Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Restaurant läuft gut. Aber es kann viel passieren.« Dann setzte er mit einem unsicheren Grinsen hinzu: »Allerdings nicht, wenn wir helfen.«
Tante Julia entschuldigte sich und verschwand in der Küche. Nach einer Weile kam sie mit Onkel Fuat zurück, der einen Blick auf die Besucher warf, die ihren Schutz anboten. Dann brach er in Gelächter aus.
»Wer hat euch denn geschickt?«
Zuerst zeigten die beiden Männer einen Anflug von Nervosität, dann gingen sie jedoch entschlossen einen Schritt auf Onkel Fuat zu. Der rührte sich nicht, hob jedoch seine Hand, während er den Kopf schüttelte und weiter lachte, nicht ohne einen drohenden Unterton in seiner Stimme.
»Wisst ihr, mit wem ihr es zu tun habt?« Er machte eine Geste, als verscheuche er eine Fliege. »Haut ab und redet mit eurem Chef.«
Die Jugoslawen brachten keinen Ton heraus.
»Ihr Idioten«, sagte Fuat und erhob seinen Kopf. »Wir kommen aus Södertälje. Entweder, ihr setzt euch jetzt hin und trinkt einen Kaffee mit uns, oder ihr macht euch aus dem Staub. Und zwar sofort.«
Nachdem die Jugoslawen ohne weitere Diskussion abgezogen waren, hatte Onkel Fuat den anderen seine Belustigung erklärt. Es sei ganz einfach, sagte er. Weil sein ehemaliges Restaurant in der Nähe von Solvalla lag, hatte ein Boss der Jugomafia zu seinen Stammgästen gezählt. Außerdem hatte Fuat viele gute Freunde unter den Jugoslawen, weil er in seiner Jugend der Södertälje-Gang Big Brothers angehört hatte.
Einen Tag später kehrten die beiden jungen Männer mit einem älteren Begleiter zurück. Die Sache wurde bereinigt, nicht ohne eine kräftige Prise Demut seitens der Jugoslawen. Wie sich herausstellte, hatten sich die beiden jungen Männer, ob nun absichtlich oder aus Versehen, nicht mit den höherrangigen Familienmitgliedern abgestimmt, bevor sie sich als unabhängige Freiberufler versucht hatten. Auf allen Seiten herrschte tiefes Bedauern.
Zudem waren Assyrer mit großen Familien nicht auf Schutz angewiesen – das gehörte zum branchenüblichen Wissen. Sie klärten die Konflikte selbst, wenn es einmal so weit kam. Die beiden Berufsanfänger wurden gehörig ausgeschimpft. Damit war die Sache erledigt. Zoran und Ninos waren nach und nach gute Freunde geworden und hatten seither gemeinsam einige erfolgreiche Geschäfte abgewickelt.
»Was ist los,« fragte Zoran jetzt, zwischen zwei Bissen. »Du hast deine Anteile an den Restaurants verkauft. Du bist krankgeschrieben. Man sieht dich nie auf der Straße. Du siehst beschissen aus. Was ist los mit dir? Und was kommt danach? Wirst du dich umbringen?«
Ninos blieb stumm. Welch armseliges Genörgel. Durfte man noch nicht einmal in Ruhe krank sein?
»Ich bin gerade an einer ganz großen Sache dran«, fuhr Zoran fort. »Und dachte mir, du solltest dabei sein.«
Er zwinkerte Ninos zu.
»Ich war ja vor zwei Wochen in Srbija. Hab ein unglaublich schönes Mädchen kennengelernt, das mit Fördergeldern und all so was bei der UN arbeitet. Als ich sie zum ersten Mal traf, trug sie einen verdammt riesigen 1,2-Karäter am Finger. Jetzt aber nicht mehr.« Er sah triumphierend aus, als wäre seine Pointe offensichtlich.
»Ach ja?« Zorans Eroberungen interessierten Ninos herzlich wenig.
»Dort kann man Geld machen, so viel man will«, sagte Zoran und nickte Ninos zu. »Jetzt mit dem Kosovo, weißt du. Die Gelder fliegen nur so herein, aus allen Ländern, die helfen wollen. Und diejenigen, die dort Projekte am Laufen haben, holen mit fingierten Rechnungen eine Menge Kohle raus.«
Dieses Thema schien Ninos’ Langeweile ein wenig verfliegen zu lassen. Er richtete seinen Blick auf Zoran.
»Investiert man zum Beispiel hunderttausend Kronen in Baustoffe«, fuhr Zoran fort, »weißt du, für irgendeine Behörde oder was die sonst noch so alles da bauen – die machen ja alles neu –, und die Baufirma stellt denjenigen, die das Projekt leiten, das Doppelte in Rechnung. Dann teilt man die zusätzlichen hunderttausend. Du verstehst?«
Ninos nickte. Zehntausend für den, der die Rechnung schrieb, zehntausend für den Leiter des UN-Projekts, zehntausend für den Strohmann und siebzigtausend für die Baufirma. In diesem Stil.
»Eine andere gute Sache ist,«, sagte Zoran, »dass es in ganz Europa Menschen gibt, die in den Kosovo spenden, damit neue Schulen und Ähnliches gebaut werden können. Irgendjemand vor Ort unterschreibt dann, dass er das Geld erhalten hat, und man teilt alles zwischen denen, die die Spendenaktion organisiert
Weitere Kostenlose Bücher