Die Winde von Darkover - 13
suchen. Am liebsten hätte er geweint. Er preßte die Lippen aufeinander und folgte schweigend dem Mädchen.
Aldaran empfing sie in einem kleinen, gemütlichen Raum, umarmte Storn, nannte ihn seinen Vetter und küßte Melitta auf die Stirn. Dann ließ er sich erzählen, was die beiden zu ihm geführt hatte.
„Ich schäme mich, daß ich euch nicht schon früher meine Hilfe angeboten habe, um das zu verhindern“, sagte er, und seine Stirn war umwölkt. „Seit dreißig Jahren habe ich hier keine Soldaten, Storn, denn ich habe hier Frieden gehalten und Überfälle verhindert, statt mich dagegen wehren zu müssen. Wir Bergleute sind zu lange Zeit von zu vielen Fehden zerrissen worden. Wir fielen immer mehr in die alten, barbarischen Zeiten zurück.“
„Auch ich hatte keine Söldner und wollte Frieden halten“, erwiderte Storn bitter. „Das nützte Brynat aus und überfiel uns.“
„Ich habe Terraner hier, und sie sind mit ihren Waffen ausgerüstet. Man läßt uns in Ruhe, weil man das weiß.“
„Welche Waffen? Und was ist mit dem alten Vertrag?“ warf Melitta entsetzt ein. Der Vertrag, der alle Waffen, die über die Reichweite eines Armes hinausgingen, von dieser Welt verbannte, war noch heiliger als das Tabu, in fremden Geistern herumzupfuschen. „Dieser Vertrag hat uns nichts als kleine Kriege, Fehden, Morde und Überfälle beschert. Ich habe ihn gebrochen, um Ruhe zu haben, und dafür haben mich die Hasturs und die übrigen Comyn geächtet. Aber das Gesetz der Brutalen zwingt uns, nach ihren eigenen Gesetzen zu handeln.“
„Aber andere Welten entwickeln ihre Waffen immer weiter, bis sie damit Unheil heraufbeschwören und ganze Welten damit ausrotten, nicht nur Menschen“, warf Melitta ein. „Das mag wahr sein, aber seht euch doch einmal an, wie weit man auf Darkover gekommen ist? Wir haben ihre Technik, ihre Waffen, sie selbst abgelehnt und dabei auch noch den größten Teil unserer eigenen Technologie eingebüßt. Wir sinken immer mehr zurück in das alte Barbarentum. Nun muß jemand den ersten Schritt tun, der unsere Welt wieder nach oben führen kann. Den habe ich zu tun versucht. Ich habe einen Vertrag mit den Terranern geschlossen. Sie werden uns ihre Verteidigungsmöglichkeiten lehren, wir machen sie mit den unseren vertraut. Wir haben uns den Terranern nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, sondern sie haben uns geholfen, unsere eigenen Fähigkeiten wieder zu entdecken. Wir schulen unsere Telepathen ohne abergläubischen Hokuspokus. Das hat bisher noch kein Comyn gewagt. Aber genug davon. Du bist nicht in der Verfassung, über abstrakte Fortschrittsideen nachzudenken, Storn.“
„Ich muß daran denken, daß meine Schwester, mein Bruder und all meine Leute der Gnade von Banditen ausgeliefert sind, weil du dich nicht in die Fehde hineinziehen lassen willst“, erwiderte Storn bitter.
„Mein lieber Junge! Wenn ich auch nur eine Handvoll Soldaten hätte, dann würde ich dir kämpfen helfen. Aber die Waffen, die wir haben, können nicht über die Berge transportiert werden. Es tut mir unendlich leid, daß du in den Mahlstrom einer Zeitenwende geraten bist. Aber verzweifle nicht. Du lebst und bist gesund, und deine Schwester hier ist so in Sicherheit und willkommen, wie du es bist. Das ist euer Heim, solange ihr wollt.“
„Und meine Schwester? Mein Bruder? Meine Leute?“
„Wir werden vielleicht einen Weg finden, ihnen zu helfen. Eines Tages werde alle Banditen ausgerottet sein. Aber ich habe nicht die Möglichkeit, euch jetzt sofort zu helfen. Denkt darüber nach. Laßt mich für euch tun, was mir möglich ist. Werft euer Leben nicht weg. Glaubt ihr wirklich, daß eure Geschwister und eure Leute wünschten, ihr möget zurückkehren, um ihr Schicksal zu teilen?“ Damit waren sie voll Liebenswürdigkeit entlassen. Sicher war das, was Aldaran gesagt hatte, vernünftig und würde eines Tages in die Geschichte dieser Welt eingehen. Aber wenn einem die Not auf den Nägeln brannte, konnte man nicht in Jahrhunderten denken. Natürlich wußte Storn, daß geschichtliches Denken und scheinbare Gleichgültigkeit einem Einzelschicksal gegenüber zusammengehörten. Trotzdem tat es bitter weh, auch diese Hoffnung zu verlieren.
„Dein Bruder“, hörte er Desideria zu Melitta sagen, „ist seltsam. Etwas an ihm zieht mich an. Es ist nicht sein Äußeres, es liegt dahinter. Ich wollte, ich könnte dir helfen. Früher konnte die Kraft geschulter Telepathen auch Eindringlinge abwehren. Allein könnte ich es
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