Die Witzekiste
Der Besitzer läuft sofort zur Stasi und versichert: »Ich möchte Ihnen nur mitteilen, dass ich die politischen Ansichten meines Papageis nicht teile.«
Papageien dürfen ungestraft das aussprechen, was der Erzähler eigentlich sagen möchte. Auch wir im Westen haben über einen Stasi-Witz gelacht:
In der Straßenbahn liest ein Musiker eine Partitur. Ein Stasi-Mann hält das Notenblatt für Geheimschrift und nimmt den Musiker unter Spionageverdacht fest. Der Festgenommene erklärt immer wieder, das sei doch nur eine Fuge von Bach. Am nächsten Tag wird der Musiker einem höheren Beamten vorgeführt. Der schreit ihn an: »Also jetzt endlich raus mit der Sprache, Bach hat schon gestanden!«
Im Westen erfand damals jemand des deutschen Michel Nachtgebet: Und bitte, lieber Gott, lass mich nicht zu groß werden!
Es gab auch andere witzige Erfindungen, die aber ganz ernst genommen wurden. Der Proporz zum Beispiel. Proporz fordert eine spezielle Gerechtigkeit zwischen rechts und links, so dass Positionen immer ausgeglichen besetzt werden müssen. Ist der Chef bei der CDU, muss der Stellvertreter von der SPD kommen. Bundesgerichte und Rundfunkanstalten z. B. ordneten ihre Mitglieder streng nach dem Strickmuster: zwei links, zwei rechts. Die Regierung wurde auch nach Religionszugehörigkeit besetzt, Katholiken und Protestanten mussten »ausgewogen« darin vertreten sein.
Die katholische Kirche verurteilte in jenen Tagen noch die sogenannte »Mischehe«. So nannte man es, wenn bei der Trauung nichtbeide Teile katholisch waren. Dass ein unterschiedliches Gebetbuch damals einer Ehe im Wege stand und bis zur Einschulung der Kinder in eine Konfessionsschule Schwierigkeiten bereitete, ist heute kaum noch vorstellbar.
In den Geschichtsbüchern über diese Zeit wird zu lesen sein, dass Stalin 1952 die Wiedervereinigung Deutschlands angeboten hat. Er tat es aber zu Bedingungen, die dem Westen unannehmbar erschienen, weil sie jede echte Souveränität ausschlossen. Trotzdem waren viele Deutsche der Meinung, man hätte darüber verhandeln müssen. Aber die deutsche Einheit war in diesen Jahren kein Thema, das den Bürgern im Westen besonders zu schaffen machte. Sie spürten, dass es wieder aufwärtsging, und das wollten sie erst einmal sichern und genießen. Ohne die Nachbarn im Osten.
Der Schriftsteller Ernst Krenek schrieb dazu in der Zeitschrift ›Magnum‹: »Wir, die wir Deutschland zwischen 1932 und 1950 nicht betreten hatten, fanden bei unserem ersten Nachkriegsbesuch seine Bewohner wesentlich verändert, und zwar sehr zu ihrem Vorteil. Aus der Zeit der Weimarer Republik ist uns als dominierende Stimmung eine Mischung von Angst, Misstrauen, Unsicherheit, Gereiztheit, Arroganz und Angriffslust in Erinnerung. Das war zu Beginn der fünfziger Jahre ganz anders. Inmitten ihrer grausigen Verwüstung waren die Deutschen höflich und freundlich und von im Allgemeinen erstaunlich guter Laune.«
Den alten Politik-Profi Konrad Adenauer beschäftigte jedoch die Frage sehr, wie viel Vertrauen man zu diesen Deutschen haben dürfe. Er wollte die Bundesrepublik zwar »wiederbewaffnen«, eine deutsche Armee aufbauen, aber doch so eingebunden in internationale Verträge, dass sie kein Unheil anrichten könne. Als der Plan einer »EVG«, einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, im französischen Parlament scheiterte, hielt er das für eine Katastrophe.
An unseren Universitäten wurde der Seufzer eines österreichischen k.u.k.-Feldmarschalls aktualisiert:
»So eine schöne Armee haben wir gehabt – die bunten Uniformen, die Musik, die blitzenden Waffen und die Kavallerie – welch eine Augenweide! Es war die schönste Armee der Welt! Und was hat man mit ihr gemacht? In den Krieg hat man sie geschickt!«
Adenauer setzte dann auf Europa, die EWG, die europäische Wirtschaftsgemeinschaft, und die NATO, der die Bundesrepublik im Oktober 1954 beitrat. Patriotische Töne kamen zu dieser Zeit eher von der SPD, von ihrem Vorsitzenden Kurt Schumacher, der Adenauer Ende 1949 einmal als »Kanzler der Alliierten« beschimpfte. Die SPD billigte Adenauers totale Hinwendung zum Westen nicht, sie wollte auch im Osten politisch aktiv werden. Solange Stalin lebte, konnte sie damit nicht viel Resonanz in der Bevölkerung finden. Aber auch Stalins Tod 1953 veränderte noch nicht die politische Lage. Im Witz der DDR wurde die Situation im Ostblock so aufgearbeitet:
Ein Anwalt wird zu fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er hat den
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