Die Witzekiste
Kameraden im Kasino erzählen kann?«
»Vielleicht eine Scherzfrage« , erwidert der Friseur, »die geht so: Es ist nicht mein Vater oder meine Mutter, nicht mein Bruder oder meine Schwester, nicht Onkel oder Tante, nicht Neffe oder Nichte – und doch mein eigen Fleisch und Blut. Wer ist das?«
»Keine Ahnung« , stellt von Zitzewitz fest, »nun sagen Sie schon:
Wer ist es?«
»Das bin ich selber« , erklärt der Friseur.
»Na , fabelhaft!« Von Zitzewitz ist begeistert und gibt abends die Frage an seine Kameraden weiter.
»Das sind Sie selber« , rät einer der Offiziere sofort richtig.
»Quatsch« , schnauzt von Zitzewitz, »das ist mein Friseur in der Bahnhofstraße!«
Bonifazius Kiesewetter, »dieses alte Rübenschwein«, war da von anderem Kaliber als sein trotteliger adeliger Verwandter von Zitzewitz. Schlagfertig, schlitzohrig und tückisch gab er sich als Bruder im Geiste des braven Soldaten Schweyk zu erkennen. Viele seiner Verse waren »staatsfeindlich« und im »Dritten Reich« deshalb streng verboten, weil sie das Regime und dessen Gefolge auf die Schippe nahmen. Nach dem Krieg wurden sie besonders gern von ehemaligen Parteigenossen zitiert, die mit ihren Kenntnissen subversiver Kiesewetter-Witze beweisen wollten, dass sie mit Hitler und seiner Partei nie etwas verbunden habe. Ein Beispiel:
Einst auf einem Reichsparteitag,
wo die Hitler-Fahnen wehten,
war auch Bonifazius
als S A-Mann angetreten.
Doch als dann die große Menge
dreimal laut »Sieg Heil« gebrüllt ,
schrie er dreimal kräftig »Scheiße!« ,
was dort als verboten gilt.
Doch wie staunte erst die Kripo,
als er beim Verhör erklärt,
dass die viele braune Farbe
ihm total den Sinn verstört.
Moral:
Nicht jeder, der laut »Scheiße« schreit ,
zeigt damit Volksverbundenheit.
Graf Bobby kam aus Wien und näselte den Dialekt seiner Heimat. Man muss ihn sich als trottelhaften Adeligen mit Monokel und goldverzierterUniform vorstellen; vermutlich haben sich schon der alte Kaiser Franz Josef und die halbe k.u.k.-Monarchie über seine Scherze amüsiert. Sie liefen meistens auf die schlicht verkleidete Ferkelei hinaus, spielten manchmal aber auch mit dem absurden Hintergedanken.
Graf Bobby sitzt in der Opernloge und beobachtet mit einem Fernglas die Reihen der Besucher. Plötzlich stutzt er und sagt zu seinem Freund Rudi: »Schau , da unten in der ersten Reihe sitzt die Gräfin Esterhazy.«
»Ach , geh her« , meint der Rudi, »die ist doch schon seit fünf Jahren tot.«
»So , so« , sagt Bobby, »aber eben hat sie sich noch bewegt!«
Als Graf Bobby vierzig geworden ist, wünscht sich seine Mutter, dass er endlich heiratet. Sie schlägt verschiedene junge Damen vor, die er alle mit der Begründung ablehnt: »Du hast gut reden, Mama. Du hast einfach den Papa geheiratet, und mir mutest du zu, einen wildfremden Menschen zu nehmen!«
Das ostpreußische Marjellchen – jüngstes Mitglied der Witzfiguren-Familie – war die sprichwörtliche Unschuld vom Lande. Der frühreife Teenager setzte gegen die sexuellen Angriffe der Männer, die seinem kleinen Leben schon früh zu schaffen machten, eine Waffe ein, die wahrhaft entwaffnend war: seine Naivität. Marjellchen dürfte ein »Dienstmädchen« gewesen sein, wie man das damals nannte.
Eines Tages geht Marjellchen mit der gnädigen Frau zum ersten Mal auf Reisen. Sie übernachten in einem Gasthof. Dort hat die gnädige Frau für sich eine Suite bestellt und Marjellchen in einer Kammer untergebracht. Am nächsten Morgen treffen sich die beiden beim Frühstück. Die gnädige Frau erkundigt sich: »Nu sach mal, Marjellchen , wie war es denn heute Nacht?«
»Och« , sagt die, »eigentlich war nichts weiter. Bisschen fremd war es schon, aber geschlafen habe ich gut.«
»Ja , und sonst ist gar nichts passiert in der Nacht?«
»Nee« , sagt Marjellchen, »och ja, höchstens , da war ich schon eingeschlafen, so um Mitternacht rum. Kommt doch wahrhaftig
so ein Lorbass in mein Zimmerchen. Na , was soll ich sagen? Der zieht sich die Hose aus, zieht sich die Jacke aus, legt sich bei mich bei, bedient sich einmal, bedient sich zweimal, bedient sich dreimal … Na ja, dann geht er wieder raus aus dem Bettchen, zieht sich Hose und Jacke an und schleicht aus dem Zimmerchen. Und nu sagen Sie mir mal eins, gnädige Frau, was wollte der eigentlich?«
Es mag nur auf den ersten Blick verwundern, dass diese einleuchtende Pointe in fast allen regionalen Witzsammlungen von Tünnes und Schäl
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