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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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lassen, damit das Licht ihm nicht die aktuelle Tageszeit verriet. Im Spätwinter war das keine Kunst, da es die meiste Zeit dunkel war.
    »Wo bist du, du Idiot. Nimm den Hörer ab. Nimm den Hööörer ab!«
    Der Anrufbeantworter war angesprungen. Ninos versuchte, sich ein Kissen auf den Kopf zu pressen. Es half nichts. Yamo brüllte weiter. Mit einer reptilhaften Attacke, die einen brennenden Schmerz in seiner Schulter zur Folge hatte, riss Ninos den Hörer vom Telefon. Yamo schrie noch immer, doch Ninos übertönte ihn:
    »Kher Inshallah! Brennt es bei euch, oder was ist los?« «Schlimmer! Papa liegt im Sterben, mach dich auf den Weg in die Gaststätte.«
    »Ich bin bandagiert und kann mich nicht bewegen«, antwortete Ninos.
    Zu gern hätte er seinem Schock und seinem Bedauern über den Zustand von Yamos Vater Ausdruck verliehen, aber ihm schien es, als hinge sein eigenes Überleben davon ab, so einsilbig wie möglich zu sein, um seinen Freund vom Schreien abzubringen.
    »Mehokh alhiloh? Hast du dein eigenes Hirn aufgefressen?«
    Yamo fluchte in ihrer gemeinsamen Muttersprache und übersetzte sicherheitshalber gleich wortwörtlich ins Schwedische. Ninos kam nicht dazu, etwas zu entgegnen, bevor Yamo weiterschrie:
    »Hör doch auf. Ich hab dich und dein Gejammer so satt. Ständig beschäftigst du dich nur mit all deinen merkwürdigen, ach so großen Geschäften. Dann baust du einen Crash und liegst nur noch herum. Hoch mit dir! Ist es denn so schwer zu kapieren, dass wir Hilfe brauchen? Alle sind im Krankenhaus und halten Wache, und uns gehen die Leute aus.«
    »Ich bin krank und kann mich nicht bewegen. Noch dazu sehe ich fett und hässlich aus und habe einen schlechten Teint. Am liebsten würde ich mich umbringen.«
    Yamo stieß einen lauten Seufzer aus. »Dein Berg ist zerstört. Hör auf zu übertreiben. Papa stirbt vielleicht bald. Wir brauchen jemanden, der das Restaurant übernimmt. Ich muss mich um die Verwandten kümmern. Alle sind auf dem Weg hierher. Du tust kher. Ruf dir jetzt ein Taxi.«
    Es klickte in der Leitung.
    Ninos gab sich Mühe, seinen Freund noch etwas mehr zu hassen, und drehte sich von dem Telefon in seinem Bett weg. Aber es gelang ihm nicht mehr, auch nur eine einzige erträgliche Liegeposition zu finden. Das Bettzeug fühlte sich an wie dünne, nasse Papierservietten. Er schloss die Augen und fiel in einen tiefen, medikamentösen Traum zurück. Seine Träume spielten sich immer auf dieselbe Weise ab. Sie handelten nie vom Aufprall, sondern nur von dem, was direkt darauf folgte. Der schwere Rhythmus von Helikopterrotoren war das Erste, was er hörte. Dann folgte seine eigene Stimme.
    »Wie sehe ich im Gesicht aus? Sagen Sie nicht, dass Er mein Gesicht zerstört hat!«
    »Wer denn überhaupt?« Der Sanitäter sieht ihn mit ruhigem Blick an; ist nicht an der Antwort interessiert, aber dennoch froh dar über, dass der festgeschnallte Mann überhaupt spricht.
    »Gott!«
    »Ach so. Aber nein!«
    Der Sanitäter macht eine Kreisbewegung mit der Hand und Ninos spürt, wie jemand ihn hochhebt, ihn vom Boden aufsaugt. Wie eine Fahrt mit dem Aufzug, nur etwas wackeliger. Sein Gesicht ist jedenfalls unversehrt geblieben. Was den Rest seines Körpers betrifft, ist er sich unsicher.
    Ninos wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, als der Schmerz erneut zuschlug und ihn weckte. Vorsichtig öffnete er die Augen und spähte in die kleine Einzimmerwohnung mit Schlafecke im Stockholmer Stadtteil Kungsholmen. Ließ das Zimmer auf sich zukommen. Kleiderhaufen, klebrige Teller und Papier mit unleserlichem, handgeschriebenem Text. Noch nicht ganz das Niveau einer Fixerbude, aber auf dem besten Weg dorthin, dachte er.
    Zweifelsohne war sein Dasein mittlerweile etwas schäbiger, noch vor kurzem hatte er mit einer teuren Sonnenbrille und einer hübschen jungen Dame in einem Cabrio gesessen. Jetzt war er bandagiert und kurz davor, vor Trostlosigkeit verrückt zu werden. Im Gespräch mit der Versicherung hatte er kichern müssen, als er die Summe hörte, die von nun an jeden Monat auf sein Konto überwiesen werden würde.
    Er grapschte sich eine der Packungen vom Nachttisch. Am besten, er heizte dem Fieberrausch noch etwas ein, damit der Schmerz nicht Fuß fassen konnte. Er drückte zwei Tabletten aus dem Blister, schluckte sie und musste so sehr husten, dass es im Hals stach. Vielleicht sollte er versuchen aufzustehen und Yamo zu helfen. Man durfte nicht nein sagen zu kher, was so viel hieß wie »anderen etwas

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