich wieder zu Thilo und
seinem Begleiter um. »Gehen wir«, sagte er. »Von Salm muss unbedingt erfahren, was hier geschehen ist.«
Obwohl es ihm schien, als hätten sie den Rückweg in weniger als
der Hälfte der Zeit zurückgelegt, die sie für den Hinweg benötigt
hatten, wurde Andrej das Gefühl nicht los, seit Stunden unterwegs zu
sein. Endlich wurde es vor ihnen wieder hell. Die Geräusche, auf die
er wartete, menschliche Stimmen und vielleicht auch das Klingen
von Hämmern und andere Arbeitsgeräusche, ertönten zwar nicht,
aber er erkannte diesen Abschnitt des Tunnels dennoch zweifelsfrei
wieder. Vor ihnen lag die Öffnung, die von Salms Männer gewaltsam in die Mauer gebrochen hatten. Noch wenige Schritte, und sie
hatten es geschafft.
Ganz unwillkürlich wollte er schneller gehen, aber Thilo legte ihm
rasch die Hand auf den Arm und bat ihn mit einer Kopfbewegung,
einen Moment stehen zu bleiben. »Auf ein Wort, Andrej.«
Andrej kam der Aufforderung nach, machte sich aber mit einer
Bewegung los und trat einen halben Schritt zurück, um die Distanz
zwischen ihnen wieder zu vergrößern. Er mochte allzu große Nähe
ebenso wenig, wie er es schätzte, angefasst zu werden. »Ja?«
»Was gerade dort unten geschehen ist, Andrej«, begann Thilo. Mit
einem Mal wirkte er unsicher. Er wich Andrejs Blick aus und schien
nach den richtigen Worten zu suchen. Vielleicht war es nur die Anspannung, aber Andrej hatte das Gefühl, dass etwas anderes dahinter
steckte. Schließlich räusperte er sich und setzte neu an. »Du bist
nicht das, was du zu sein vorgibst, Andrej.«
»Wer ist das schon?«, gab Andrej zurück, aber Thilo machte nur
eine unwillige Geste und fuhr mit leicht erhobener Stimme fort: »Es
geht mich nichts an, und ich werde auch niemandem etwas sagen.«
»Weshalb du es extra erwähnst«, sagte Andrej spöttisch, doch Thilo
fuhr vollkommen unbeeindruckt fort: »Aber ich möchte dich um etwas bitten. Die Menschen, die wir dort unten getroffen haben…«
»Das Gesindel?«, unterbrach ihn Andrej. Er schüttelte den Kopf.
»Keine Sorge. Ich werde niemandem etwas sagen. Was immer zwischen dir und ihnen ist, es geht mich nichts an. Und ich will es nicht
wissen.«
»Danke«, raunte Thilo. Er wirkte erleichtert.
Sie gingen weiter, und nach kurzer Zeit trat Andrej als Erster gebückt durch die unregelmäßige Öffnung, die die Arbeiter in die
Wand gebrochen hatten.
Er spürte sofort, dass etwas hier nicht so war, wie es sein sollte.
Von Salm hatte zwar versprochen, auf sie zu warten, aber er war
nicht zu sehen. Niemand erwartete sie.
Zumindest niemand, der noch am Leben war.
Andrej griff nach seinem Schwert, noch bevor die Erkenntnis ganz
in sein Bewusstsein gesickert war. Hastig trat er einen Schritt zur
Seite, um Thilo und seinem Begleiter Platz zu machen, die ihm folgten. Er registrierte beiläufig, dass auch sie ihre Waffen zogen. Obwohl sie den gesamten Weg beinahe im Laufschritt zurückgelegt
hatten, schienen sie sich einigermaßen erholt zu haben. Gut. Er hatte
das Gefühl, dass er zwei erfahrene Kämpfer an seiner Seite dringender gebrauchen konnte denn je.
Mit drei schnellen Schritten überwand er die Planke, die die Arbeiter über den Abwasserkanal gelegt hatten, und bedeutete Thilo und
seinem Begleiter mit einer knappen Geste, sich rechts und links von
ihm zu postieren. Die beiden gehorchten ebenso wortlos wie schnell.
Andrej machte einen weiteren Schritt und blieb dann wieder stehen.
Sein Blick tastete konzentriert durch die große unterirdische Halle.
Sie waren da. Sowohl die Toten als auch die bedauernswerten Seelen, denen diese letzte Gnade, in Frieden dahinzuscheiden, verwehrt
worden war. Zwei oder drei der Arbeiter, die von Salm heruntergeschickt hatte, um die Mauer niederzureißen, lagen in unmittelbarer
Nähe des Kanals. Ein weiterer trieb tot auf der Oberfläche des
schmierigen Flusses, und in einiger Entfernung lagen noch andere,
bewaffnete Gestalten in zerfetzten Uniformen. Ausnahmslos alle
Körper befanden sich in einem

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