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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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endgültig
ein paar Schritte zurück.
    Dass er seinen Platz an den Zinnen aufgab, kostete möglicherweise
viele der Verteidiger das Leben. Die Männer, die sich der Flut der
Krieger todesmutig entgegengeworfen hatten, kämpften mit der Kraft
der Verzweiflung, aber sie standen auf verlorenem Posten, und sie
wussten es. Andrej hatte an diesem Tag zahllose Heldentaten gesehen, aber was nutzten der größte Mut und die vollkommenste Opferbereitschaft in einem Kampf, der nicht gewonnen werden konnte?
Ohne Abu Dun und ihn wäre dieser Mauerabschnitt schon vor Stunden eingenommen worden.
    Die Stadt wird fallen, dachte Andrej bitter. Er zählte nicht mehr,
wie viele Gegner er getötet und wie viele Sturmleitern er samt der
Männer, die sie hinaufzuklettern versuchten, in die Tiefe gestoßen
hatte. Er war unendlich müde. Seine linke Hand schmerzte, und obwohl er spüren konnte, wie sich der zerschmetterte Knochen zusammenfügte und zerrissenes Fleisch und Sehnen wieder zusammenwuchsen, dauerte es doch länger, als es eigentlich hätte dauern sollen
- ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch seinen übermenschlichen
Kräften Grenzen gesetzt waren, die er nun bald erreicht hatte. Abu
Dun und er mochten Wesen sein, die nur sehr schwer umzubringen
waren - aber man konnte sie töten. Andrej selbst hatte genug Wesen
seiner Art getötet, um das zu wissen. Aber sie waren nahezu unsterblich.
    Andrej schüttelte den Gedanken ab, schloss prüfend die linke Hand
zur Faust und stürmte wieder vor. An der Mauer mühte sich einer der
Verteidiger ab, eine Sturmleiter mit einer langen Stange umzustoßen,
aber seine Kräfte reichten nicht mehr aus. Andrej erinnerte sich, den
jungen Burschen schon vor einer geraumen Weile gesehen zu haben,
doch mittlerweile blutete er aus mehreren Wunden, und es sah nicht
mehr so aus, als könne er die Stange auch nur aus eigener Kraft halten, geschweige denn sie zu seiner Verteidigung einsetzen.
    Andrej packte entschlossen zu und stemmte sich mit seinem ganzen
Gewicht dagegen. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Leiter
immer weiter zurückzuschieben, bis sie schließlich mitsamt ihrer
Besatzung nach hinten kippte und umfiel. Weitere Männer stürzten
in den Tod, weitere Leben, die vollkommen sinnlos ausgelöscht wurden. Andrej war so müde, doch es war nicht die körperliche Erschöpfung, die ihm zu schaffen machte. Er war des Tötens müde.
    Abu Dun und er waren in der verzweifelten Hoffnung nach Wien
gekommen, endlich Frieden zu finden - oder zumindest einige Antworten. Aber statt Antworten hatten sich neue Fragen aufgetan. Die
Bedeutung des Wortes Frieden hatten die meisten Bewohner dieser
Stadt schon vor langer Zeit vergessen.
    Auch ihm gönnte das Schicksal keine Atempause.
Ein weiterer Türke flankte über die Mauer, tötete mit einem blitzartigen Stich den jungen österreichischen Landsknecht, dem Andrej
    gerade beigestanden hatte, und warf sich noch in der gleichen Bewegung auf ihn. Andrej duckte sich unter einem wuchtigen Hieb seines
Säbels, drehte sich halb um seine Achse und versetzte dem Angreifer
einen kräftigen Fußtritt, der seine Kniescheibe zerschmetterte. Mit
einem gellenden Schmerzensschrei kippte der Muselman nach vorn
und direkt in Andrejs hochgerissenes Schwert.
    Alles ging so schnell, dass Andrej erschrak. Schwer atmend richtete
er sich auf und blickte sich um. Die Kämpfe waren hier in der Nähe
des Kärntner Tores besonders heftig, aber es war nicht der einzige
Mauerabschnitt, auf dem gekämpft wurde. Um die Verteidiger an
zahlreichen Stellen gleichzeitig zu bündeln, griffen die Türken die
Stadt auf breiter Front und aus verschiedenen Himmelsrichtungen an,
wie Boten berichtet hatten. Bislang zumindest schien die Verteidigung überall standzuhalten. Aber wie lange noch? Die Zahl der Verteidiger, die vor Andrejs Augen fiel, nahm mit jeder Stunde, die verging, zu - nur langsam, aber unerbittlich. Und anders als bei den Angreifern, die über scheinbar unerschöpfliche Reserven zu verfügen
schienen, hinterließ jeder gefallene oder verwundete Mann eine
schmerzhafte Lücke in den Reihen der Verteidiger, die nicht wieder
geschlossen werden konnte.
    Andrej ließ den Blick über die anderen Mauerabschnitte wandern,
die er von seinem Standpunkt aus überblicken konnte. Einem weniger im Kriegshandwerk bewanderten Mann als ihm wäre der Anblick
vielleicht ermutigend vorgekommen, denn bisher war es den Türken
nicht gelungen, die Verteidigung

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