Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
beim Schopf, sich nach einem neuen Pferd zu erkundigen und bei dem heißen Schmiedeofen die Kälte aus ihrem Körper zu vertreiben. Serrashil hatte kein Glück. Der Schmied wusste von keinem Pferd, das im Moment verkauft wurde. Seufzend verließ sie die Schmiede, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung bemerkte. Reflexartig riss Serrashil die Arme hoch, um sich zu schützen, doch jemand hatte sie bereits gepackt und ihr eine Hand auf den Mund gepresst, ehe sie einen Laut von sich geben konnte. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, doch bevor sie überhaupt daran dachte, sich zu wehren, roch sie den süßlichen Geruch, der von dem eisernen Griff vor ihrem Gesicht ausging. Ihre Sinne schwanden. Ein Betäubungsmittel! Verzweifelt kämpfte sie dagegen an, aber die Welt um sie herum verschwamm immer weiter und ließ sie in völliger Dunkelheit zurück.
Kapitel 17
Strahlend weiße Flüssigkeit rann über eine Rinne im Stein in die Form. Delren wischte sich mit dem Ärmel die Schweißperlen von der Stirn. Die Hitze war fast unerträglich und seine Kleider, von einer dicken Lederschürze geschützt, klebten nass an seinem Körper.
»Delren!«, störte eine helle Stimme die Musik des Feuers, das im Schmiedeofen prasselte.
»Jetzt nicht, Kie!«, rief er konzentriert zurück. Er hatte nur eine begrenzte Menge des Metalls zur Verfügung und konnte es sich nicht leisten, einen Fehler zu machen.
»Es ist wichtig.« Dieses Mal war die Stimme näher und er hätte beinahe vor Schreck die heiße Zange fallen gelassen, mit der er hantierte. Wut kochte in ihm auf, doch er schluckte es hinunter.
»Es ist viel zu gefährlich hier, Kie. Geh, wir reden später«, erwiderte er ruhig, aber bestimmt. Sie ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken.
»Carath ist zurückgekehrt.«
»Schön. Sag Serrashil, dass ich sie später begrüßen werde.« Zischendes Wasser übertönte Kies Antwort, als Delren es über sein Meisterwerk goss, um es abzukühlen. Ein Schwert sollte es werden, ganz und gar aus Cualstein, einem fast durchsichtigen, bläulich schimmernden Metall. Er würde die verbleibenden Tage bis zur Prüfung durcharbeiten müssen, um es fertigzustellen, doch es war die Mühe wert. Gut bearbeitet würde es weit schärfer als ein herkömmliches Stahlschwert werden und dennoch über eine gute Balance verfügen. Das Metall hatte ihn ein Vermögen gekostet und er wollte es auf keinen Fall vergeuden.
»Das wird nicht möglich sein«, wiederholte Kie, als das Zischen verklungen war.
»Kie, ich habe keine Zeit.« Er vergewisserte sich, dass sie weit genug weg stand, um keine Schmutzpartikel oder Haare an sein Meisterwerk zu tragen, ehe er zu der gegossenen Platte griff und sie mit sorgfältig gearbeiteten Bruchstücken belegte, die er einschmieden würde.
»Serrashil ist nicht zurückgekehrt.« Es war Kies ungewöhnlich harte Stimme, die ihn innehalten ließ. Der Sinn ihrer Worte wurde ihm erst nach und nach bewusst.
»Nicht zurückgekehrt?«, wiederholte er irritiert. Wie konnte sie nicht zurückgekehrt sein?
»Du hast mich richtig verstanden. Jetzt steck dir dein Schwert sonst wohin und komm endlich! Carath weigert sich, mit mir zu sprechen. Da stimmt etwas nicht!«
Zögerlich wandte sich Delren zu seiner Freundin um, dann blickte er auf die bläuliche Flamme im Schmiedeofen. Er konnte es sich nicht leisten, das wertvolle Feuerholz zu verschwenden, das er eigens für die Bearbeitung von Cualstein benötigte. Verbissen nickte er. »Ich komme sofort. Warte draußen auf mich.« Rasch hüllte er seine Arbeit in ein aufwändig gesäubertes Erd-Asche-Gemisch, das zäh durch seine Finger quoll. Danach rieb er den Dreck an einem Schmutztuch ab, ohne sich die Mühe zu machen, seine Hände zu waschen, und hastete zur Tür. Er warf sich seinen Mantel über und trat nach draußen.
Die Kälte traf seinen erhitzten Körper wie ein Schlag, doch Kie gab ihm nicht die Zeit, sich daran zu gewöhnen.
»Schnell, er müsste noch in Serrashils Wohnturm sein. Wer weiß, wie lange noch.« Sie lief voran über das Schulgelände, ihre Zöpfe wehten hinter ihr her. Delren beeilte sich, ihr zu folgen. Erst jetzt merkte er, wie erschöpft er eigentlich war. Seine Beine fühlten sich so schwer an, dass er sie kaum schnell genug heben konnte, um mit Kie Schritt zu halten, die leichtfüßig vor ihm herlief.
Sie kamen keine Sekunde zu früh. Carath verließ gerade den Wohnturm. Der Galdana hielt inne und kniff die Augen zusammen, machte aber keine Anstalten,
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