Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Türpfosten gelehnt stand. Emil stimmte ihm murmelnd zu. »Wir dürfen jetzt nicht den Anschluss verlieren«, ergänzte er. »Wir sind ihnen mit der Mehrwertsteuer auf der Spur, wenn wir jetzt noch den Bericht von Sida bekämen, dass die Spenden veruntreut werden, hätten wir sie. Wenn wir Beweise vorlegen können, ein offizielles Dokument, das zeigt, dass man das, was sie tun, nicht als Wohltätigkeit bezeichnen kann. Dann haben sie zehn Jahre Steuerhinterziehung am Hals.«
»Und wann bekommen wir den Bericht?«
»Ich habe angerufen und gebettelt«, sagte Emil, »aber es sieht so aus, als ob sie weiterhin Passagen daraus zensieren und ihn deshalb noch nicht freigeben. Der Rechnungshof gibt an, ihn noch immer nicht erhalten zu haben, also bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten und aufs Außenministerium zu hoffen.«
»Bei allem Respekt vor dem schönen Brief, den du geschrieben hast, aber wir sollten das Ganze jetzt einmal auf Melke-Mire-Manier versuchen«, entgegnete Ninos verbissen.
Strömmer warf Emil einen verständnislosen Blick zu, der wiederum Ninos mit einem Fragezeichen im Gesicht ansah.
»Wir werden den Bericht heute Nachmittag haben«, sagte er überzeugt und war bereits fast durch die Tür verschwunden. »Ich melde mich.«
Matay weigerte sich, auf der Drottninggata neben Ninos zu gehen. Er hielt sich immer zwei Schritte hinter ihm. Die gut gemeinte Paranoia, die jeden von Ninos’ Schritten mit einbezog, kannte nun keine Grenzen mehr. Er hatte sie Emil gegenüber noch nicht einmal erwähnt, da Matay ihn nie in die Redaktion begleitete. Eigentlich hatte Zoran behauptet, die Gefahr sei bereits abgewendet. Nenad hatte eine Botschaft darüber verbreiten lassen, dass derjenige, der es auf das Kopfgeld für Ninos abgesehen habe, einen bedeutenden Teil des kriminellen Schwedens gegen sich aufbringe. Das war sogar bis nach Oslo und Kopenhagen durchgedrungen und zu den vier einzigen bekannten und ziemlich schüchternen Berufskriminellen in Helsinki. Es sei jedoch schwer vorauszusehen, ob irgendwelche kriminellen Freiberufler ohne Durchblick von außerhalb angelockt würden, hatte Zoran erklärt. Und auf die Russen hatten sie keinen direkten Einfluss. Deshalb war Matay rund um die Uhr im Dienst – zu Ninos’ großer Verärgerung. Aber er wusste, dass Matay nicht freiwillig verschwinden würde, also konnte er die Situation genauso gut akzeptieren. Gleichzeitig hatte er ein schlechtes Gewissen gegenüber Yamo, dem dadurch ein Tellerwäscher fehlte.
Als sie fast bei der Konditorei angelangt waren, in der er Isabel treffen wollte, spürte Ninos auf seinem Kopf plötzlich Matays Hand, die ihn zu Boden drückte.
»Kitle slah, kubu, kubu« , schrie Matay hysterisch. »Er hat eine Waffe – duck dich – duck dich!«
Ninos krümmte sich ein wenig unelegant zusammen und lag dann mehrere Sekunden mitten auf der Straße, mit dem Gesicht nach unten auf dem Pflaster, während Matay auf ihm saß, ohne dass etwas passierte.
»Matay«, krächzte er dann auf Assyrisch, »wir können so nicht weitermachen. Wahrscheinlich hast du mich umgebracht, bevor ich irgendwo angekommen bin.«
Matay hatte nun bereits zum dritten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine potenzielle Bedrohung gesehen und sich auf Ninos geworfen, um ihn mit seinem eigenen Körper zu schützen.
Ninos hob Matays Arm von seinem Gesicht und sah zu einem ängstlichen Touristen mit einer Kamera auf, deren Linse im Sonnenlicht gefunkelt hatte. Dann erhob er sich und klopfte den Schmutz ab. Matay entschuldigte sich damit, dass er in höchster Bereitschaft sei und Ninos akzeptieren müsse, dass sein Schutz mitunter einen gewissen Körperkontakt mit sich bringe.
Nach wenigen Schritten waren sie im Café Hurtig angekommen. Isabel hatte schon im hintersten Bereich Platz genommen.
Bevor sie überhaupt grüßen konnte, riss Matay ihr das Mobiltelefon aus der Hand und verlangte, dass Ninos sein Telefon ebenfalls ablieferte. Dann nahm er die Batterien und SIM-Karten heraus und setzte sich auf die leeren Telefone.
Als Isabel einen Versuch unternahm, das Gespräch zu beginnen, wurde sie von Matay zum Schweigen aufgefordert, indem er seinen Zeigefinger an den Mund legte. Er stand auf und setzte sich mit konzentrierter Miene an den Nebentisch. »Sprecht jetzt mal, mit normaler Lautstärke«, bat er sie. Nachdem Isabel und Ninos einige Begrüßungsphrasen gewechselt hatten, kam Matay zurück.
»Alles in Ordnung. Keiner hört, worüber wir
Weitere Kostenlose Bücher