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Die Witzekiste

Die Witzekiste

Titel: Die Witzekiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lentz
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Witze, die in den zwanziger Jahren entstanden und in der österreichischen Tradition der Schriftsteller und Spötter Polgar, Kraus, Torberg, Muliar aufbewahrt wurden.
    Wer vom jüdischen Witz redet, muss unterscheiden, ob er Witze über Juden oder Witze von Juden meint. Witze über Juden gab es natürlich auch, sehr bösartige sogar. Sie versuchten auch für das unbegreiflich Böse wie den Holocaust Ventile zu schaffen, das Schlimme zu verniedlichen. Es handelt sich aber meistens nicht um wirkliche Witze, eher um Peinlichkeiten.
    Ganz anders der jüdische oder jiddische Witz, der in der Unterdrückung wirklich weise und selbstironische Kunstformen entwickelte. Friedrich Torberg zitierte im ›Monat‹ damals drei Beispiele:

    In einer mährischen Judengemeinde gab es einen weithin bekannten Trauerredner, der zu allen Beerdigungen herangezogen wurde – sofern die Hinterbliebenen es sich leisten konnten. Denn billig war er nicht.
    Wieder einmal hatte ein angesehenes Gemeindemitglied das Zeitliche gesegnet, und die Familie – die nicht gerade im Ruf der Freigebigkeit stand – erkundigte sich nach den Kosten eines würdigen Nekrologs.
    »Je nachdem« , antwortete der Vielbegehrte. »Die große, wirklich erschütternde Grabrede, die ich nur bei außergewöhnlichen Anlässen halte, kommt entsprechend teuer. Aber sie ist ihr Geld wert. Alles weint – die Trauergäste – der Rabbiner – sogar die Sargträger – , was soll ich Ihnen sagen: Der ganze Friedhof ist in Tränen gebadet. Kostet 200 Gulden.«
    »200 Gulden? So viel können wir nicht ausgeben.«
    »Gut , dann nehmen Sie die zu 100. Immer noch sehr ergreifend. Ich garantiere Ihnen, dass sämtliche Trauergäste weinen, und vielleicht wird auch der Rebbe ein paarmal aufschnupfen.«
    »Darauf legen wir keinen Wert. Haben Sie nichts Billigeres?«
    »Hab ich. Zu 50 Gulden. Allerdings weinen da nur noch die nächsten Familienangehörigen.«
    »Auch 50 Gulden für eine Trauerrede sind uns zu teuer. Gibt es keine andere?«
    »Es gibt« , sagte der Trauerredner, ohne sich seine Ungeduld anmerken zu lassen, »noch eine zu 20 Gulden. Aber die hat bereits einen leicht humoristischen Einschlag.«
    Im Speisewagen eines Schnellzuges wird ein Offizier an einen Tisch gewiesen, an dem bereits ein jüdischer Fahrgast sitzt.
    Der Offizier macht aus seinem Missvergnügen kein Hehl, ergeht sich in allerlei antisemitischen Sticheleien und deutet schließlich zum Fenster hinaus: »Sehen Sie, das ganze Land wurde von meinen Vorfahren urbar gemacht. Wir sind mit Speer und Armbrust hierhergekommen, Sie höchstens mit Zwiebeln.«
    In diesem Augenblick tritt der Kellner an den Tisch, um den Hauptgang zu servieren; man hat die Wahl zwischen Rostbraten und Kalbfleisch. Der Offizier entscheidet sich für den Kalbsbraten, sein Gegenüber für den Rostbraten.
    »Mit Zwiebeln?«, fragt der Kellner.
    »No na – mit Armbrust« , antwortet der jüdische Fahrgast.

    In einer Wirtsstube sitzen ein paar Mitglieder aus verschiedenen Gemeinden beisammen und prahlen mit den Wundertaten ihrer Rabbiner. »Unser Rebbe ist der größte von allen!«, trumpft einer von ihnen auf. »Zu unserem Rebben kommt an jedem Schabbes Gott und redet mit ihm.«
    »Das ist unmöglich« , widerspricht ein Skeptiker.
    »Wieso unmöglich? Der Rebbe hat es mir selber erzählt!«
    »Dann hat er eben gelogen.«
    »Versündige dich nicht!«, lautet das souveräne Gegenargument. »Wird Gott reden mit einem Lügner?«

    Aus dem Wien Arthur Schnitzlers und Sigmund Freuds ist diese Geschichte überliefert und in den fünfziger Jahren neu aufgelegt worden:

    Ein reicher Kaufmann hat sein weiträumiges Grundstück mit einer hohen Mauer umzäunt. Der etwas extravagante Sohn nutzt das aus, indem er bei schönem Wetter immer nackt auf seinem Pony reitet. Es kann ihn ja keiner sehen.
    Eines Tages wird er nach dem Reiten in der Mittagshitze sehr müde, er legt sich ins Gras und schläft sofort ein. Das Pony kommt heran und beschnuppert ihn. Als es das auch an einem
sehr empfindlichen Körperteil tut, wird der Junge wach und erschrickt. Verwirrt beißt das Pony zu.
    Der Junge schreit wie am Spieß, Diener eilen herbei und holen einen Arzt.
    Der lässt den Jungen auf einer Bahre wegtragen und weist an:
    »Bringen Sie den Patienten ins Krankenhaus und das Pony zu Professor Freud!«

    Eine ähnlich schlaue Auskunft gab ein Bundestagsabgeordneter, der zu den wenigen Freunden und Vertrauten Konrad Adenauers gehörte: der Bankier Robert

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