Die Wohltäter: Roman (German Edition)
gerade noch!« Manuel lachte ein bisschen über sich selbst.
»Im Ernst. Hast du schon mal von HHH gehört? Sie verkaufen gebrauchte Kleidung zugunsten der Armen in Afrika, und ich hatte im Restaurant letztens einen Gast, der behauptete, das sei alles nur ein Bluff.« Ninos bewegte seinen Kopf so ruckartig, dass Manuel die Schere heben musste, um ihm nicht ins Ohr zu schneiden.
»Nie gehört.«
»Er erzählte auch, dass sie die freiwilligen Helfer ausnutzen, die umsonst arbeiten, weil sie den Armen helfen wollen.«
Manuel wollte das Thema wechseln. Er wandte sich an Luciano, der hinzugestoßen war, um am Gespräch teilzunehmen.
»Hat Ingrids Tochter Anna nicht mal erzählt, dass ihre Mutter vor langer Zeit bei so was mitgemacht hat? Du weißt schon, damals hier beim Rauchen.«
»Doch. Aber da hatten sie sich ja gerade gestritten«, sagte Luciano. »Sie saß bei uns im Pausenraum und hat geweint«, erklärte er Ninos. »Ein reizendes Mädchen. Sie wollte gern im Wohltätigkeitsbereich arbeiten, und ihre Mutter war furchtbar wütend geworden und hatte von irgendwelchen Menschen erzählt, die Geld stahlen. Danach hat sie aber nie wieder ein Wort darüber verloren«, fügte er hinzu. »Die Mutter ist etwas dubios.«
»Jetzt übertreibst du aber«, sagte Manuel. »Ihre Mutter ist eine treue Kundin«, ergänzte er zu Ninos gewandt. »Sie war eine von denen, die den Armen geholfen hat, glaube ich. Ein bisschen hippiemäßig, so in der Art, und sie haben Altkleider gesammelt. Aber was hat das mit uns zu tun?« Er zuckte mit den Schultern. »Außerdem ist das auch lange her.«
»Aber das klingt ja genau wie HHH.« Ninos schüttelte den Kopf und starrte seinen Bruder ungläubig an.
»Was kannst du da schon ausrichten? Soll sich doch die Polizei oder irgendwer anderes darum kümmern.« Manuel hatte begonnen, Ninos’ Haar zu föhnen.
»Wie hübsch es geworden ist«, sagte Paloma im Vorbeigehen. Ninos betrachtete sich im Spiegel. Es sah wirklich gut aus. Sein Haar hatte wieder Volumen. Manuel hatte es im Nacken gestutzt, den Pony erhalten, aber in Form gebracht, und ihm Koteletten stehen lassen. Die Frisur hatte etwas Tom-Cruise-haftes. Im Übrigen war auch er nur einhunderteinundsiebzig Zentimeter klein, eine Parallele, die Ninos sich immer wieder gern vor Augen führte. Davon abgesehen mochte er Al Pacino eindeutig lieber.
»Jetzt siehst du aus wie Tom Cruise in seinem letzten Film. Fehlen nur noch die richtigen Klamotten samt einer Schlankheitskur, und schon bist du wieder im Geschäft.« Manuel schien entzückt, reinigte ihm mit einem Pinsel den Nacken und rief den nächsten Kunden auf.
Ninos ging zum Pausenraum, wo Luciano saß und sich mit seinen Freunden per SMS für den Abend verabredete. Ninos unterbrach ihn dabei und stellte ihm weitere Fragen über seine Kundin. Er hatte den Eindruck, dass all diese merkwürdigen Informationen nicht zufällig bei ihm landeten. Was arbeitete sie? Wer war sie? Wo kam sie her? Luciano wusste nicht sonderlich viel. Außer, dass es sich um einen Konflikt zwischen Mutter und Tochter gehandelt hatte. Doch er ging gehorsam das Kundenverzeichnis durch, suchte Ingrids Telefonnummer heraus und wählte sie.
Ninos griff den Hörer.
»Hallo, hier ist Ninos, der Bruder von Luciano und Manuel. Vom Salon in Rissne, erinnerst du dich?«
»Ja, hallo«, antwortete sie freundlich. »Vor ein paar Jahren waren wir mal von der Arbeit aus in deinem Restaurant und haben Karaoke gesungen. Es war sehr gemütlich. Manuel hat erzählt, dass du es verkauft hast.«
»Ich bin gerade hier im Salon und habe mit meinen Brüdern dar über gesprochen, dass du früher einmal dabei geholfen hast, Altkleider für die Armen zu sammeln. Ich wollte fragen, ob du Lust hast, mir ein bisschen was darüber zu erzählen.«
Im Hörer war es einige Sekunden lang still. Als Ingrid weitersprach, klang ihre Stimme etwas nervös.
»Wer sagt das?«
»Ich habe es nur gehört ... « Ninos erinnerte sich daran, wie Manuel berichtet hatte, dass die Information nicht von Ingrid selbst, sondern von ihrer Tochter stammte. Vielleicht hätte er lieber mit der Tochter sprechen sollen, dachte er.
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Nur eine Sache noch«, bat Ninos.
»Ich kann jetzt nicht mehr sprechen.«
»Hast du jemals von einer Organisation namens HHH gehört?« »Ich möchte jetzt wirklich auflegen.«
Ninos wusste nicht, was er noch hinzufügen sollte, und ließ sie auflegen.
Manuels Bekannter hatte Ninos
Weitere Kostenlose Bücher