Die Witzekiste
er, »aber jetzt erklär mir mal, woran du das erkannt hast.«
Der alte Jude zögert. Nach einer Weile sagt er: »Es blickt so menschlich.«
Als Hitler in Deutschland die Macht übernahm, wanderte Aaron nach Amerika aus. Dort baute er sich eine gutgehende Firma auf. Nach Kriegsende sorgte er dafür, dass sein Bruder Moische, den regimefeindliche Deutsche in ihrer Hamburger Wohnung versteckt hatten, in die Vereinigten Staaten einreisen konnte.
In Aarons Wohnung umarmen sich die Brüder. Da fällt Moisches Blick auf ein Bild an der Wand. Es ist ein Porträt Adolf Hitlers.
Moische erbleicht und fragt: »Gott der Gerechte, Aaron , warum haste dir bloß aufgehängt dieses Bild?«
»Gegen das Heimweh« , sagt Aaron.
Zwei Juden gehen durch die Trümmerlandschaft Berlins.
In einem ausgebombten Kaufhaus entdecken sie ein Schild mit der Nazi-Parole »Die Juden sind unser Unglück« .
Sagt der eine zum anderen: »Schön wär’s.«
Um 1947
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48 machte in den Westzonen eine Kollektion von Witzen die Runde, die dem eher vordergründigen deutschen Humor ein Schnippchen schlugen. Sie waren nicht jedermanns Sache, mit Vorliebe wurden sie von Studenten und Pennälern erzählt. Ihr Kennzeichen war der pure Nonsens, und ihre Wurzeln lagen eindeutig in England und Amerika. Besatzungssoldaten, die aus dem Heimaturlaub in ihre Kasernen zurückkehrten, importierten sie nach Westdeutschland. Shaggy-Dog-Stories war ein Gattungsbegriff, der sich wörtlich mit verwahrloster oder ungekämmter Hund übersetzen lässt. Gemeint ist damit aber eine Geschichte, bei der es mehr um den gut erzählten Inhalt geht als um die verrückte Pointe. »Jetzt geht’s rund«, sagte der Spatz, als er in den Ventilator flog. Die Shaggy-Dog-Stories aber kamen auf Taubenfüßen.
Ein Mann sitzt im Park auf einer Bank. Eine Taube kommt geflogen, setzt sich auf die Lehne und sagt: »Es ist angenehm warm heute.«
Der Mann wundert sich: »Du kannst ja sprechen!?«
»Warum nicht?« fragt die Taube.
»Das glaubt mir kein Mensch« , sagt der Mann, »würdest du mir einen Gefallen tun? Ich habe heute Abend eine kleine Gesellschaft bei mir, gute Freunde, kannst du da mal vorbeikommen?«
»Aber gern« , sagt die Taube, »wenn du mir die Adresse gibst …« Sie verspricht, gegen acht Uhr dreißig da zu sein.
Der Mann erzählt seinen Freunden, dass gleich eine sprechende Taube zu Besuch kommen werde. Die sehen ihn an, als habe er schon zu viel getrunken. Es wird halb neun, es wird neun Uhr und halb zehn, der Gastgeber ist ganz unglücklich.
»Nun hör doch endlich mit deiner blöden Taube auf« , schimpfen die Freunde. Da klingelt es.
Draußen steht die Taube. »Ich bitte meine Verspätung zu entschuldigen« , sagt sie, »aber es war so schönes Wetter, da bin ich den ganzen Weg zu Fuß gegangen!«
Ein Mann geht an der Isar spazieren. Da taucht ein Kopf aus den Fluten auf und fragt: »Verzeihen Sie, bin ich hier richtig auf dem Weg nach München?«
»Immer geradeaus« , sagt der Spaziergänger, »Sie können sich gar nicht vertun.«
Der Kopf bedankt sich und verschwindet.
Der Mann geht weiter. An einer Gabelung des Flusses taucht der Kopf erneut auf. »Mal eine Frage« , sagt der Schwimmer. »Muss ich hier rechts oder links abbiegen?«
»Nach rechts. Aber Sie müssen sich beeilen! Es wird gleich dunkel, und bis München sind es noch vierzig Kilometer.«
»Das macht nichts« , antwortet der Kopf, »ich hab ein Fahrrad.«
Kommt ein Mann zum Arzt und sagt: »Herr Doktor, ich hab da ’ne Wunde hinterm linken Ohr, können Sie die mal behandeln?« Der Doktor sieht sich die Wunde an und fragt kopfschüttelnd: »Donnerwetter , wie ist das denn passiert?«
Sagt der Patient: »Mich hat gestern jemand geärgert, und da habe ich mich vor Wut hinters Ohr gebissen.«
»Sie haben sich hinters Ohr gebissen? Reden Sie doch keinen Quatsch!«
»Doch , doch , Herr Doktor, Ehrenwort , ich hab mich hinters Ohr gebissen.«
»Dann erklären Sie mir doch mal, wie Sie das gemacht haben.«
»Ganz einfach« , sagt der Mann, »ich bin auf’n Stuhl gestiegen.«
In einem Holzfällerlager mitten im Bayerischen Wald taucht ein Fremder auf. Ein schmales Handtuch, nicht größer als ein Meter sechzig. Der kleine Mann geht zum Vorarbeiter, stellt sich vor und fragt: »Kann ich bei Ihnen arbeiten, Chef?«
Der mustert den Winzling mit einem breiten Grinsen und meint: »So wie Sie aussehen, können Sie ja nicht mal ’n Beil halten. Schauen Sie sich doch mal meine Kerle
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