Die Wohltäter: Roman (German Edition)
nicht wusste, was sie sagen sollte, als Leif abwehrend seine Hand hob und ihr die Tür vor der Nase zuschlug.
37
»Komm schon. Du wirst als Informantin geschützt«, sagte Ninos.
Er hatte seinen Stolz besiegt und sie angerufen. Nun dankte er insgeheim Emil, der mit ihm alle Regeln des Informantenschutzes durchgegangen war. Alle, die eine behördliche Tätigkeit ausübten, hatten das Recht, der Presse Informationen zu überlassen, und ihren Vorgesetzten war es untersagt, die undichte Stelle ausfindig zu machen. Laut Grundgesetz. Daher fühlte Ninos sich vollkommen selbstsicher, als er sich nun bei seiner alten Freundin, die inzwischen Sachbearbeiterin beim Außenministerium geworden war, den Mund fusselig redete.
»Du hilfst uns doch einfach nur, ihn etwas schneller zu bekommen«, bat Ninos.
»Hör doch auf«, unterbrach sie ihn. »Ich weiß genau, wie du bist. Du wolltest mich schon immer überreden, mich in irgendeine Angelegenheit mit der Türkei oder Syrien einzumischen, weil man einen Priester entführt hatte oder es irgendetwas anderes zu regeln gab. Immerzu war irgendwas! Bitte. Immer habe ich mich deinetwegen wie eine Verräterin gefühlt, weil ich unserem Volk nicht den Vorrang geben konnte. Aber wir haben ein Regelwerk zu befolgen, und jetzt arbeite ich für die Regierung.«
»Es geht doch lediglich um Schweden«, versicherte Ninos geduldig. »Es besteht kein Risiko für dich darin, mir den Bericht zu geben.«
»Du irrst dich«, entgegnete Isabel. »Das Recht auf Weitergabe von Informationen besteht nicht, wenn ich bewusst geheime Akten herausgebe. Dann werde ich entlassen. Oder Schlimmeres.«
»Aber sie ist doch gar nicht geheim«, wandte Ninos ein.
»Das wissen wir ja nicht. Das Außenministerium hat darüber noch keine Entscheidung getroffen. Wenn sie als geheim eingestuft wird, bin ich dran. Ich habe nicht vor, etwas zu riskieren.« Ninos fiel kein Gegenargument ein. »Und was machen wir jetzt?«
Isabel schmunzelte ein wenig. »Nichts hindert mich daran, Informationen über geheime Akten herauszugeben, solange die Sicherheit des Staates dadurch nicht gefährdet wird. Aber das kann bei einem Bericht über eine Wohltätigkeitsorganisation wohl kaum der Fall sein.«
»Was?« Ninos konnte nicht folgen.
»Ich kann dir etwas daraus vorlesen, aber du darfst keine Kopie davon machen.«
»Wirklich?« Das klang einfach zu unwahrscheinlich. »Genauso ist es«, antwortete Isabel vergnügt.
»Aber warum hast du das denn nicht gleich gesagt?«, fragte Ninos misstrauisch.
»Ich wollte dich ein wenig ins Schwitzen bringen, nachdem du angerufen und derart auf mich eingepoltert hast.« Sie kicherte.
Ninos seufzte erleichtert. Es hatte Isabel schon immer gefallen, ihn zu belehren.
»Okay, dann beeil dich aber und fang an zu suchen. Wir sehen uns um drei Uhr im Hurtig auf der Drottninggata. «
»Vergiss nicht, dein Versprechen einzuhalten. Für jedes Mal, bei dem ich dir behilflich bin, schuldest du mir ein Date. Das gilt auch jetzt.«
»Natürlich«, sagte Ninos. Er hatte bereits eingewilligt. »Bis wir uns sehen, habe ich etwas organisiert.«
Einige Stunden zuvor, am selben Morgen, hatte das Radio im großen Stil und zur besten Sendezeit seinen Bericht über die Arbeitsverhältnisse bei HHH veröffentlicht. Ninos hatte misstrauisch dem gelauscht, was dort stolz als Scoop und große Neuigkeit präsentiert wurde.
Eine Reihe ehemaliger Angestellter hatte in aufgebrachtem Ton von widrigen Arbeitsverhältnissen, fehlendem Ausgleich von Überstunden und von schlechter Stimmung erzählt. Im Anschluss daran hatte ein neunmalkluger Gewerkschaftsvertreter berichtet, man habe eine Untersuchung mehrerer Arbeitsplätze eingeleitet, die eventuell zwangsgeschlossen werden würden. Falls Ninos’ Gehör sich nicht täuschte, hatte das alles dieselbe irritierende Reporterin zusammengestellt, die auch das wohlwollende Interview mit HHH geführt hatte.
» Schlechte Stimmung«, platzte Ninos Emil gegenüber heraus, als die Sendung endete und der Wetterbericht kam. »Das hätte ich erzählen können, als ich in der Sortieranlage gearbeitet habe und überall von einem Ausschlag übersät war. Und warum ist überhaupt nicht von Sekten oder ihren Geldtransaktionen die Rede? Warum sagen sie nichts über uns ?«
Emil hatte den gesamten Beitrag über still auf dem Sofa gesessen, während Ninos nervös im Zimmer auf und ab gelaufen war.
»Es gibt eben keinen Anstand«, brummelte Strömmer, der gegen einen
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