Die wilde Jagd - Roman
vorausgesetzt, sie lässt dich in seine Nähe. Sie ist zwar jung, Drwyn, aber nicht dumm.« Dieser Mann war eine Plage. Immer wollte er erst handeln und dann denken. Er zog die Stirn kraus, als er ihren Tadel hörte, und Ytha mäßigte ihren Ton.
»Das Alter schwächt nur den Stängel, nicht aber den Samen«, sagte sie. »Seit dieses Mädchen die Bettgenossin deines Vaters war, ist sie vor mir zurückgeschreckt. Falls sie tatsächlich ein Kind trägt und genügend Krieger glauben, dass es von Drw stammt, könnte es den Clan spalten.«
Die Kriegshauptmänner mussten jeden neuen Häuptling einstimmig küren, so wie die Häuptlinge einstimmig hinter dem Häuptling der Häuptlinge stehen mussten. Wenn das nicht geschah, wäre Ythas ganzes Planen umsonst gewesen.
»Ja, das Clangesetz, ich erinnere mich«, sagte er und machte eine ungeduldige Handbewegung. Offensichtlich ärgerte es ihn, daran erinnert zu werden. »Kannst du herausfinden, ob sie schwanger ist?«
Das war möglich, aber dazu müsste sie sich in die junge Frau versenken – und falls diese tatsächlich glaubte, den Sohn des toten Häuptlings in sich zu tragen, würde sie Ytha nicht einmal eine flüchtige Berührung erlauben. Wenn Ytha bloß ihre Aura lesen könnte!
»Ja, ich kann es herausfinden, aber ich habe eine bessere Idee. Wenn diese junge Frau wirklich eine Bedrohung darstellt, dann hätte ich sie lieber dort, wo ich sie beobachten kann. Ich werde sie heute Nacht zu dir schicken. Wenn du ein paarmal mit ihr schläfst, können wir jedes Kind, das sie vielleicht gebiert, als deines ausgeben. Du siehst deinem Vater so ähnlich, dass es glaubhaft sein wird.«
Drwyn grinste. »Wenn ich mich recht erinnere, ist sie hübsch.«
Dabei musste ein Mädchen bloß erträglich sein, um seinen Daigh steif werden zu lassen. Zumindest in dieser Hinsicht war er ein wahrer Sohn seines Vaters. »Oh, sie ist sehr schön, Drwyn. Ihre Augen haben die Farbe von Glockenblumen, und ihre Lippen sind wie reife Beeren, die nur darauf warten, gepflückt zu werden. Ich glaube, du wirst sie genießen.« Ytha trank einen großen Schluck Bier. »Und jetzt ist es an der Zeit, dass du zu ihnen sprichst. Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.«
»Wie könnte ich das vergessen?«, grunzte er und erhob sich. Sein Mund zuckte, als er den letzten Rest des sauren Biers hinunterschüttete.
Sie zog die Stirn kraus. Drwyn mochte es nicht, wenn man ihm sagte, was er zu tun hatte. Er konnte es auch dann nicht ertragen, wenn es zu seinem eigenen Besten war. »Sei vorsichtig, mein Häuptling«, mahnte sie leise, aber deutlich.
Er starrte sie mürrisch an. Seine Augen wirkten schwarz im Feuerschein, aber sie loderten wie Glut. Er warf seinen Becher ins niedergetretene Gras und machte eine spöttische Verbeugung vor ihr. »Ja, Sprecherin.«
Ytha packte ihn mit ihrem Geist, als legte sie Fesseln um seinen Brustkorb. Er machte den Mund auf und wollte etwas sagen, aber sie presste ihm den Atem aus dem Leib.
»Verspotte mich nicht, Drwyn. Du weißt, dass ich dich zu allem machen kann, was du willst. Du solltest nicht vergessen, dass ich dir alles genauso leicht wieder nehmen kann. Hast du mich verstanden?«
In seinen dunklen Augen lag noch immer Streitlust. Ytha packte ihn fester. Er rang nach Luft, und die unsichtbaren Fesseln drückten ihm die Arme gegen die Seiten. Sein Gesicht hatte die rotfleckige Farbe einer verdorbenen Leber angenommen, als schließlich Panik die Oberhand über seine Sturheit gewann und er den Kopf neigte.
Sie ließ ihn los und sah befriedigt, wie er ein wenig taumelte. »Hast du mich verstanden?«
»Ja, Sprecherin«, keuchte er und atmete tief ein. Ytha nahm ein Stück Fleisch von ihrem Teller und biss hinein, dann lehnte sie sich zurück.
»Ich bin froh, dass wir uns jetzt verstehen«, sagte sie. Seine Miene war hart und ausdruckslos, und er wirkte nicht im Mindesten reumütig. Seine Augen funkelten. Sie nahm noch einen Bissen. »Ich fände es traurig, wenn etwas nur wegen eines Missverständnisses schiefgehen würde.«
»Nichts wird schiefgehen, Sprecherin. Du kannst mir vertrauen.«
»Kann ich das?«
Obwohl sich alles in ihm dagegen zu sträuben schien, sagte er barsch: »Das kannst du.«
»Dann gibt es zwischen uns keine Missverständnisse mehr?«
»Keine.«
»Gut.«
Sie beendete ihr Mahl und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Obschon er unablässig die Hände zur Faust ballte und wieder entspannte, war sein Blick ruhig und hielt dem Ihren stand. Nicht
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