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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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    Wendel lachte erneut. »Wenn wir uns wieder aufeinander verlassen können. Wenn du zurück bist. Dann kommt auch Miriam zurück. Wenn sie selbst es will, versteht sich.«
    Er stieg aus und schloss die Autotür sanft hinter sich, damit Jürgen ihm nicht hinterherlief. Das wäre nicht nötig gewesen, stellte er fest, bevor er sich abwandte und wegging. Jürgen rührte sich nicht, er starrte wieder geradeaus. Wendel zog den Gürtel seines langen Mantels zurecht und beeilte sich, über den Parkplatz zu seinem Auto zu gelangen. Die Botschaft war angekommen. Ihre Führer würden zufrieden sein. Es war ein unangenehmes, aber notwendiges Gespräch gewesen.
    Jürgen blieb im Auto zurück, den ordentlichen Papierstapel auf seinem Schoß. Seine Tränen tropften auf die Plastikmappe, welche die Dokumente schützte, und rannen von dort weiter auf seine Hose. Er hatte sein Bestes getan. Das Risiko, dass Miriam zu einem Teil seines Einsatzes werden könnte, hatte er sich selbst gegenüber noch nicht einmal auszusprechen gewagt. Vielleicht, weil er es auch jetzt noch kaum zu denken wagte.

1
    LUFTRAUM DER ZENTRALAFRIKANISCHEN
    REPUBLIK Februar 2000
     
     
    Das Tablett wurde demonstrativ auf den kleinen Beistelltisch geknallt. Jens Karsten Møller ließ sich nicht stören. Er lehnte sich in dem cremefarbenen Ledersitz seiner Falcon zurück und versuchte sich vorzustellen, wie Tausende Liter Benzin direkt in die drei Motoren des Flugzeugs gespritzt wurden. Es war behaglich und aufregend zugleich, an die drei Honeywellmotoren zu denken, die auf sein Verlangen hin starteten und stoppten und nun reibungslos in elftausend Metern Höhe schnurrten.
    Ohne seinen Kopf zu neigen, streckte er die Hand zum Tisch und bekam ein Glas zu fassen. Beim zweiten Versuch war der Stewardess der Drink geglückt; im Unterschied zu den meisten anderen Menschen bevorzugte er seine Getränke lauwarm, da die Eiseskälte einen unerträglichen Schmerz an seinen Zähnen verursachte. Das Treffen in Harare war sehr positiv verlaufen. Bis nach Florida waren es noch fast dreitausend Kilometer, rechnete er. Doppelt so weit wie von Kopenhagen nach New York, das bedeutete mindestens eine Zwischenlandung. Vielleicht sollte er versuchen, einige Stunden zu schlafen. Island und andere Orte, in denen man zum Tanken einen Stopp einlegen musste, verabscheute er. Bald würde er zum Nachrüsten gezwungen sein, um dieses Elend zu vermeiden. Er hatte gerade gelesen, dass man die Air Force One, das Flugzeug des amerikanischen Präsidenten, aus der Luft betanken konnte. Das schien ihm effektiver. Er würde versuchen, eine Weile zu schlafen, um die Prozedur nicht miterleben zu müssen.
    Møllers Ansicht nach war die Zeit, in der man nicht wach war, im Grunde vergeudete Zeit. Ineffizienz und Schwäche verachtete er bei sich wie bei anderen. Und Schlaf war definitiv eine Schwäche. Seit Jahren hatte er keine einzige Nacht mehr durchgeschlafen. Als Führer einer Bewegung und Herr über mehrere Ausbilder, die um seine Anerkennung kämpften, blieb ihm wenig Raum für Schwäche oder Schlaf. Auch jetzt gab es keinen Anlass zu schlafen, denn seine kleine Firma war fast schon zu sehr gewachsen, um von nur einer Hand geführt zu werden. Zweiundsiebzig Länder. Wie viele Länder gibt es auf der Welt, fragte er sich. Vielleicht zweihundert? In den meisten war er wohl noch gar nicht richtig gewesen. Als er quer über den Mittelgang sah, bemerkte er, dass zwei Mitarbeiter niederen Ranges kurz davor waren, einzunicken. Er unterdrückte seinen Impuls, sie anzuschreien, dass sie sich wach halten sollten.
     
    Am Ende hatte er sich für eine recht bescheidene Wohnung auf der Insel entschieden, die nun das Ziel seiner Reise war. Er wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen, so reizvoll er es sich auch vorstellte, zwischen hohen, dicken Säulen auf einer Holzterrasse zu thronen wie ein Gutsherr.
    Er hatte noch keinen Kontakt zu den Nachbarn gehabt, die seinem Eindruck nach allerdings ziemliche Spießbürger sein mussten. Sie würden garantiert keinen Gefallen an seinen funktionellen, dänischen Möbeln aus den Dreißigern und seinen kahlen Wänden finden. Genau so liebte er seine Einrichtung. Egal auf welchem Kontinent er gerade wohnte und was außerhalb seines Hauses vorging – wenn er eines seiner Häuser oder Appartements betrat, war es immer, als kehrte er zurück zu seinem Großvater nach Hellerup. Dort hatte Ordnung geherrscht, ausnahmslos.
    Unter den Nachbarn auf der Insel war er

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